Süddeutsche Zeitung

Heuschrecke über Obamas Steuerpläne:"Wie Hitlers Angriff auf Polen"

Als Chef des Finanzinvestors Blackstone ist Stephen Schwarzman zu zweifelhaftem Ruf gelangt. Jetzt hat sich das "Ekel von der Wall Street" wieder im Ton vergriffen. Adressat der Entgleisung: Präsident Obama.

Er ist die Inkarnation des bösen Kapitalisten: Stephen Schwarzman steht für so ziemlich alles, was im Zuge der Finanzkrise in Verruf geraten ist: Gier, Prunksucht und erbarmungslosen Wettbewerb. Mit seiner Firma Blackstone begründete er das Geschäftsmodell der Beteiligungsfirmen (Private Equity), jene Branche, die vom früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering als Heuschrecken gebrandmarkt wurde.

Blackstone brachte ihm aber auch sagenhaften Reichtum - mit einem geschätzten Vermögen von 4,7 Milliarden Dollar rangiert er auf der aktuellen Forbes-Liste der reichsten Amerikaner auf Rang 50. Sein Vermögen genoss der 63-Jährige immer in vollen Zügen - so logiert er etwa in einem 35-Zimmer-Apartment in New Yorks Park Avenue, weitere Bleiben hat er in den Hamptons, in St. Tropez und auf Jamaika.

Der einstige "König der Wall Street" (New York Times), der einem Bericht des Wall Street Journal zufolge im Jahr 2008 über seine martialische Ausdrucksweise zum "Ekel der Wall Street" abstieg, hat schon viel einstecken müssen. Doch er kann auch austeilen, und das bekam nun niemand Geringeres als US-Präsident Barack Obama zu spüren.

"Es ist ein Krieg"

Bei einer Sitzung mit Aufsichtsräten einer Non-Profit-Organisation habe sich Schwarzman nun erneut eine verbale Entgleisung geleistet, schreibt das US-Nachrichtenmagazin Newsweek: "Es ist ein Krieg", habe er über seine Auseinandersetzung mit der Regierung über Steuererhöhungen für Beteiligungsfirmen gesagt. Und: "Es ist wie damals, als Hitler 1939 Polen überfiel."

Sitzungsteilnehmer, die anonym bleiben wollten, seien geschockt gewesen, so Newsweek. "Krieg? Hitler? Polen? Das ist als Beschreibung wohl ein bisschen übertrieben für ein Vorhaben, das Hedge-Fonds-Manager etwas fairer besteuern soll", habe ein Anwesender gesagt. Später hätten sich weder Blackstone noch das Weiße Haus zu den Auslassungen Schwarzmans äußern wollen.

Schwarzmans Groll hat seine Wurzel in einem Versprechen Obamas im Präsidentschaftswahlkampf 2008. Der damalige Kandidat der Demokraten hatte angekündigt, er werde die Entlohnung von Managern in der Private-Equity-Branche nicht mehr wie bisher der Kapitalertragsteuer (15 Prozent) sondern der regulären Einkommensteuer (30 Prozent) unterwerfen.

Die Demokraten argumentieren bis heute, dass es wohl nicht angehe, das Einkommen eines Milliardärs wie Schwarzman niedriger zu besteuern als das Gehalt seines Chauffeurs oder seiner Sekretärin. Auch steuersystematisch sei die Kapitalertragsteuer für Private-Equity-Manager nicht anwendbar. Denn die Provisionen, die diese verdienten (20 Prozent des Gewinns für den Kunden) seien im eigentlichen Sinne kein Kapitalertrag. Schließlich besäßen die Manager der Finanzinvestoren die Aktien des betreuten Unternehmens nicht persönlich.

Der eine vom Mars, der andere von der Venus

So stichhaltig diese Argumentation eigentlich ist, so wenig durchschlagskräftig war sie bislang im politischen Prozess. Denn der Kongress wollte auch den Verkauf von Sozietäten und Personengesellschaften der regulären Einkommensteuer unterwerfen, um so Steuervermeidungsmöglichkeiten zu begrenzen. Dies provozierte allerdings den Widerstand von Immobilienmaklern und vielen anderen Geschäftsinhabern fernab der Beteiligungsbranche und bremste so das Vorhaben.

Zudem ist Schwarzman über die agressive Rhetorik Obamas gegenüber der Finanzbranche erbost ("Bonzen-Banker"). Der Milliardär kreidet es dem Präsidenten darüber hinaus an, dass er keinen früheren Unternehmenschef in sein Kabinett oder in seinen inneren Zirkel berufen hat. "Steve denkt, dass dem Präsident die Intuition für die Bedeutung der Kapitalmärkte fehlt", sagte ein Bekannter Schwarzmans der Newsweek. "In der Hinsicht ist Obama vom Mars und Steve von der Venus."

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