Hypo Real Estate:Politik auf Kosten einer maroden Bank

Bund und Länder streiten über Steuererleichterungen für Landesbanken - und gefährden so die Rettung der Hypo Real Estate.

T. Fromm und K. Ott

Für den angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate beginnt am Wochenende ein Wettlauf gegen die Zeit, und es kommt auf Tage an, wenn nicht gar auf Stunden.

Hypo Real Estate

Die HRE hat im vergangenen Jahr Milliardenverluste eingefahren. Bis Dienstag muss sie ihr rotes Zahlenwerk bei der Finanzaufsicht Bafin einreichen.

(Foto: Foto: dpa)

Schon an diesem Samstag kommt in München der Aufsichtsrat zusammen. Was die Kontrolleure auf ihren Tischen vorfinden werden, dürfte höchst alarmierend sein. Die Bank hat im vergangenen Jahr Milliardenverluste eingefahren. Bis Dienstag muss sie ihr rotes Zahlenwerk bei der Finanzaufsicht Bafin einreichen.

Dann beginnt das Zittern: Wenn die Verluste das Eigenkapital der Bank dramatisch aufzehren, dürfte dies zur Folge haben, dass die Kernkapitalquote der HRE unter die Grenze von vier Prozent fällt. Dies hat dramatische Folgen: Wird diese Latte gerissen, so verlangt es das Gesetz, müsste die Bafin die HRE eigentlich sofort schließen. Oder aber der Staat pumpt über Nacht frisches Eigenkapital in Milliardenhöhe nach München, um eine Pleite des Instituts abzuwenden.

Blockade angedroht

Dennoch drohen die Bundesländer mit einer Blockade des vom Bundestag bereits beschlossenen Enteignungsgesetzes, das die Voraussetzung für den Einstieg des Bundes bei der HRE und eine direkte - rettende - Kapitalbeteiligung wäre.

Die Länder können das Gesetzesvorhaben nicht kippen, aber verzögern, indem sie bei der Bundesratssitzung am nächsten Freitag den Vermittlungsausschuss anrufen. Das Kalkül der Länderfinanzminister: Sie wollen ihre Zustimmung für das Enteignungsgesetz von steuerlichen Erleichterungen für ihre Landesbanken abhängig machen.

Bayern stellt Ultimatum

Bei dem Streit geht es also nur vordergründig um die Verstaatlichung der Hypo Real Estate, im Kern aber um die Frage, ob Stützungsmaßnahmen der Bundesländer für ihre Landesbanken steuerlich schlechter behandelt werden dürfen als Maßnahmen des Bundes.

Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) zufolge kritisierte jüngst eine " Wettbewerbsverzerrung" zum Nachteil der Länder, da Banken, die Hilfen vom staatlichen Rettungsfonds SoFFin bekämen, steuerlich gegenüber den Landesbanken privilegiert würden.Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung stellte Fahrenschon dem Bund nun ein Ultimatum: Allen Länderfinanzministern sei klar, dass die HRE eine "systemrelevante Bank" sei und " stabilisiert werden" müsse.

Allerdings müsse "diese Wettbewerbsverzerrung vom Tisch", so Fahrenschon. Ziel sei "eine sachgerechte Lösung, und die kann der Bundesfinanzminister ohne weiteres rechtzeitig bis zum Bundesrats-Plenum am 3. April auf den Weg bringen", so der Minister. Im Klartext: Entweder die Forderungen des Ministers werden bis Ende nächster Woche erfüllt, oder das Enteignungsgesetz landet vor dem Vermittlungsausschuss - mit allen möglichen Konsequenzen für die HRE.

"Länder erpressen Bund"

Auf Kritik stößt die Strategie bei dem CDU-Bundestagsabgeordneten Jochen-Konrad Fromme, der dem parlamentarischen Kontrollgremium des Bankenrettungsfonds Soffin angehört. Er sagte der SZ: "Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Länder den Bund erpressen.

Damit missbrauchen sie ihre Mitwirkungsrechte im Bundesrat." Die " Zeitnot des Bundes auszunutzen" sei "unappettitlich". "Jedem sollte klar sein, dass wir bei der HRE auf einer Zeitbombe sitzen", sagte Fromme weiter. "Die Lage ist sehr ernst", heißt es aus Soffin-Kreisen. Wie ernst, zeigte sich erneut am Donnerstag: Da gab die trudelnde Bank bekannt, dass der Bund die im November 2008 bereitgestellte Garantien in Höhe von 50 Milliarden Euro bis zum 31. Dezember dieses Jahres verlängert hat.

Die SPD-regierten Länder lehnen nach Angaben des Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin daher Verzögerungen des Enteignungsgesetzes durch den Bundesrat ab. Sarrazin spricht von einem "Geschacher" der CDU-regierten Länder, um bessere Konditionen für denen finanziell angeschlagene Landesbanken herauszuholen.

Das gelte insbesondere für die Landesbanken in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie Hamburg und Schleswig-Holstein. Sarrazin sagte der Süddeutschen Zeitung, er habe seinerzeit bei der Sanierung der Berliner Landesbank "die Suppe selbst auslöffeln müssen". Das müsse nun auch die für anderen Länder gelten. Sarrazin sagte, er sehe überhaupt nicht ein, "dass der Bund denen nun helfen soll, das ist absurd".

Unterdessen äußerste der Unions-Finanzexperte Fromme Kritik an der Informationspolitik des Bundesfinanzministeriums im Fall der HRE. So sei ein Gutachten zur Bank, das dem Gremium im Februar vorgelegt wurde, "zum großen Teil geschwärzt und unlesbar" gewesen.

Häufig seien Informationen erst auf mehrmalige Anfragen erhältlich. Frommes Fazit: "Möglicherweise hat man im Ministerium mehr Erkenntnisse als wir und sagt es uns nicht."

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