Hypo Real Estate:Frau Better bitte!

Das hat der Hypo Real Estate gerade noch gefehlt: Der Chef geht am Tag vor der Bilanzpressekonferenz. Darum hat Risikochefin Better nicht einmal 24 Stunden später einen großen Auftritt.

Hans von der Hagen

Wenn der Chef vorzeitig hinwirft, ist es ein Signal. Wenn er zugleich sofort von allen Aufgaben entbunden wird, ist das ein Fanal. Und wenn das alles auch noch unmittelbar vor der Bilanzpressekonferenz geschieht, ist es ein Menetekel: Bei der Hypo Real Estate (HRE) läuft gerade etwas gründlich schief.

Es geht nicht um die enormen Verluste von 2,2 Milliarden Euro, die die Bank immer noch schreibt. Oder um die neue Abwicklungsanstalt, die einen Großteil der Werte des Instituts zunächst schluckt und später entsorgt wird. Nein, die HRE und der neue Eigentümer Bund kommen noch nicht miteinander klar.

Axel Wieandt, der die HRE aus dem gewaltigen Schlamassel führen sollte, hat darum aufgegeben. Der frühere Berater des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann hätte an diesem Freitag das Jahresergebnis, das Ergebnis seiner Arbeit, öffentlich vorstellen sollen. Am Donnerstag bei der Aufsichtsratssitzung hat er noch die Bilanzzahlen präsentiert, doch am Freitag übernimmt das schon jemand anderes: Manuela Better.

Sie hat, so ist zu hören, "sehr kurzfristig" erfahren, dass sie ran muss. Sie selbst war "mehr als überrascht".

Eine ungewohnte Last

Manuela Better musste bislang als Chief Risk Officer, als Risikochefin, dafür sorgen, dass die Bank all das richtig macht, was die HRE vorher jahrelang mit verheerenden Folgen falsch gemacht hatte: Die Frau ist dafür verantwortlich, dass die Hypo Real Estate nur so viele Risiken eingeht, wie sie auch verkraften kann. Seit Donnerstag ist sie für die gesamte Bank verantwortlich.

Es ist eine ungewohnte, eine große Last. Ihr Auftritt ist unsicher, als sie auf dem Podium Platz nimmt. Schmales Gesicht, grauer Zweiteiler, schmale Kette. Die Fotografen stürzen sich auf sie, minutenlang blitzt und klackert es.

Die Brille nimmt sie bald ab, so wie sie auf dem offiziellen Pressebild aussieht. Alles ist offenbar sehr gewöhnungsbedürftig für Manuela Ratlos. Zwei Herren flankieren, man möchte fast sagen, schützen sie: Finanzvorstand Alexander von Uslar und Pressechef Walter Allwicher.

Was für eine Chefin ist Better? Oberaufseher Bernd Thiemann, der nach den sich überstürzenden Ereignissen des vergangenen Tages auf dieser Pressekonferenz besonders oft und gern das Wort ergreift, stellt sie noch als Risikochefin vor, die "die Tätigkeit des Vorstands führt und koordiniert".

Bis-auf-weiteres-Chefin

Vielleicht ein Versehen in der Aufregung, denn eigentlich soll Manuela Better, wie er später sagt, sich um klassische Cheftätigkeiten kümmern - also auch um die Kommunikation und Strategie des Konzerns.

Dennoch: Sie ist eine Bis-auf-weiteres-Chefin, die eingesprungen ist, weil Wieandt absprang. Der ging nicht, weil er etwas falsch gemacht hatte, sondern weil er sich mit dem Eigentümer der HRE, dem Bankenrettungsfonds Soffin nicht einigen konnte.

"Transit" zwischen den Ansprüchen den Bundes und der Bank

Aufsichtsratschef Thiemann spricht von einem "vorwärtsstürmenden Sanierungsvorstand". Wieandt kam wohl mit dem Spannungsverhältnis zwischen Privatbank und notverstaatlichtem Institut nicht klar - vor allem in Bezug auf die vergleichsweise magere Bezahlung aber auch hinsichtlich der Interessen des Bundes. Gleichwohl bedauert der Kontrolleur - das wird auf der Bilanzpressekonferenz wiederholt deutlich - den Abgang "außerordentlich".

Das Bedauern erschwert den Stand von Manuela Better. Sie wird nun das machen müssen, was Vorgänger Wieandt nicht machen und ertragen wollte. Thiemann nennt es den "Transit" zwischen den Ansprüchen den Bundes und der Bank.

Erfüllungsgehilfin des Bundes

Der Bund, "der sich mit mehr als 100 Milliarden Euro in bar und Garantien" bei der Bank engagiert hat und nun der alleinige Eigentümer des Instituts ist, hat andere Ansprüche und Bedenken als das Institut - bei dem, so Thiemann, früher halb im Ernst halb im Scherz gesagt worden sei: Die "Bank gehört dem Vorstand."

Neu-Chefin Better droht nun auf die Rolle einer Erfüllungsgehilfin des Bundes reduziert zu werden, die "wir" sagen soll, wo andere auch mal ein "ich" riskieren. Sie muss dabei den von Wieandt vorgezeichneten Weg gehen - seine Strategie wird nicht in Frage gestellt.

Ihre Karriere hat die Münchner Aufsteigerin ausschließlich bei der HRE und deren Vorläuferinstituten gemacht. Wie der frühere HRE-Chef Funke kam sie von der Hypo-Vereinsbank. Den innerhäuslichen Werdegang sieht Thiemann nicht als Nachteil: "Neue Besen kehren gut, aber alte wissen, wo der Dreck liegt", formuliert er übermütig.

"Alterspräsidentin" mit Durchsetzungsvermögen

Getting Better: Der HRE-Vorstand sei jung, lobt Thiemann, da nehme die neue Vorstandschefin mit ihren "gerade mal 49 Jahren" schon die Rolle einer "Alterspräsidentin" ein.

Manuela Better nimmt diese Aussagen ebenso ausdruckslos entgegen wie die Feststellung Thiemanns, dass sie "trotz ihrer zierlichen Figur" ein gutes Durchsetzungsvermögen habe. Darauf muss man erst einmal kommen, wenn man nicht in einem Chauvi-Klub zuhause ist.

Später versucht Aufsichtsratschef Thiemann den Eindruck zu zerstreuen, dass der Posten des HRE-Chefs mit Better nur vorläufig besetzt sei. Er tut dies aber seltsam unentschlossen.

Die Nachfolgeregelung "trägt und hält", sagt er, aber natürlich, zu gegebener Zeit werde womöglich neu besetzt. "Richtigkeit geht vor Schnelligkeit", erklärt Thiemann noch.

Wenn man Betters etwas drögen Vortrag mit einigen Stolperern verfolgt, lässt einen der Eindruck nicht los, dass sie mit ihrer neuen Rolle auch noch nicht ganz glücklich ist.

Bevor es übrigens bei der HRE richtig heiß wurde, verzog sie sich 2007 nach Hongkong, weil sie ihre "persönliche Auffassung von Risikomanagement in der Bank nicht mehr verwirklichen konnte", wie sie einmal dem Manager Magazin gestand.

Ob sie schon damals gesehen habe, dass alles den Bach runtergehe? Der Anflug eines Lächelns geht durch ihr Gesicht. Doch Manuela Better antwortet nur: "Das ist Ihre Interpretation."

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