Hilfen für Griechenland:Alle gegen Schäuble

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Hat Wolfgang Schäuble Griechenland zu schnell zu viel versprochen? Die FDP schimpft den Finanzminister aus. Und auch die anderen Parteien stänkern. Ein Überblick.

Die Griechen brauchen Geld - und zwar dringend. In der deutschen Politik führt der Umgang mit dem Schulden-Dilemma Athens zu heftigen Kontroversen. Wenn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun mit den anderen Fraktionschefs über die deutschen Hilfen für das schuldengeplagte Griechenland redet, dann ist Ärger programmiert. Denn die Parteien sind sich über die Stellschrauben uneins - und die schärfste Kritik kommt ausgerechnet vom Koalitionspartner FDP, deren Finanzfachmann Hermann Otto Solms sagte, es sei falsch gewesen, "den Honigtopf von Anfang an in die Mitte des Tisch zu stellen. Das war das Signal an die Griechen, dass sie nur zugreifen müssen." sueddeutsche.de zeigt die Pläne des Ministers - und mit welchen Vorstellungen die anderen Parteien überzeugen wollen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble meint, die Regierung könne die Kredite für Griechenland auch noch ablehnen. (Foto: Foto: dpa)

Union

Ohne fremde Hilfe geht es nicht - das hat Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou deutlich gemacht. Die Basis für die Unterstützung haben Europas Regierungschefs bereits Ende März gelegt, der Beschluss trägt die Handschrift der deutschen Kanzlerin.

Eines hat Angela Merkel aber immer klar gesagt: Einen Freibrief wird Griechenland nicht bekommen. Wenn Geld nach Athen fließt, dann müssen die Griechen dafür nicht nur Zinsen zahlen, sondern parallel dazu kräftig sparen. Voraussetzung einer Hilfe sei, dass sich Griechenland zuvor mit dem IWF, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission auf ein dreijähriges Sparprogramm einigt. Konkreter wurde der Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. Athen müsse Steuern erhöhen, die Lebensarbeitszeit verlängern und die Rentenansprüche senken, sagte der CDU-Politiker der Süddeutschen Zeitung.

Allerdings hatte Schäuble am Wochenende ein Nein für die Griechenland-Hilfen nicht ausgeschlossen. "Die Tatsache, dass weder die EU noch die Bundesregierung bisher eine Entscheidung getroffen haben, bedeutet: Sie kann positiv wie negativ ausfallen."

Ohnehin sollen auch die Banken ihren Beitrag zur Rettung von Griechenland leisten. "Das muss man tatsächlich in die Überlegungen mit einbeziehen", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder. Von einer solchen Entscheidung sei allerdings auch der Bund betroffen, weil etwa die staatliche Hypo Real Estate Griechenland-Anleihen halte.

Und wenn alles nichts nützt? Dann könnte sich Griechenland auch ganz aus der Währungsunion verabschieden - das findet zumindest Hans-Peter Friedrich, der Landesgruppenchef der CSU. Der Vorschlag ist allerdings umstritten. CDU-Größen wie Roland Koch und Volker Kauder haben ihn bereits abgelehnt. Hingegen hält Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich dies für überlegenswert. "Ich glaube, dass das zumindest eine Alternative ist, die man nicht gleich vom Tisch streichen sollte."

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FDP

Die FDP ist in einer extrem schwierigen Lage. Einerseits können sich die traditionellen Wähler der Liberalen für Staatshilfen grundsätzlich eher schwer erwärmen - was vor allem den nordrhein-westfälischen FDP-Chef Andreas Pinkwart kurz vor der Landtagswahl beschäftigen dürfte. Andererseits darf man auch dem Koalitionspartner nicht zu lautstark widersprechen.

Im Moment scheint sich die Parteispitze jedoch eher auf eine Anti-Unions-Linie eingespielt zu haben. Beim Parteitag in Köln sagte Pinkwart, wer Griechenland Milliarden an Hilfen in Aussicht stelle und Bürgern und Betrieben in Deutschland sage, dass für sie kein Geld da sei, "der schlägt den Menschen ins Gesicht".

Auch Pinkwarts Parteikollegen schicken Giftpfeile in die Richtung der Union. "Es war falsch, den Honigtopf von Anfang an in die Mitte des Tischs zu stellen. Das war das Signal an die Griechen, dass sie nur zugreifen müssen", sagte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms der Passauer Neuen Presse. Es wäre richtig gewesen, kein Hilfsangebot zu machen und Griechenland nur an den Internationalen Währungsfonds zu verweisen. "Hier hat Herr Schäuble einen Fehler gemacht", sagte Solms.

Immerhin - Finanzhilfen für Griechenland schließen auch die Liberalen nicht grundsätzlich aus. Jedoch dürfe die Entscheidung "nicht überstürzt werden", sagte Solms. "Wir werden nicht jede Lösung akzeptieren." Das habe die FDP auf ihrem Parteitag deutlich gemacht. "Wir wollen keinen Automatismus für Hilfen innerhalb Europas, keinen Europäischen Währungsfonds."

SPD

Deutschland kann sich dem Hilfsgesuch Griechenlands nicht verweigern, das hat auch die SPD akzeptiert. "Wir werden uns nicht verweigern", sagte die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Petra Merkel im ARD- Morgenmagazin. Die SPD-Politikerin forderte daher eine schnelle Gesetzesvorlage. Dies erleichtere es, "auch in der Öffentlichkeit transparent zu machen, welches die Alternativen sind". Merkel sprach sich auch gegen einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone aus. "Ich glaube, dass das keine Lösung ist, denn in diesem Moment wird der Euro sehr viel instabiler", sagte sie.

Für Parteichef Sigmar Gabriel ist es wichtig, dass auch die Banken ihren Teil zur Sanierung Athens beitragen. "Die haben dort gezockt. Sie wussten, dass Griechenland in Schwierigkeiten ist. Sie wetten jetzt an den Börsen schon wieder gegen den Euro." Für die SPD sei es deshalb unerlässlich, den Finanzinstituten einen Beitrag abzuverlangen: "Ohne diese Beteiligung schon wieder den Steuerzahler für das Zocken der Banken aufkommen zu lassen, das wollen wir nicht zulassen."

Grüne

Schnelle Hilfe ja, aber nicht ohne eine öffentliche Debatte: Die Grünen wollen auf jeden Fall verhindern, dass die Unterstützungsmaßnahmen für Griechenland in irgendwelchen Hinterzimmern ausgekungelt werden. Ebenso wichtig ist der Partei, dass die Politik die Lasten nicht alleine schultert. "Es ist klar, dass private Gläubiger daran beteiligt werden müssen", sagte Fraktionschefin Renate Künast.

Einen Austritt Athens aus der Europäischen Währungsunion mag man sich bei den Grünen nicht vorstellen. Die Anregung des CSU-Landesgruppenchefs Hans-Peter Friedrich sei "völlig gaga", sagte der zweite Fraktionschef Jürgen Trittin.

Linkspartei

Wie die Hilfe für Griechenland genau ablaufen soll, will auch die Linkspartei wissen. "Wir erwarten, dass die Karten auf den Tisch gelegt werden", forderte die Fraktionschefin Gesine Lötzsch. Auch die Linkspartei möchte die Banken mit in die Verantwortung nehmen. Sonst werde die Last auf den Steuerzahler abgewälzt - "und das können wir nicht hinnehmen".

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/dpa/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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