Immobilien:Gefährliche Luftbuchungen

Immobilienfirmen weisen dank cleverer Rechentricks hohe Gewinne aus - jetzt müssen sie die Karten auf den Tisch legen

Martin Beier

Deutsche Immobilien-Aktien sind ungefähr das Schlechteste, was Anleger in den vergangenen Monaten halten konnten. Und Skeptiker befürchten, dass die Gesellschaften für 2008 ebenso schlechte Prognosen verkünden könnten. In den kommenden Wochen legen die Immobilien-AGs die Bilanzen für 2007 sowie die Ausblicke für das laufende Jahr vor.

Immobilien: Schlossallee oder Badstrasse:  In Kürze geben die Immobilien-AGs ihre Markt-Einschätzungen für 2007 bekannt

Schlossallee oder Badstrasse: In Kürze geben die Immobilien-AGs ihre Markt-Einschätzungen für 2007 bekannt

(Foto: Foto: dpa)

Die Unternehmen erwerben Gebäude oder lassen sie bauen, um mit der Vermietung oder dem Verkauf Geld zu verdienen. Trotz oder vielleicht gerade wegen der sehr schlechten Stimmung in der deutschen Branche ist der englische Konzern Grainger gerade dabei, die Immobilien-AG Francono-Rheinmain fast ganz aufzukaufen und obendrein noch einige Häuser in Nordrhein-Westfalen zu erwerben. Der Grund: Die Aktienkurse liegen inzwischen weit unter den Werten der dahinter stehenden Gebäude.

Jetzt mehr Rendite

Für Anleger interessant sind die Dividenden der Immo-Aktien. Die Gewinnausschüttungen versprechen jetzt mehr Rendite, als mit anderen Anlagen zu erzielen ist - vorausgesetzt, die Zahlungen, die nach den Hauptversammlungen im Mai und Juni fällig sind, können auch 2009 wieder gezahlt werden.

Andernfalls drohen die Aktienkurse noch weiter zu fallen und die Rendite durch Kursverluste zu verderben. Beobachter halten das aber kaum mehr für möglich: Die Kurse seien dazu in den vergangenen zwölf Monaten bereits zu stark gesunken.

Bewertung nach Marktprognosen

Am schlimmsten traf es die Aktionäre der deutschen Gesellschaft Patrizia.

Sie mussten zusehen, wie ihr Aktienkurs von mehr als 20 Euro auf weniger als vier Euro abstürzte. Die Kurse der zehn Gesellschaften in der SZ-Tabelle sind im Durchschnitt seit Anfang März vorigen Jahres um 60 Prozent gesunken. In diesem Zeitraum haben Direktanleger, Fondssparer und Kunden von Pensionskassen weit mehr als eine Milliarde Euro verloren.

Grund für die schlechten Kurse sind nicht nur Befürchtungen, die amerikanische Immobilienkrise könnte irgendwie und irgendwann nach Deutschland herüberschwappen. Viel konkreter ist die Angst vor den Folgen der " class="lift">Je nach dem, welche Annahmen über die Entwicklung in den nächsten Jahren getroffen werden, kommen weit abweichende Ergebnisse heraus.

Vor allem geht es darum, wie gut die Gebäudeverwalter glauben, momentan leer stehende Wohnungen vermieten zu können, um wie viel sie glauben, die Mieten erhöhen zu können, und wie sie den Gegenwartswert künftiger Einnahmen berechnen.

Gefährliche Luftbuchungen

Im vergangenen Jahr haben sich viele Gesellschaften damit reich gerechnet. Branchenweit wurden die Bestände in den Bilanzen um mehr als eine Milliarde Euro wertvoller angesetzt als im Vorjahr. Diese Aufwertungen weisen die meisten AGs als laufenden Gewinn aus. Sie berichten dementsprechend teilweise über drastisch gestiegene Betriebsergebnisse.

Tabelle
(Foto: 135)

Die Gesellschaft Gagfah beispielsweise hat sich um fast 700 Millionen Euro reicher gerechnet, während die Mieteinnahmen für das Jahr gerade mal bei 340 Millionen Euro lagen. Colonia Real Estate hat um 66 Millionen Euro aufgewertet - bei 23 Millionen Euro Mieteinnahmen. Franconofurt hat 14 Millionen Euro virtuelle Gewinne gebucht - bei sechs Millionen Euro Mieteinnahmen. Allein Vivacon und DIC Asset verzichten darauf, damit ihre Profite zu erhöhen.

Nationale Standards: Bewertung der Dividenden nach HGB

Gut so - denn die schönen Hochrechnungen haben eine bittere Kehrseite: Können die AGs im laufenden Jahr - etwa wegen der weltweiten Finanzkrise - nicht wieder derart hohe Werte für ihren Immobilienbestand ermitteln, drohen entsprechend niedrigere Gewinne.

Genau das befürchten Börsenprofis offenbar schon seit Monaten. Sie verkauften deshalb bis zuletzt Immobilien-Aktien - trotz der stark gefallenen Kurse. Die Ängste sind zudem Ursache dafür, dass Analysten den Firmen 2008 nur noch deutlich niedrigere Gewinne zutrauen.

Die Vorstände der Immobilien-AGs geben sich derweil alle Mühe, die Befürchtungen zu zerstreuen. Die amerikanische Krise komme noch nicht in Deutschland an, sagen sie. Sie gehen selbstverständlich offiziell davon aus, die durchweg deutlich erhöhten Dividenden im nächsten Jahr wieder zahlen zu können.

Sofern dieses Versprechen gehalten wird, machen die Immobilienprofis von Grainger ein gutes Geschäft mit ihrer Übernahme der Gesellschaft Francono-Rheinmain: Sie kaufen sich mittels der Aktien bessere Renditen als beim direkten Häuserkauf.

"Es lebe das gute alte HGB"

Die Gesellschaft war bislang Tochter des Unternehmens Franconofurt. Dessen Chef Metehan Sen hat angesichts der schlechten Kurse die Nase voll von IFRS. Denn eigentlich hoffte die Branche, dass die hübschen rechnerischen Zusatzgewinne, die IFRS beschert, die Kurse treiben. Das Kalkül ging nicht auf. "Das hat nichts gebracht", sagt Sen deshalb. "IFRS ist tot. Es lebe das gute alte HGB."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: