Hypo Real Estate: Vorwürfe gegen Funke:"Grob mangelhaft"

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Der gefeuerte HRE-Chef Georg Funke beharrt auf die Auszahlung von 3,5 Millionen Euro. Doch sein ehemaliger Arbeitgeber will nicht zahlen - und erhebt schwere Vorwürfe.

Klaus Ott

Es ist ruhig geworden um Georg Funke, den früheren Vorstandschef der Hypo Real Estate (HRE). Das ist jene Bank, die mehr Staatshilfen bekommt als jedes andere Kreditinstitut in Deutschland: 100 Milliarden Euro, vor allem Bürgschaften, teils bares Geld. Der ehemalige Bankchef, der vielen Bürgern als Gesicht der Finanzkrise gilt, tritt nirgends auf.

Die Hypo Real Estate begründet den Rauswurf ihres ehemaligen Konzernchefs Georg Funke mit fünf schweren Vorwürfen. (Foto: Foto: dpa)

2010 dürfte sich das ändern. Dann wird vor dem Münchner Landgericht Funkes Klage gegen die HRE verhandelt. Der vor einem Jahr fristlos gekündigte Manager beharrt auf Auszahlung seines ursprünglich bis 2012 laufenden Vertrages. Es geht um 3,5 Millionen Euro und um weitreichende Folgen für die gesamte Finanzbranche. AmFall Funke könnte sich entscheiden, was Bankvorstände künftig tun müssen und von welchen Geschäften sie die Finger lassen sollten, um neue Krisen zu verhindern.

"Grob mangelhafte Vorbereitung"

Die HRE begründet den Rauswurf mit fünf schweren, größtenteils bisher nicht bekanntgewordenen Vorwürfen, die aus den Gerichtsakten hervorgehen. Funke sei verantwortlich für eine "grob mangelhafte Vorbereitung" des 2007 erfolgten Erwerbs der in Irland ansässigen Pfandbriefbank Depfa durch die HRE. Der damalige Vorstandschef habe anschließend "fortgesetzte Verstöße gegen irisches Bankaufsichtsrecht" nicht verhindert; er habe bei der Risikosteuerung und Risikokontrolle weitere "Pflichtverletzungen" begangen; außerdem habe er die gefährliche Geldpolitik der Hypo Real Estate nicht geändert.

Und ihm wird indirekt sogar vorgehalten, Ende September 2008 bei der ersten Rettungsaktion der Bundesregierung für die HRE die Risiken offenbar falsch dargestellt zu haben. Die Bank lastet Funke an, der Mittelbedarf ("Liquiditätsbedarf") habe bereits kurz nach dieser Rettungsaktion um 15 Milliarden Euro "nach oben" korrigiert werden müssen. Daraufhin sei, trägt die HRE bei Gericht vor, von "Dritten" die Ablösung des Vorstandes gefordert worden.

Gemeint sind wohl der seinerzeitige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der Funkes Rücktritt verlangt hatte, und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Ackermann hatte die Hilfen eines Bankenkonsortiums für die HRE koordiniert. Die HRE-Anwälte haben dem Gericht geschrieben, zu Funkes fristloser Kündigung "hat unter anderem auch der bei dem Bankenkonsortium eintretende Vertrauensverlust geführt". Es lag also auch an Ackermann, dass Funke rausflog. Die HRE und Funkes Anwälte äußern sich zu alledem nicht.

Abstieg begann mit Depfa-Erwerb

Der Abstieg der HRE, die im Jahr 2003 aus der Immobiliensparte der Hypo-Vereinsbank (HVB) hervorgegangen war, hatte nach Ansicht von späteren Aufsichtsräten schon 2007 mit dem Erwerb der irischen Depfa begonnen. Die Depfa hat sich darauf spezialisiert, Staaten und Kommunen in vielen Teilen der Welt langfristige Kredite zu gewähren, oftmals mit einer Laufzeit von 20 oder gar 30 Jahren. Das Geld für diese Darlehen besorgten sich die Depfa und dann deren Muttergesellschaft HRE immer wieder kurzfristig bei anderen Banken. Als die Banken nach der Pleite des US-Instituts Lehman Brothers im September 2008 einander nicht mehr vertrauten und sich gegenseitig kaum noch Kredite gewährten, versiegte diese Geldquelle.

Nach Ansicht der HRE hätte Funke angesichts der seit 2007 währenden Finanzkrise seine Geldstrategie rechtzeitig umstellen müssen. So sieht das auch die Münchner Staatsanwaltschaft, die gegen Funke und andere Ex-Vorstandsmitglieder der HRE ermittelt. Funke soll gegen die Sorgfaltspflichten eines "ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" verstoßen haben. Käme auch das Landgericht zu diesem Ergebnis, dann wäre das ein Warnsignal für alle Bankmanager.

Die Ergebnisse der Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens sind aber abzuwarten, und Funke hat wiederholt jede Schuld von sich gewiesen. Auch bei der Staatsanwaltschaft, die ihn schon mehrmals vernommen hat.

© SZ vom 01.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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