Heizkosten-Urteil des BGH:Warum das Heizen jetzt gerechter wird

Mieter müssen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs nur noch den Betrag bezahlen, für den sie tatsächlich heizen. Pauschale Abrechnungen gelten als unzulässig. Für das Portemonnaie bedeutet dies in den meisten Fällen keine Verbilligung, aber mehr Gerechtigkeit. Positiv könnte sich die Entscheidung außerdem aus ökologischer Sicht auswirken.

Wolfgang Janisch

Das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter ist ein äußerst beliebtes juristisches Terrain, was sicher auch daran liegt, dass der Mieter nun mal des rechtlichen Schutzes bedarf. Andererseits wird aber die Vielzahl der Paragraphen, die ihn inzwischen wie ein Schutzwall umgeben, ihren Teil dazu beitragen, dass die Streitlust überhaupt erst zum Leben erweckt wird.

Heizkosten-Urteil des BGH

Heizkostenabrechnungen werden durch das Urteil des BGH in den meisten Fällen nicht billiger, aber gerechter.

(Foto: dapd)

Besonders erbittert wird dabei um vergleichsweise kleine Beträge gekämpft, um die Nebenkosten: Wie wird der Wasserverbrauch umgelegt? Warum soll der Erdgeschossbewohner für die Treppenhausbeleuchtung bis unters Dach zahlen? Ist der Hausmeister zu teuer veranschlagt?

Deshalb werden Mieter und Vermieter das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu den Heizkosten intensiv auf seine Auswirkungen fürs eigene Portemonnaie prüfen. Um es vorweg zu sagen: Das Urteil sorgt für mehr Gerechtigkeit bei der Heizkostenabrechnung - billiger wird es für den Mieter in der Regel aber nicht.

Der achte Zivilsenat des Karlsruher Gerichts, zuständig fürs Mietrecht, hatte darüber zu entscheiden, ob der Vermieter die Heizkosten nach dem sogenannten Abflussprinzip abrechnen darf. Danach legt der Vermieter seine eigenen Kosten auf den Mieter um - also das, was er selbst an Vorauszahlungen an den Energieversorger zu leisten hat.

So war es im konkreten Fall: Eine Mieterin aus Kelkheim im Taunus hatte eine pauschale Nachzahlung verweigert, weil der Vermieter die Heizkosten in dem teilweise leerstehenden Haus einseitig auf sie abgewälzt habe. Denn er habe sich nicht am Verbrauch orientiert, sondern das zugrunde gelegt, was er selbst an das Versorgungsunternehmen überwiesen habe. Der BGH bezeichnete das als rechtswidrig wegen Verstoßes gegen die Heizkostenverordnung. Denn abgerechnet werden dürfe nur nach dem "Leistungsprinzip", sprich: nach dem tatsächlichen Verbrauch. (Az: VIII ZR 156/11)

Echte finanzielle Auswirkungen nur in Einzelfällen

Der Unterschied zwischen den beiden Abrechnungsmodi ist wohl nicht in Euro und Cent zu messen, jedenfalls auf lange Sicht. "Im Laufe eines Mieterlebens gleicht sich das aus", sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes. Trotzdem ist die Abrechnung nach Verbrauch gerechter. Denn eine Abrechnung anhand der Vorauszahlungen, die der Vermieter zu leisten hat, hinkt sozusagen um ein Jahr hinterher: Der Energieversorger setzt beispielsweise die Abschlagsbeträge für 2011 auf der Basis des Jahres 2010 fest; beim Mieter kommt mit der Abrechnung Anfang 2012 damit nur das Jahr 2010 an - etwaige Vergütungen für 2011 müssten dagegen im Jahr darauf verrechnet werden.

Legt man dagegen den Verbrauch der soeben abgeschlossenen Abrechnungsperiode zugrunde, muss der Mieter die Kosten für das zahlen, was er im Vorjahr an Energie verbraucht hat. Folge: Wenn er das Jahr über sparsam geheizt hat oder der Winter mild war, macht sich das unmittelbar in der nächsten Jahresabrechnung bemerkbar. Das ist ein deutlich höherer Anreiz zum Energiesparen als die zeitlich verzögerte Umlage.

Eine Konsequenz des Urteils dürfte nach Einschätzung von Ropertz sein, dass die Vermieter den Turnus ihrer Jahresabrechnungen demjenigen der Energieversorger anpassen, um eine solide Basis für die Umlage auf den Mieter zu haben. Weil die Versorger ihre Abrechnungen häufig am Ende der Heizperiode rausschicken, könnte sich die Heizkostenrechnung für den Mieter damit auf März oder April verschieben.

Echte finanzielle Auswirkungen dürfte der Richterspruch nach der Einschätzung von Ropertz nur dann haben, wenn ein Mieter auszieht: Nach dem "Abflussprinzip" ginge ihm dann - wegen der zeitverzögerten Abrechnung - womöglich eine Vergütung aus dem Vorjahr verloren. Womit das Urteil, neben dem ökologischen Aspekt, einer weiteren Erscheinung der modernen Gesellschaft Rechnung trägt: dem mobilen Menschen.

Wie viele Vermieter nach dem Abflussprinzip abrechnen, dazu hat der Mieterbund keine Zahlen. Dieser Modus sei "nicht unüblich" bei größeren Vermietern sowie dort, wo mit Gas oder Fernwärme geheizt werde. Den zusätzlichen Rechenaufwand für die betroffenen Vermieter hält Ropertz für vertretbar. "Ich denke, es dürfte kein großes Problem sein." Der Eigentümerverband Haus & Grund dagegen spricht von einer "komplexen Angelegenheit" und rät Vermietern, professionelle Hilfe einzuholen.

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