Hypo Real Estate:Seitenwechsel mit Geschmäckle

Die ehemalige Morgan-Stanley-Landeschefin Dagmar Kollmann soll die HRE kontrollieren - es ist eine Personalie mit Streit-Potential.

Th. Fromm und C. Hulverscheidt

Als Dagmar Kollmann Anfang 2008 nach nur zwei Jahren ihren Job als Deutschland-Chefin der US-Investmentbank Morgan Stanley aufgab, wurde viel über die Hintergründe spekuliert. Waren es der hohe Stress und der Druck der beginnenden Finanzkrise, die die 44-Jährige aus dem Amt getrieben hatten? Hatte sie einen besseren Job?

Dagmar Kollmann, Morgan Stanley

Dagmar Kollmann soll neue Aufsichtsratschefin der Hypo Real Estate werden - eine Personalie, die Konfliktpotential birgt.

(Foto: Foto: Morgan Stanley)

Erst vor einigen Wochen tauchte die Österreicherin wieder auf - in der Liste der sechs designierten Aufsichtsräte der Krisenbank Hypo Real Estate (HRE), die bei der Hauptversammlung am 13. August bestellt werden sollen. Das Immobilien-Institut, das mit 102 Milliarden Euro staatlich gestützt werden muss, gehört zu 90 Prozent dem Bund. Wer künftig die HRE kontrolliert, tut dies im Auftrag Berlins.

Folgenschwerer Zukauf

Ausgerechnet ihre Vergangenheit als Investmentbankerin könnte Kollmann nun zum Verhängnis werden - und die Regierung unter Druck setzen, seine Personalie noch einmal zu überdenken. Denn Morgan Stanley unterhielt zu Kollmanns Zeit enge Geschäftsverbindungen zur HRE und beriet das Institut unter anderem bei der milliardenschweren Übernahme der Dubliner Depfa-Bank im Jahre 2007.

Im Nachhinein gesehen war es ein folgenschwerer Zukauf: Die riskanten Geschäfte der Depfa führten zum Beinahe-Zusammenbruch der HRE im Herbst 2008. Das Geschäftsmodell der Pfandbriefbank - langfristige Darlehen zinsgünstig durch kurzfristige Kredite gegenzufinanzieren - war von Experten schon zeitig als hochgefährlich kritisiert worden.

Kritik an Berufung

In der Politik wächst daher die Kritik an Kollmanns Ruf in den Aufsichtsrat. Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing bezeichnet die Entscheidung als "anstößig". "Die HRE ist in einer so schwierigen Lage, dass sie es sich nicht leisten kann, Leute in den Aufsichtsrat zu holen, die an der Entstehung der Misere beteiligt waren", sagte Wissing der Süddeutschen Zeitung. "Man ist extrem empfindlich, was Interessenkonflikte betrifft", heißt es aus unternehmensnahen Kreisen. Die Bank, die umgebaut wird und bei der die Restaktionäre per Zwangsausschluss abgefunden werden sollen, befinde sich in einer "delikaten" Phase.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick meint, die Berufung Kollmanns werfe Fragen auf, die noch geklärt werden müssten. Generell sei die Praxis der Regierung, Aufsichtsratsposten in bundeseigenen Unternehmen "nach Gusto" zu besetzen, nicht länger hinnehmbar. "Hier muss das Parlament beteiligt werden, wie dies auch in anderen Ländern üblich ist", sagte Schick. Neben Kollmann sollen auch der KfW-Kapitalmarktvorstand Günther Bräunig und die frühere Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Hedda von Wedel, in das HRE-Kontrollgremium einziehen.

In Regierungskreisen hält man die Berufung der früheren Investmentbankerin Kollmann dagegen für unproblematisch. Die Gefahr eines Interessenkonflikts bestehe nicht, da Kollmann schon vor eineinhalb Jahren bei Morgan Stanley ausgeschieden und nie mit dem Fall HRE befasst gewesen sei. Der für die Übernahme der Depfa damals zuständige Teamleiter sei nicht ihr direkt, sondern einem Manager in London unterstellt gewesen. Aus Finanzkreisen heißt es dazu, der Depfa-Deal sei seinerzeit von einem "sehr kleinen, internationalen Team" eingefädelt worden - dieser habe Führungskräfte wie Dagmar Kollmann nicht automatisch mit eingeschlossen: "Es geht bei solchen Deals vor allem um Diskretion und Vertraulichkeit." Entscheiden muss nun der Bund.

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