Immobilienboom in London:7500 Euro für 0,09 Quadratmeter

"Es ist irre": In London boomt der Markt für Luxusimmobilien. Seit 2009 sind die Preise um die Hälfte gestiegen - auch weil das Geld wegen der Euro-Krise aus anderen Ländern flieht. Russische Oligarchen kaufen so viele Immobilien über ihre Offshore-Firmen, dass die britische Regierung sich wehrt.

Andreas Oldag, London

Für viele Kontinentaleuropäer dürfte ein Quadratmeterpreise von 7500 Euro beim Kauf einer Luxusimmobilie schon teuer sein. Nicht so in London: Wer hier in den High-End-Markt für Apartments und Stadthäuser einsteigen will, sollte mit ähnlichen Summen rechnen, aber nicht für den Quadratmeter, sondern für den Quadratfuß (0,09 Quadratmeter). Bis zu 6000 Pfund (etwa 7500 Euro) verlangen Makler für den "square foot". Mit diesen astromischen Preisen setzt sich die Themse-Metropole auch immer mehr ab vom Immobilienmarkt in anderen Regionen Großbritanniens.

Denn während in Städten wie Liverpool und Manchester die Preise aufgrund der Wirtschaftskrise sinken, verzeichnete London im Luxussegment nach neuen Angaben der Immobiliengesellschaft Knight Frank seit Anfang 2009 einen Preisanstieg um 49 Prozent.

Das hat preistreibende Auswirkungen auf den gesamten Markt. Es kommt zu einem starken Verdrängungsprozess, in dem allenfalls überdurchschnittlich verdienende Banker und Anwälte aus der Londoner City mithalten können. Immer weniger Menschen, die sich zum Mittelstand rechnen, können sich dagegen eine Immobilie in London leisten.

"Es ist irre. Aber sogar für ein kleines Haus in Stadtrandlage werden mehr als 800.000 Pfund gefordert", klagt Software-Ingenieur Bruce Wyman. Er sucht bereits seit Monaten für sich und seine Familie eine Bleibe, doch bislang ohne Erfolg. Kein Wunder, dass Stadtplaner bereits von einer akuten Wohnungskrise sprechen. Sie erwarten in den kommenden Jahren einen weiteren Bevölkerungszuzug. Doch schon jetzt leben acht Millionen Menschen in nur 3,5 Millionen Haushalten. Ein Indiz dafür, dass viele junge Leute, die eigentlich aus dem Elternhaus ausziehen wollen, typische Nesthocker sind.

Hinzu kommt, dass auch Mieten unerschwinglich geworden sind. So stieg die durchschnittliche Miete in London im vergangenen Monat auf 1240 Pfund, wie aus einem Index der Immobilien-Servicegesellschaft Homelet hervorgeht. Das entspricht einem Plus von 32 Prozent im Vergleich zum Oktober 2009, als die Miete im Durchschnitt noch 940 Pfund kostete. Im Rest des Landes stiegen die Mietkosten im selben Zeitraum laut Homelet um sieben Prozent.

Hintergrund ist auch die Euro-Krise

Was treibt den Markt für Luxusimmobilien? London ist gewiss die internationalste Metropole in Europa, in der sich schon seit Jahren Scheichs aus dem Nahen und Mittleren Osten, wohlhabende Unternehmer aus China und milliardenschwere Oligarchen aus Russland die Klinke in die Hand geben. Hintergrund für den Boom ist aber auch die Euro- Krise. So kommen reiche Investoren aus den hoch verschuldeten Staaten an die Themse, um dort ihr Geld anzulegen. Ausländer investierten im vergangenen Jahr in Londoner Immobilien mehr als fünf Milliarden Pfund. Besonders gefragt sind die teuren Stadtteile im Westen der Stadt, Knightsbridge, Belgravia und Mayfair.

Nicht zufällig werden viele Luxusobjekte dabei über Firmen gekauft, die ihren Sitz in Steuerparadiesen wie den British Virgin Islands oder den Kanalinseln Jersey und Guernsey haben. Die Eigentümer können dadurch ein Schlupfloch im britischen Steuersystem nutzen, da Firmen nur eine Immobilienerwerbssteuer von 0,5 Prozent statt fünf Prozent zahlen.

Jetzt hat Großbritanniens Wirtschaftsminister Vince Cable den trickreichen Steuersparmodellen mit Immobilien den Kampf angesagt. "Wir werden alles unternehmen, um angemessene Maßnahmen zu ergreifen", meinte der Minister. Doch der liberale Politiker trifft bei seinem konservativen Koalitionspartner auf Widerstand. Zwar hat Tory-Finanzminister George Osborne vor kurzem eine strengere Besteuerung durchgesetzt. Danach muss jeder, der in Großbritannien als Privateigentümer eine Immobilie im Werte von mindestens zwei Millionen Pfund erwirbt, nun statt fünf Prozent Erwerbsteuer sieben Prozent zahlen. Wenn dies über eine Offshore-Firma erworben wird, falle 15 Prozent Steuer an. Doch auch dies dürfte für die Reichen der Reichen eine Kleinigkeit sein.

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