Hilfe für Hypo Real Estate:"Das ist eine Sauerei"

Rettung für die Bank aus dem Steuerparadies: Erst flüchtete die Tochterfirma der Hypo Real Estate vor dem Fiskus, jetzt muss der Staat einspringen.

Thomas Öchsner und Andreas Oldag

Es ist eine feine Adresse in Dublin. Die Firmenzentrale der HRE-Tochter Depfa präsentiert sich mit viel Glas und in modern-kühlem Beton. Seit Juni 2002 hat die Depfa ihren Sitz in der irischen Hauptstadt.

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(Foto: Foto: Reuters)

Zuvor residierte die Bank, die auf die Finanzierung von öffentlichen Infrastrukturprojekten wie Krankenhäusern, Schulen oder Straßen spezialisiert ist, in Wiesbaden. Der Umzug nach Dublin - das gab das Management öffentlich zu - erfolgte auch aus steuerlichen Gründen. Irland gilt als Steuerparadies für Unternehmen. Firmen müssen dort ihre Gewinne mit einem Satz von 12,5 Prozent versteuern. Dies ist im Vergleich zu anderen EU-Staaten ein extrem niedriger Wert.

Nun ist die Depfa aber in eine finanzielle Schieflage geraten, aus der ihr der Mutterkonzern HRE nicht heraushelfen konnte. Im schlimmsten Fall muss deshalb der Steuerzahler dafür geradestehen: Das Hilfspaket der Bundesregierung sieht vor, dass der Bund mit einer Bürgschaft von bis zu 26,5 Milliarden Euro einspringt, sollte der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate trotz der Finanzhilfe von insgesamt 35 Milliarden Euro pleitegehen.

"Steuerlicher Handlungsbedarf"

Für den Rest in Höhe von 8,5 Milliarden Euro haften private Banken. Christine Scheel, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, bezeichnete dies als "skandalös. Ich finde, das ist eine Sauerei", sagte sie am Dienstag der Süddeutschen Zeitung.

Der Fall Depfa zeige, dass es innerhalb der EU einen "steuerlichen Handlungsbedarf" gebe. "Es muss auf EU-Ebene vernünftige Besteuerungsgrundlagen mit Mindeststeuersätzen für Unternehmen geben, damit es keine Verlagerung aus steuerlichen Gründen gibt", sagte Scheel, die Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages ist.

Die Depfa habe den Notfall ausgelöst, deshalb müssten jetzt auch die privaten Banken maximal an dem Rettungspaket beteiligt werden. "Das sehe ich im Moment aber überhaupt nicht", sagte Scheel.

Ähnlich kritisch äußerte sich Dieter Ondracek, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft: "Die Depfa hat in guten Zeiten die Gewinne privatisiert beziehungsweise zum Großteil dem Fiskus entzogen, in den schlechten Zeiten soll aber der Steuerzahler einspringen."

Dies zeige, dass mit dem Steuersystem etwas nicht stimme. Reiner Holzapfel, Bundesgeschäftsführer des Bundes der Steuerzahler, forderte ebenfalls einen stärkeren Beitrag der privaten Banken an der Rettungsaktion für die HRE. Wenn sich der Staat schon einmische, dann müsse er die Banken stärker an den Lasten beteiligen und auch die Rahmenbedingungen mitbestimmen. "Es darf zum Beispiel keine Bürgschaft für hohe Abfindungen von Vorständen geben", sagte Holzapfel.

Die Depfa ist in Dublin kein Einzelfall. In der irischen Hauptstadt haben sich mehr als 1000 ausländische Finanzdienstleister mit etwa 25 000 Mitarbeitern angesiedelt. Von den 50 größten Banken der Welt sind 25 in der Stadt ansässig. Die Stadt gilt auch als Hochburg für risikoreiche Geschäfte.

Vor allem in den Dublin Docklands, im internationalen Finanzdienstleistungszentrum, haben sich Dutzende von Finanzfirmen angesiedelt. Darunter sind sogenannte Investment-Vehikel und Zweckgesellschaften von großen Kreditinstituten, die auf diese Art risikoreiche Geschäfte aus ihren Bilanzen auslagern.

"Die Aufsichtsbehörden sind lasch"

Auch die Töchter deutscher Landesbanken nutzen das Steuerparadies Dublin für fragwürdige Geschäfte. So hatte die inzwischen an die Landesbank Baden-Württemberg verkaufte SachsenLB ein Niederlassung in Dublin. Die Firma war in verlustreiche Geschäfte mit Immobilien-Papieren verwickelt.

Die Depfa hatte in großem Stil langfristige Kredite mit solchen finanziert, die nur wenige Wochen laufen. Das geht so lange gut, wie andere Banken ausreichend Geld dafür zur Verfügung stellen. Wegen der Finanzkrise sind die Banken aber kaum noch bereit, anderen Geldhäusern Geld zu leihen - das Finanzierungssystem der Depfa brach deshalb zusammen. Da aber eine Pleite des Mutterkonzerns HRE das gesamte Finanzmarktsystem in Deutschland bedroht hätte, rangen sich die Bundesregierung und die Banken zu der Rettungsaktion durch.

Die irische Regierung hatte jahrelang um Investoren wie die Depfa gebuhlt. "Die Aufsichtsbehörden sind lasch. Viele Finanzfirmen, die in Dublin registriert sind, hätten in Frankfurt oder London keine Chance", meint ein Manager einer britischen Großbank. "Wir brauchen dringend eine europäische Aufsicht, die Selbstkontrolle der Banken funktioniert nicht", sagte Scheel. Wie es in Dublin heißt, wird in der Regierung nun über eine schärfere Kontrolle der Finanzindustrie nachgedacht. Doch die Bankenlobby wehrt sich gegen strengere Auflagen.

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