Hypo Real Estate: Gerichtsurteil:Schuldig im Sinne der Anleger

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Die Hypo Real Estate muss einem Aktionär 4000 Euro Schadenersatz zahlen - jetzt hoffen auch andere Investoren auf Entschädigung.

Thomas Fromm

Die marode Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) hat im Rechtsstreit mit ihren Anlegern eine erste herbe Niederlage einstecken müssen. So hat das Landgericht München die Bank dazu verurteilt, einem Anleger, der HRE-Aktien gekauft und dabei einen Großteil seines Einsatzes verloren hat, Schadenersatz zu zahlen.

Urteil mit Signalwirkung: Die Krisenbank Hypo Real Estate muss einen Aktionär mit 4000 Euro entschädigen. Weitere Schadenersatzforderungen könnten folgen. (Foto: Foto: AP)

Das Urteil dürfte von Anlegern und ihren Anwälten nun genau studiert werden, denn es hat Signalwirkung: Gegen die Bank, die im vergangenen Herbst in letzter Minute mit Milliardenhilfen vor dem Kollaps gerettet werden musste, liegen inzwischen Dutzende von Anlegerklagen vor.

Allein bei der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Rotter sind es zurzeit 63 Klagen gegen das Institut. "Es ist ein bahnbrechendes Urteil", sagt Janos Morlin von der Kanzlei Rotter. Es sei "sehr gut möglich, dass nun noch weitere Klagen enttäuschter Anleger eingereicht werden."

Schock vor anderthalb Jahren

Im Zentrum des Rechtsstreits steht die Frage, ob die Bank damals ihre Veröffentlichungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz erfüllt hat - oder ob Insiderinformationen nicht veröffentlicht wurden.

Der Fall reicht anderthalb Jahre zurück: Für die Finanzwelt war es ein Schock, als der damalige HRE-Chef Georg Funke am 15. Januar 2008 aus heiterem Himmel Abschreibungen in Höhe von 390 Millionen Euro auf das US-Hypotheken-Portfolio der Immobilienbank bekanntgeben musste.

Nicht so sehr die Summe sorgte für Aufregung - vielmehr die Tatsache, dass das Management zuvor stets erklärt hatte, man sei von der Krise de facto nicht betroffen. Die Aktie rauschte innerhalb eines Tages um 37 Prozent in die Tiefe. Wer wie der Kläger zuvor Aktien gekauft hatte und sie nun wieder losschlagen wollte, musste herbe Kursverluste in Kauf nehmen.

In den Tagen nach dem 15. Januar wurde immer deutlicher, wie nachhaltig der Vertrauensverlust der Anleger war. Noch zwei Monate zuvor hatte Funke öffentlich erklärt, man gehe "gestärkt" aus der Krise hervor. Die Bank begründete die Neubewertung von Teilen ihres Wertpapierportfolios damals mit der Schwäche der Finanzmärkte sowie den Herabstufungen seiner Investments durch Rating-Agenturen.

Eine Erklärung, die viele Analysten und Investoren kaum überzeugte. Damals begann auch die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin, sich für die Frage zu interessieren, inwiefern in München gegen Ad-hoc-Pflichten verstoßen wurde.

Im jetzt verhandelten Fall muss die HRE einem Anleger fast 4200 Euro zahlen. Diese Schadenssumme, so der Kläger, sei ihm entstanden, nachdem er Mitte Dezember 2007 264 HRE-Aktien zum Wert von 38,37 das Stück gekauft und nach dem 15. Janauer 2008 wieder verkauft hatte. Beim Aktienkauf habe er auf positive Berichte der HRE aus den Monaten August und November 2007 vertraut, so der Anleger.

Zur umstrittenen Kommunikation der HRE schreibt das Gericht in seinem Urteil, die Bank erwecke "den Eindruck, das Ergebnis der Neubewertung in der Publizitität vom 15.01.2008 sei gewissermaßen über Nacht über sie hereingebrochen".

"Urteil nicht nachvollziehbar"

"Man sieht, dass sich die Richter der Bedeutung des Themas bewusst sind", sagt Tobias Pielsticker von Anlegerschutzanwälte e.V. Man hätte sich "nicht so viel Mühe gemacht, wenn man geglaubt hätte, dass es nur um einen Einzelfall geht".

Bei der Münchner Immobilienbank stößt die Entscheidung auf Unverständnis. "Das Urteil des Landgerichts München ist nicht rechtskräftig", so ein Sprecher. "Wir werden Rechtsmittel einlegen. Das Urteil ist mit dieser Begründung nicht nachvollziehbar und ohne jede Beweisaufnahme unhaltbar." Zudem seien bislang drei weitere Verfahren rechtskräftig beendet wurden, in denen die Kläger ihre Klagen zurückgenommen hätten.

Georg Funke ist längst nicht mehr im Amt. Sein Nachfolger Axel Wieandt muss das Kriseninstitut, dass mit Hilfen von über 100 Milliarden Euro gestützt werden muss, zurzeit komplett umbauen. Inzwischen hält der Bund 90 Prozent der HRE; sein Ziel ist es, in den kommenden Monaten 100 Prozent der Bank zu übernehmen, um diese zu sanieren.

© SZ vom 27.06.2009/kaf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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