Höhere Sozialabgaben:Große Koalition bricht ihr Wort

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Arbeitnehmer müssen sich auf kräftig steigende Sozialabgaben einstellen - und mit Mehrbelastungen in Höhe von bis zu 500 Euro rechnen.

C. Hulverscheidt und G. Bohsem

Gründe dafür sind die absehbare Erhöhung der Krankenkassenbeiträge, ein möglicher Verzicht auf die geplante Senkung des Arbeitslosenversicherungssatzes und die turnusgemäße Anhebung der sogenannten Beitragsbemessungsgrenzen. Das sind jene Grenzen, bis zu denen Arbeitnehmer auf ihr Gehalt Sozialabgaben zahlen müssen.

Damit bricht die Koalition ihr Versprechen, die "Leistungsträger", also Facharbeiter und Angestellte, zu entlasten. Im schlechtestes Fall kommen auf einen normalen Beschäftigten zusätzliche Kosten von etwa 250 Euro pro Jahr zu, Besserverdiener müssen mit bis zu 500 Euro rechnen. Am härtesten jedoch trifft es Arbeitnehmer, die bei einer bisher sehr günstigen Krankenkasse versichert sind: Ihre Ausgaben steigen um bis zu 1200 Euro.

Mehrausgaben wegen schlechter Konjunktur

Mit Einführung des Gesundheitsfonds Anfang 2009 werden sich die Kassenbeiträge nach Schätzung von Experten von heute durchschnittlich 14,9 Prozent auf etwa 15,5 Prozent des Bruttogehalts erhöhen. Um dies zumindest teilweise aufzufangen, wollte die große Koalition bisher die Zahlungen der Bürger an die Bundesagentur für Arbeit (BA) von heute 3,3 auf 3,0 Prozent zu senken.

Die stellvertretenden SPD-Fraktionschefs Ludwig Stiegler und Joachim Poß erklärten jedoch nun, dies sei kaum möglich, weil der BA wegen der Konjunkturflaute Mehrausgaben drohten. " Da kann man nicht zusätzlich noch die Einnahmebasis verringern, sonst droht Monate später - mitten im Abschwung - eine Beitragserhöhung", sagte Stiegler der Süddeutschen Zeitung. "Auch ich würde die Beitragszahler gerne entlasten, manche Träume muss man sich aber abschminken." Poß meinte, die BA müsse auch in schlechten Zeiten arbeitsfähig sein. "Deshalb müssen wir die Beitragssenkung dringend überdenken."

Dagegen sagte Unions-Vizefraktionschef Michael Meister, die Senkung sei gerade wegen der sich verdüsternden Konjunkturentwicklung nötig. "Bezahlbare Arbeit hilft, die Arbeitslosigkeit zu senken und belässt das Geld in den Taschen der Menschen", erklärte er. Ähnlich äußerte sich Arbeitgeberchef Dieter Hundt. "Eine deutliche Entlastung ist konjunkturpolitisch geboten", betonte er. Die Abgaben könnten allein um 0,6 Punkte sinken, wenn nicht jedes Jahr fünf Milliarden Euro aus dem Etat der BA für den Bundeshaushalt abgezweigt würden.

Statt Entlastungen kommen auf Besserverdiener noch weitere Belastungen zu. So schätzen die zuständigen Experten der Regierung, dass die Beitragsbemessungsgrenzen wegen ihrer Kopplung an die Löhne um bis zu 100 Euro angehoben werden müssen. Sie lägen dann bei 3700 Euro in der Kranken- und Pflege- sowie bei 5400 (West) und 4550 Euro (Ost) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.

© SZ vom 08.08.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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