Höchstes Holz-Wohnhaus:Baumstarkes Symbol

Zum Aushängeschild für einen ganzen Wirtschaftszweig ist ein Mehrfamilienhaus geworden, das unlängst in Berlin entstand.

Hannes Leonard

Erstmals wurde in einer deutschen Großstadt ein siebenstöckiges Wohnhaus errichtet, das zu großen Teilen aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Insgesamt wird der Baustoff Holz immer beliebter: Etwa zwölf Prozent aller Neubauten in Deutschland sind aus diesem Naturprodukt.

Auf den ersten Blick kommt das Projekt "E 3" im Stadtteil Prenzlauer Berg eher unscheinbar daher. Eingerahmt von Gründerzeithäusern, erscheint die Fassade des Holzhauses klar strukturiert - mit dreiteiligen schwedischen Fenstern und eingeschnittenen Balkonen. Helle Farben dominieren die Straßenansicht.

Der Clou des Hauses steckt hinter der Fassade. Die sieben Geschosse tragende Konstruktion dieses Hauses ist komplett aus Holz - ein Novum, denn bisher nutzte man für solch große Bauten Stahl und Beton. "Wir haben mit dem Haus ein kleines Stück Stadtplanungs-Geschichte geschrieben", sagt Tom Kaden, der das Haus mit seinem Kollegen Thomas Klingenbeil geplant hat.

Vor Bränden geschützt

Um das Berliner Haus realisieren zu können, musste eigens ein ausgeklügeltes Brandschutzsystem entwickelt werden. Die tragenden Teile der Konstruktion sind mit feuerbeständigem Material beschichtet. Das erklärt auch, warum man an der Fassade kein Holz sieht: Es ist hinter einer zehn Zentimeter dicken Schicht aus Mineralwolle versteckt.

Im Inneren des Hauses ist das Holz dann aber überall zu sehen.

Ein weiteres Zugeständnis an den Feuerschutz ist das Treppenhaus: Damit die Bewohner bei einem Brand das Haus sicher verlassen können, wurde ein freistehendes Betontreppenhaus an der Gebäuderückseite gebaut. Über Brücken gelangt man so ins Innere der jeweiligen Etage. Außerdem sind alle Räume mit Brandmeldern ausgestattet.

"Inzwischen kann man einen Holzbau so sicher machen wie einen konventionellen Betonbau", zerstreut Tom Kaden mögliche Bedenken. Das knapp 23 Meter hohe Gebäude in der Esmarchstraße 3, daher auch der Name "E3", wurde von einer Baugemeinschaft errichtet. Lange hatten deren Mitglieder nach bezahlbaren und passenden Wohnungen in der Hauptstadt gesucht. Vergeblich. Als letzter Ausweg blieb nur der Neubau in der Gemeinschaft. Die Gruppe kaufte schließlich Ende 2006 das Grundstück in Prenzlauer Berg.

Baumstarkes Symbol

Die modern-schlichte Fassade war eine klare Entscheidung der Baugemeinschaft. "Die Einpassung des Baukörpers in die Häuserzeile sollte ohne schrille Effekthascherei geschehen", erzählt der Architekt. Jedes Geschoss nimmt eine Wohnung zwischen 120 und 150 Quadratmetern auf und wurde individuell für die künftigen Bewohner gestaltet. Den neuen Eigentümern war es wichtig, ökologisch und nachhaltig zu bauen - kaum verwunderlich im alternativen Szenebezirk Prenzlauer Berg.

Ökologisches Bauen geht mit Holz besonders gut, denn es ist ein CO-2-neutraler Baustoff mit guten Dämmeigenschaften. Der Energieverbrauch von "E3" soll daher nur bei circa 40 Kilowattstunden pro Quadratmeter liegen - ob es die strengen KfW-40-Kriterien der Kreditanstalt für Wiederaufbau erfüllt, wird sich erst nach dem Ende dieser Wintersaison sagen lassen.

Ein anderer Aspekt könnte für Bauherren noch wichtiger sein. Holzhäuser wie das "E3" lassen sich nur mit vorgefertigten Bauteilen errichten. Dadurch sinkt die Bauzeit rapide und das spart Geld. Bei "E3" wurde an einer Etage nur circa zehn Tage lang gearbeitet.

Wegen des großen öffentlichen Interesses an dem Projekt gab es in der Entstehungsphase einen "Tag der offenen Baustelle". Die Architekten Kaden und Klingenbeil sind von ihrem Haus so überzeugt, dass sie ihr Büro inzwischen in "E3" verlegten.

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