Hilfsprogramme für Firmen:Warme Worte gegen die Eiszeit

Der Bund möchte Firmen helfen - und zwingt Banken zu einer laxeren Kreditvergabe. Das ist gefährlich. Doch Ackermann hat eine Idee.

Hans von der Hagen

Worte können so schön wärmen, wenn die Welt kalt ist. Derzeit, beteuern die Unternehmen, ist es um sie herum nicht nur kalt, sondern eisig: Ihnen gehe das Geld aus und die Banken gäben zu wenig neues Geld.

Hilfsprogramme für Firmen: Josef Ackermann auf dem Weg zum Konjunkturgipfel im Kanzleramt.

Josef Ackermann auf dem Weg zum Konjunkturgipfel im Kanzleramt.

(Foto: Foto: dpa)

Da trifft es sich gut, dass es mittlerweile manche Verheißung auf Bestellung gibt. Zum Beispiel von Martin Blessing, dem Chef der Commerzbank, sowie von den Sparkassen, und, ja, auch von Deutsche-Bank-Lenker Josef Ackermann, der in der Öffentlichkeit und in seinem Selbstbild gern als Klassensprecher der Branche wahrgenommen wird.

Commerzbanker Blessing kündigte an, dass das Kreditangebot für mittelständische Unternehmen um fünf Milliarden Euro aufgestockt wird, Sparkassenchef Heinrich Haasis will bis zu zehn Milliarden Euro zur Verfügung stellen - und Josef der Große sprach beim Konjunkturgipfel im Kanzleramt am Mittwoch von einem "Fonds in der Verantwortung der Banken". Der soll ebenfalls den Mittelständlern zugutekommen.

Die Deutsche Bank will den geplanten Hilfsfonds für eigenkapitalschwache Firmen aus dem Mittelstand offenbar zu einem beträchtlichen Teil selbst füllen - sie sei zu einem "substanziellen Beitrag bereit", zitieren Teilnehmer des Gipfels Ackermann. Umstritten ist noch, wie der Fonds gestaltet wird: Während Ackermann einen Hilfsfonds aller Geldhäuser will, sieht ein Gegenmodell separate Töpfe für Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken vor.

Kanzlerin Angela Merkel hat bei allen dreien etwas gut: Die Commerzbank wurde mit Hilfe des Steuerzahlers nicht nur erstversorgt, sondern auch gleich zum zweitgrößten Geldhaus der Republik gemacht. Die Sparkassen verdanken nicht nur ihre Existenz der öffentlichen Hand, sondern müssen der Regierung für den beherzten Einsatz zur Erhaltung mancher Landesbanken und der Hypo Real Estate dankbar sein.

Und Deutschbankier Ackermann wiederum, der seinen 60. im Kanzleramt nachfeiern durfte, darf sich freuen, dass mit Mitteln des Steuerzahlers alles um ihn herum gerettet wurde. Ansonsten wäre es für die Deutsche Bank denkbar ungemütlich geworden.

Da sind ein paar warme Worte selbstverständlich. Und damit die etwas adventfröhlicher daherkommen, hält der Bund passend zum Ackermann-Angebot noch ein kleines Geschenk parat: Das Merkel-Kabinett erwägt, den Banken Kredite in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro abzukaufen. Schlaue Menschen haben ausgerechnet, dass dann die Banken so viel Geld zur Verfügung hätten, dass sie nochmals 100 Milliarden Euro verleihen könnten. Theoretisch jedenfalls. Vielleicht legen sie es auch in Anleihen an oder spekulieren. Man weiß ja nie, es könnte noch mehr Gewinn bringen.

Ob das dann so wundersam in Frankfurt vermehrte Geld je bei den Unternehmen ankommt, ist mehr als fraglich. Nicht nur, weil die Konzepte und Pläne noch weitgehend unausgereift sind, sondern auch, weil ja schon jetzt den Banken billiges Geld in rauen Mengen zur Verfügung steht - sie sich jetzt aber zunächst mal selbst helfen.

Die gewaltigen Milliardensummen, die jetzt genannt werden, verdecken nur zu schnell, dass es eigentlich um etwas ganz anderes geht: Der Staat fordert, dass die Banken größere Risiken eingehen. Daher betont Commerzbank-Chef Blessing, er wolle bei der Kreditvergabe künftig die mittelfristigen Aussichten eines Unternehmens stärker berücksichtigen. Sprich: Die bisherigen Grundsätze bei der Kreditvergabe wischt das Institut beiseite. Weil das gefährlich ist, spricht Ackermann wolkig von einem "Fonds", an dem sich viele Banken beteiligen sollen.

Der Staat versucht sich an einem gefährlichen Spagat: Auf der einen Seite will er das Geschäft der Bank weit stärker als bisher regulieren, um die Risiken zu senken - und auf der anderen Seite fordert er eine laxere Geschäftspolitik ein. Gerade jetzt ist das gefährlich. Das Beispiel Dubai hat gezeigt, dass die Nerven noch immer Blank liegen: Nicht ohne Grund warnte Primus Ackermann auf dem Konjunkturgipfel vor "Zeitbomben"-Risiken aus der Verschuldung kleinerer Staaten - und mahnt, dass die US-Immobilienkrise noch nicht gelöst sei.

Nun ließe sich argumentieren, dass mit dem Vorstoß der Regierung nur der wüsten Spekulation Einhalt geboten werde, andererseits die Banken wieder zur Wahrnehmung ihrer eigentlichen Bestimmung - der Kreditversorgung - gezwungen würden. Doch das funktioniert nicht. Der Zwang zur Einschränkung mag seine Berechtigung haben - der Zwang zur Lässigkeit ist fatal. Der Staat hat sich in die Kreditvergabe der privaten Banken nicht einzumischen.

Gleichwohl ist es nicht zu viel verlangt, wenn die Banken für einen Teil der immensen Schäden, die sie verursacht haben, geradestehen. Darum ist Ackermanns Vorschlag - im Gegensatz zu dem von Blessing - sinnvoller. Mutet der Commerzbanker die eingeforderten Risiken seinem eigenem, steuergestützten Institut zu, will Ackermann die Risiken - sprich neuen Verluste - verteilen. Klar ist: Würde er die Chance auf einen Gewinn größer als das Verlustrisiko einschätzen, würde er keinen Fonds vorschlagen, sondern das Vorhaben allein durchziehen. Immerhin geht es bei seinem Modell offenbar nicht um die Vergabe von Kredit, sondern von Eigenkapital. Wer soll daran schon verdienen.

Wenn also schon im Advent warme Worte verstreut werden, dann sollte dies mit Bedacht geschehen. Sonst gibt es bald schon die nächste Eiszeit.

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