Süddeutsche Zeitung

Hypo Real Estate: Axel Wieandt:Chef auf der Durchreise

Tag der Abrechnung: Auf der Hauptversammlung der Skandalbank Hypo Real Estate muss Axel Wieandt das Feindbild für die Aktionäre abgeben, obwohl er an der katastrophalen Lage nicht schuld ist.

Thomas Fromm

Es wird für Axel Wieandt ein Spießrutenlauf. Sie werden den Vorstand kritisieren, beschimpfen, ihre Wut rauslassen. Die Kleinaktionäre, die am Dienstag zur Hauptversammlung der Krisenbank Hypo Real Estate (HRE) nach München kommen, haben viel Geld verloren. Und sie stemmen sich vergeblich gegen die Verstaatlichung des maroden Instituts. HRE-Chef Wieandt wird vorne sitzen, das Feindbild geben und die Wut abbekommen.

Dabei ist er für das, was passiert ist, nicht verantwortlich. Als er im Oktober 2008 kam, war die Bank schon ruiniert. Es war ein Sonntag, und der damalige Deutsche-Bank-Manager war bei einer privaten Geburtstagsfeier, als der Anruf vom Chef kam. Josef Ackermann fragte, und Wieandt sagte ja. Wieandt erklärte später, man dürfe nicht lange überlegen, wenn man gefragt werde.

Wieandt ist pflichtbewusst, darauf legt er Wert. Deswegen wird er auch den Tag der Hauptversammlung über sich ergehen lassen. Er wird alles an sich abprallen lassen. So, wie es seine Art ist. Ruhig, immer die Contenance bewahren.

Auffällig unauffällig

Wieandt ist auffällig unauffällig. Kurze gescheitelte Haare, dicke Hornbrille, Typ Schwiegermutterideal. Einer, der mit Anfang 40 noch so aussieht, als komme er gerade aus dem Hauptseminar für Betriebswirtschaftslehre. Einer, der leise und bedächtig redet. Morgens um halb sechs joggt er durch den Englischen Garten. "Dabei kann ich gut entspannen", sagt er. Und man weiß nicht, ob das nicht auch eine Art Pflichtübung ist.

Wieandt muss die marode Bank sanieren, ihr dabei die gefährliche Sprengkraft nehmen, und man wird das Gefühl nicht los, als wäre der Mann nur auf der Durchreise. Wieandt und Hypo Real Estate, irgendwie ging das von Anfang an nicht zusammen.

Der Mann, der sich stets unter Kontrolle hat, der so viel von Pflichten redet, und die Skandalbank, die unter dem alten Management fast in die Pleite geritten wurde. Die mit hochriskanten Geschäften an den Abgrund manövriert wurde und die heute Hilfen von über 100 Milliarden Euro braucht. Nein, Wieandt ist anders als jene Männer, die seine Vorgänger waren und die für viele inzwischen zum Inbegriff des gierigen Bankers geworden sind.

Familienbande, die prägen

Es mag etwas mit Herkunft zu tun haben. Andere Banker mögen Aufsteiger sein, Wieandt ist es nicht. Er kommt aus einer Bankerfamilie. Sein Vater sanierte vor Jahren die fränkische Schmidt-Bank und das Gewerkschaftsinstitut BfG. Seine Schwester Dorothee hat bei der Investmentbank Goldman Sachs Karriere gemacht und ist mit Commerzbank-Chef Martin Blessing verheiratet, Bruder Carl ist Investmentbanker. Das sind Familienbande, die prägen.

Bei der Deutschen Bank war er zuletzt Chefstratege. In der Branche werden schon Wetten abgeschlossen, ob Wieandt wirklich seine fünf Vertragsjahre in München absitzt. Eigentlich warte er nur darauf, dass die Bank aus dem Gröbsten raus ist, um nach Frankfurt zurückzukehren. Wenn der Staat erst einmal Alleineigentümer der Bank ist, wird es für Top-Manager bei der HRE ohnehin eher langweilig. Die harte Zeit bei der HRE, davon kann man ausgehen, dürfte sich für ihn noch einmal auszahlen.

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SZ vom 02.06.2009/kaf/mel
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