IKB:Ausverkauf hinter verschlossenen Türen

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Das angeschlagene Mittelstands-Institut IKB will offenbar Kredite und Kunden an die Postbank abgeben, um sich im Existenzkampf Luft zu verschaffen.

Caspar Dohmen und Martin Hesse

Die finanzielle Lage der Mittelstandsbank IKB ist offenbar noch angespannter als bislang bekannt. Die Bank sieht sich gezwungen, Kredite weiterzuverkaufen und damit Kunden abzugeben, weil ihr Eigenkapital knapp geworden ist.

Das geht aus internen Unterlagen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Die Mittelstandsbank verhandelt daher mit der Postbank darüber, in großem Stil IKB-Forderungen gegenüber Firmenkunden abzutreten. Damit wäre, anders als von der Bank bislang kommuniziert, auch das Kerngeschäft der IKB in Mitleidenschaft gezogen.

"Wir prüfen den Deal", sagte ein Sprecher der Postbank und bestätigte die Verhandlungen über den Erwerb von Portfolios mit der IKB. Die IKB selbst wollte zu den geplanten Transaktionen nicht Stellung nehmen. Sie äußerte sich auch nicht zu einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wonach Kreditgeber der IKB weitere Verluste von 300 Millionen Euro fürchten.

"Es fehlt der Mut"

Die Aktie verlor nach dieser Meldung am Freitag gut fünf Prozent. Bislang erwartet die IKB für das Geschäftsjahr 2007/2008, das am 31. März endet, bis zu 700 Millionen Euro Verlust. Die zusätzlichen Fehlbeträge könnten aber auch daher rühren, dass die Bank Teile der Tochter Rhineland Funding auf die eigene Bilanz umbuchen muss, wie die Prüfungsgesellschaft PwC in einem Sondergutachten gefordert hatte.

Der Druck auf die IKB ist groß. "Bekanntlich sehen wir uns veranlasst, unsere Risikoaktiva in Höhe von 750 bis 1000 Millionen Euro bis 31.03.2008 so schnell wie möglich zu reduzieren", heißt es in einer internen Mitteilung. Auch wenn dies schwer falle, so bleibe mit Blick auf das Wohl der Gesamtbank keine andere Wahl. "Primärer Partner dafür ist - wie besprochen - die Postbank AG", ist weiter zu lesen. Teils will man Kunden gegenüber künftig gemeinsam auftreten.

Angeordnet wurde die Vorgehensweise von IKB-Vorstandschef Günther Bräunig. Er ersetzte Ende Juli Stefan Ortseifen, der die Bank verlassen musste, nachdem die IKB Ende Juli im Zuge der amerikanischen Hypothekenkrise in eine Schieflage geraten war. Sie hatte über Zweckgesellschaften außerhalb der Bilanz mehr als 14 Milliarden Euro in verbriefte Kredite investiert, vorwiegend am US-Immobilienmarkt.

Als dort die Kurse fielen, war die IKB nicht mehr in der Lage, sich kurzfristig an den Kapitalmärkten Geld zu leihen, um die Hypothekenspekulationen zu finanzieren. Nur eine Rettungsaktion öffentlicher und privater Banken verhinderte einen Zusammenbruch. Eine Schlüsselrolle spielte die staatliche Förderbank KfW, die mit 38 Prozent auch größte Anteilseignerin der IKB ist. Die KfW hatte 2,5 Milliarden Euro eines insgesamt 3,5 Milliarden Euro großen Risikoschirms gestellt.

Derzeit lässt die KfW über die Investmentbank Merrill Lynch einen Verkauf ihrer IKB-Beteiligung prüfen.Zu den Interessenten gehören die Commerzbank, die DZ Bank, die WestLB und die schwedische SEB. Postbank-Chef Wolfgang Klein hatte vergangene Woche erklärt, die Postbank sei nicht an einer Übernahme der IKB interessiert. Der Postbank fehle der Mut, der für einen IKB-Kauf nötig sei, hieß es in Postbankkreisen.

Derzeit werde die Postbank wegen ihrer weitgehenden Beschränkung auf das sichere Massenkundengeschäft mit einem Aufschlag an der Börse bewertet. Mit Abschlägen müsse die Bank wohl zunächst rechnen, wenn sie die IKB mit dem riskanteren Firmenkundengeschäft kaufe. Das Firmenkundengeschäft will die Postbank aus eigener Kraft ausbauen. Offenbar will sie dabei von der Krise der IKB profitieren und Kunden übernehmen.

IKB-Chef Bräunig - zuvor im KfW-Vorstand - hat den Niederlassungen der IKB Ziele vorgegeben, in welchem Umfang sie Kunden abgeben sollen. Am stärksten betroffen wäre die Niederlassung Nordrhein-Westfalen, die durch den Verkauf von Forderungen 285 Millionen Euro eintreiben soll. Offenbar führt die Kapitalnot der IKB dazu, dass sie nur eingeschränkt neue Kredite vergeben kann. Größere Finanzierungen - etwa für Übernahmen - könne die Bank derzeit nicht stemmen, heißt es in der Bank. Normales Kleinkreditgeschäft könne dagegen weiterhin getätigt werden.

Vorstandschef Bräunig hatte im September erklärt, eine Kapitalerhöhung bei der IKB sei nicht notwendig. Insider interpretieren das Vorgehen der KfW so, dass die Förderbank keine Kapitalerhöhung will, an der sie sich als größte Aktionärin maßgeblich beteiligen müsste. Analysten halten den Verkauf von Krediten als Alternative aber nicht grundsätzlich für falsch. "Es ist zu früh, um zu beurteilen, ob eine Kapitalerhöhung notwendig ist oder ob die Bilanz durch die gezielte Reduzierung von Risikoaktiva entlastet werden kann", sagte Thomas von Lüpke, Bankenanalyst bei der Ratingagentur Fitch. Die IKB veröffentlicht am 30. November ihre Halbjahreszahlen.

Die IKB ist sich bewusst, dass der Verkauf von Krediten sensibel ist. Man sei sich mit der Postbank einig, "dass die Beziehung der IKB zu ihren Kunden durch dieses Refinanzierungsvorhaben keinen Schaden nehmen darf", heißt es in dem Protokoll eines Treffens von Vertretern beider Banken. Dennoch heißt es in der IKB, Kunden hätten nach ersten Gesprächen verschnupft reagiert. Die IKB legte bislang stets großen Wert auf ihre langjährigen Kundenbeziehungen.

Aus der IKB heißt es, Firmenkundenbetreuer seien verärgert, aktiv Kunden abzugeben, die sie selber akquiriert hätten. Schon jetzt würden IKB-Vertriebsleute von anderen Banken umworben, besonders von der Postbank, heißt es in IKB-Kreisen. Einige Mitarbeiter in Luxemburg und in der Düsseldorfer Zentrale seien bereits zur Postbank gewechselt, bestätigte deren Sprecher. Weiter verlautet aus der IKB, als neuer Gesellschafter wäre die Postbank vielen Mitarbeitern durchaus willkommen. Doch bestehe die Sorge, dass die Postbank lediglich gute Kunden und Mitarbeiter gewinnen will und eine Bank zurücklässt, die auch für andere Käufer unattraktiv ist.

© SZ vom 17.11.2007/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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