HRE-Chef Funke:Der Schweigsame

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Das Rettungspaket für die Hypo Real Estate darf Georg Funke wohl noch mitverhandeln. Doch seine Tage als Konzernchef sind gezählt.

Tobias Dorfer

Es gibt Sätze, die einen Menschen ein Leben lang verfolgen. "Die Rente ist sicher", versicherte der ehemalige Arbeitsminister Blüm (CDU) vehement. Heute muss er sich in so ziemlich jeder Talkshow für seine Worte rechtfertigen. Im Jahr 1998 versprach Daimler-Benz-Chef Jürgen Schrempp vor dem desaströsen Zusammenschluss mit Chrysler eine "Hochzeit im Himmel". Neun Jahre später war der amerikanische Autobauer wieder verkauft - und das Thema "Welt AG" ad acta gelegt.

HRE-Chef Georg Funke soll seinen Posten demnächst zur Verfügung stellen. (Foto: Foto: AP)

Auch Georg Funke hat einen solchen Satz gesagt. Als die Hypo Real Estate (HRE) im August 2007 die Übernahme der Depfa-Bank bekanntgab, war der Unternehmenschef voller Optimismus: "Die Depfa ist einer der weltweit größten Staatsfinanzierer. Dieses Geschäft ist langfristig profitabel, sehr solide und mit ganz geringem Risiko."

Nicht einmal zwölf Monate später trägt die Depfa die Hauptschuld am Fiasko der beinahe zusammengebrochenen Hypo Real Estate. Ihr Geschäftsmodell sieht vor, langfristige Verpflichtungen, etwa für Straßenbauprojekte, mit kurzfristigen Krediten aufzufangen. So wird versucht, im ertragsarmen Geschäft mit öffentlichen Projekten, wenigstens noch eine kleine Rendite zu erzielen. Mit dem fehlenden Vertrauen der Banken untereinander, fällt auch die Strategie der Depfa in sich zusammen wie ein Kartenhaus.

Verlorenes Vertrauen

Der Zusammenschluss mit der Depfa ist das Baby von HRE-Chef Funke - und der muss nun offenbar gehen. Der Konzernchef werde in den nächsten Tagen zurücktreten, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, er halte es für undenkbar, dass das Management weitermache. Funke werde noch die Details der Rettungspakets aushandeln. "Die Banken und die Politik brauchen einen handlungsfähigen Vorstand in den nächsten Tagen", hieß es aus dem Umfeld der HRE.

Auch die Aktionäre haben längst das Vertrauen in das Münchner Institut verloren. Rund 90 Prozent ihres Wertes haben die Papiere innerhalb eines Jahres abgegeben. Noch als die Aktie einen Wert von 22 Euro hatte, sprach der Vorstandschef von einer langfristig hochattraktiven Anlage. Nun steht Funke vor einem Scherbenhaufen - doch weder er noch sein Vorstand sprechen davon, ihre Plätze zu räumen.

Mehr als ein paar dürftige Zeilen in den Pressemitteilungen des Konzerns sind von Funke in diesen Tagen nicht zu hören. Der 53-Jährige, der seine Karriere bei der Westdeutschen Wohnhäuser AG begann, hat schon häufiger um seinen Job kämpfen müssen - und immer wieder wurden Klagen über die Kommunikation des Vorstandes laut. Am 15. Januar etwa brach der Aktienkurs des Unternehmens um mehr als ein Drittel ein. Überraschend hatte die Hypo Real Estate Abschreibungen auf Wertpapiere in Höhe von 390 Millionen Euro bekanntgeben müssen. Zuvor hatte der Konzern gebetsmühlenartig verlauten lassen, von den Turbulenzen der Finanzkrise nicht betroffen zu sein.

Im Mai 2008 eskalierte der Ärger der Anleger auf der Hauptversammlung. Aktionärsschützer warfen dem HRE-Vorstand erneut schlechte Informationspolitik vor. "Es hat kein Mensch mehr Vertrauen in das Unternehmen", rief Harald Petersen von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. "Für mich ist es das größte Kommunikationsdesaster, das ich je bei einem Dax-Konzern gesehen habe." Ebenfalls im Mai nahm die Staatsanwaltschaft München Ermittlungen auf. Der Vorwurf lautete auf Marktmanipulation und unrichtige Darstellung nach dem Aktiengesetz, so Oberstaatsanwalt Anton Winkler.

Orangen in Andalusien

Seit diesen Vorfällen ist Funke angezählt. Der HRE-Vorsitzende ist Chef auf Abruf - auch wenn selbst seine Kritiker ihm zugestehen, dass er ein exzellenter Kenner der Immobilienbranche ist. Als die Hypo-Vereinsbank (HVB) ihr als riskant geltendes Immobiliengeschäft in die neue Hypo Real Estate auslagerte, beneidete niemand Funke um seinen Job. Doch die Zahlen, die der Vorstandschef veröffentlichte, waren erst einmal überraschend gut. Bis Anfang 2006 hatte sich der Wert der HRE-Aktie mehr als verfünffacht. Auf dem Höhepunkt von Funkes Wirken löste sein Konzern den ehemaligen Mutterkonzern HVB im Deutschen Aktienindex ab.

Es gibt Menschen, die das nicht vergessen haben. Gestützt wird Funke derzeit noch von Aufsichtsratschef Kurt Viermetz, der bei aller Kritik immer zu Funke hielt. Allerdings könnte ein Teil der Probleme Funkes durch seinen Aufsichtsratschef initiiert sein: In der Branche heißt es, Viermetz habe auf eine defensivere Kommunikationspolitik gedrängt.

Einen Sieger gibt es übrigens auch im Milliardenfiasko um die Hypo Real Estate - und der heißt Gerhard Bruckermann. Der hochbezahlte ehemalige Chef der Depfa verkaufte das Institut an die Hypo Real Estate für sechs Milliarden Euro - und verzichtete anschließend auf einen Aufsichtsratsposten bei der HRE. Aus "persönlichen Gründen". Immerhin handelte sich der gewiefte Manager ein üppiges Abfindungspaket heraus. Mit 100 Millionen Euro soll Bruckermanns Abschied versilbert worden sein. Heute widmet sich der ehemalige Banker lieber seinem Hobby. Auf einer Plantage in Andalusien züchtet er Apfelsinen.

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