HSH Nordbank: Spitzelskandal:Wer? Wann? Warum?

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Schuldig oder unschuldig? Die Landesregierung von Schleswig-Holstein fordert die Klärung der Frage, ob HSH-Chef Nonnenmacher Politiker bespitzeln ließ - und stellt ein Ultimatum. Der Aufsichtsrat verteidigt ihn erneut.

Kristina Läsker

Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat der HSH Nordbank ein Ultimatum gestellt. Die angeschlagene Landesbank soll sich zu dem Verdacht zu äußern, sie habe Politiker bespitzelt. Sollten sich diese Vorwürfe bestätigten, sei dies ein "inakzeptabler Vorfall", heißt es in einem Brief von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager an Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher.

Die Rolle von HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher (rechts) im Spitzelskandal ist umstritten. HSH-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper spricht ihm erneut das Vertrauen aus. (Foto: dpa)

Der Ton ist harsch: Der für die Aufsicht der Bank zuständige CDU-Minister will wissen, wer, wann, warum ausgespäht wurde und ob auch Minister betroffen sind. In Kiel scheint die Geduld über die immer neuen Skandale langsam aufgebraucht zu sein. Der Minister verlangt eine Antwort bis "Dienstschluss" an diesem Freitag.

Vor zwei Monaten waren Hinweise aufgetaucht, dass die HSH-Führung womöglich verschiedene Top-Banker hatte ausspähen lassen, weil sie Geheimnisverrat vermutete. Vor zwei Wochen tauchten weitere Unterlagen auf, wonach auch ranghohe Politiker durch die Detektive einer von der HSH beauftragten Sicherheitsfirma überwacht wurden.

Bei den Haupteignern der Bank, Hamburg und Schleswig-Holstein, wächst daher der Druck, die schmierigen Affären aufzuklären, bevor der Ruf der Bank vollends ramponiert ist. Beide Länder hatten das Kreditinstitut mit einer Milliardenspritze vor dem Bankrott gerettet.

Streit um Nonnenmacher

Nonnenmacher hatte zuletzt beteuert, keine illegalen Aktionen veranlasst zu haben. Doch unklar ist, welche womöglich legalen, aber ethisch fragwürdigen Spitzeldienste der HSH-Chef im letzten Jahr angeordnet hat. So erhielt der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Dienstleister Prevent AG im Jahr 2009 mehr als sieben Millionen Euro von der Nordbank. Diese Summe ist zu hoch, um einen reinen Personen- und Objektschutz zu finanzieren. Der Vertrag mit der Sicherheitsfirma trägt Nonnenmachers Unterschrift.

Bei Prevent lief der Millionenauftrag unter dem Codewort "Project Silence". Dennoch es ist nicht gelungen, die pikanten Dienste tatsächlich still und geheim zu halten. Der Spiegel hatte jüngst darüber berichtet, die Detektive von Prevent hätten auch verdeckt öffentliche Veranstaltungen und geladene Gesellschaften besucht und für die Bank zuständige Politiker beschattet.

Ein Sprecher der Nordbank verteidigte die Aufträge an Prevent damit, dass "mit Beginn des Jahres 2009 die Bank und ihre Mitarbeiter zunehmend massiv bedroht" worden seien. Daher habe sich die Bank entschieden, ein Projekt "zum Personen- und Objektschutz" aufzusetzen. Dazu wurden "kontinuierliche Analysen der Gefährdungslage für die Bank sowie deren Vertreter vorgenommen".

In Hamburg hält die schwarz-grüne Koalition an Nonnenmacher fest - auch weil sein drastischer Sparkurs langsam greift. Auf Wunsch der Grünen soll die Causa nun erneut im Senat diskutiert werden. Die oppositionelle SPD fordert dagegen längst Nonnenmachers Rücktritt. "Es ist skandalös, wenn eine von der Politik gerettete Bank anfängt, Politiker zu belauschen und auszuforschen", sagte Thomas Völsch, SPD-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH.

Verdacht auf Intrigen

Die Kontrolleure der Bank unter dem Ex-Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper stellten sich am Donnerstag demonstrativ hinter die HSH-Spitze. "Präsidialausschuss und Aufsichtsrat können kein schuldhaftes Verhalten von Mitarbeitern und Vorstandsvorsitzendem feststellen", teilte die Bank mit.

Zuvor hatten die 20 Aufsichtsräte bei ihrer Sitzung in Kiel ein Gutachten der Kanzlei Wilmer Hale diskutiert. Dieses hat sich mit dem Rauswurf des HSH-Vorstands Frank Roth beschäftigt und war vom Aufsichtsrat beauftragt worden. Roth war im April 2009 fristlos gefeuert worden, weil er vertrauliche Unterlagen nach außen verschickt haben soll. Dann war aber ein Gesprächsprotokoll aufgetaucht, wonach die HSH-Spitze den Abgang des Ex-Vorstands gezielt betrieben haben soll.

Der von der Bank beauftragte Detektiv hat diese Aussagen inzwischen aber widerrufen. Auch die Anwälte von Wilmer Hale wollen das Gesprächsprotokoll nicht als Quelle gelten lassen. Für die im Protokoll erwähnten "Anschuldigungen und Unterstellungen gibt es keinerlei Beweise", teilte der Aufsichtsrat mit.

Hamburgs Linke stellte ein Gutachten vor, wonach es bei der HSH Nordbank einen Gesamtschaden von mindestens 32,5 Milliarden Euro gibt. Am Dienstag tagt die schwarz-gelbe Kieler Landesregierung. Nonnenmachers Antwort auf das Ultimatum des Wirtschaftsministers dürfte bei dieser Sitzung eine entscheidende Rolle spielen.

© SZ vom 22.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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