Heizen:Einfach warm

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Wer seine Heizung mietet, statt sie zu kaufen, muss sich nicht um die Wartung kümmern. Auch die Kosten für die Anschaffung entfallen. Doch nicht immer lohnt sich das.

Von Ralph Diermann

Ein Auto kaufen? Ist für viele Städter heute total out - wer ein Fahrzeug braucht, mietet sich einfach eins bei einem Carsharing-Anbieter. Das ist bequem, weil man sich dann nicht um solch lästige Dinge wie Wartung und Reparaturen, die Reinigung oder das Aufziehen der Winterreifen kümmern muss. Außerdem spart man sich so das Geld für den Autokauf. Nutzen statt besitzen: Dieses Prinzip gewinnt auch in anderen Bereichen mehr und mehr Anhänger. Filme und Serien zum Beispiel werden immer öfter gestreamt statt gekauft, ebenso Musik oder Hörbücher. Und sogar im Heizungskeller hat das Konzept mittlerweile Einzug gehalten. Seit einigen Jahren bieten Energieversorger wie Eon, Gasag oder Entega und spezialisierte Dienstleister wie Kesselheld oder Thermondo Hausbesitzern an, Heizungen zu mieten, statt zu kaufen. "Contracting" nennt die Branche dieses Modell.

Manche Unternehmen haben nur Gasheizungen im Programm, andere auch Ölkessel oder Solarthermie-Kollektoren. Die Anbieter planen die Anlage, finanzieren und installieren sie und übernehmen die Wartung sowie etwaige Reparaturen. Bei Installation und Service arbeiten sie meist mit lokalen Handwerkern zusammen. Dafür zahlen die Kunden monatlich einen fixen Betrag, der die Anlage- und Servicekosten abdeckt. Die Kosten für den Brennstoff - die Versorger koppeln ihr Contracting-Angebot meist mit einem obligatorischen Gas-Liefervertrag - kommen noch obendrauf.

Läuft der Vertrag aus, können Mieter die Heizung zum Restwert übernehmen

Die Verträge laufen meist über zehn bis fünfzehn Jahre. Nach Ablauf dieser Frist können die Kunden den Heizkessel zum dann sehr geringen Restwert übernehmen. Wollen sie das nicht, baut der Dienstleister die Anlage kostenlos ab oder macht ihnen ein Angebot zur Verlängerung des Vertrags.

Philipp Pausder, Geschäftsführer des Berliner Anbieters Thermondo, berichtet, dass sich die meisten ihrer Mietkunden aus Komfortgründen für das Modell entscheiden. "Das ist für sie auch deshalb attraktiv, weil sie das Risiko beim Heizungsbetrieb nicht mehr selbst tragen müssen", erklärt er. Im Winterhalbjahr gewinnt das Unternehmen laut Pausder viele Kunden, deren Heizung plötzlich kaputt geht, die aber gerade nicht liquide genug sind für den Kauf einer neuen Anlage. Zudem stehen Vermieter von kleinen Mehrparteienhäusern auf der Kundenliste. "Abhängig vom jeweiligen Mietvertrag ist es möglich, die Servicepauschale ganz oder teilweise auf die Mieter umzulegen", sagt Pausder. Auch die Mieter profitierten häufig von dem Modell, sagt der Thermondo-Chef, da sie mit einer neuen Heizung weniger Energie benötigten. "Ihre Kaltmiete steigt dann zwar, die Warmmiete sinkt jedoch", sagt Pausder. Etwa 2000 Contracting-Kunden hat das Unternehmen derzeit.

Für Corinna Kodim, beim Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland für die Bereiche Energie, Umwelt und Technik verantwortlich, hat das Modell durchaus Charme. "Es ist verlockend, nicht gleich auf einen Schlag mehrere Tausend Euro für eine neue Heizung ausgeben zu müssen. Eigentümer stecken das Geld lieber in eine Badrenovierung oder in eine neue Küche", erklärt sie. Dazu komme der Komfortgewinn.

Allerdings hat all dies seinen Preis. Wie hoch der ist, hängt von der gewählten Anlage, den Leistungen, der Immobilie und dem Standort ab. Laut Musterrechnungen einiger Anbieter sind allein für die Serviceleistungen häufig 500 Euro und mehr im Jahr fällig. Kauft ein Hausbesitzer dagegen eine Heizung bei einem lokalen Handwerker, bezahlt er für die Wartung meist nicht einmal die Hälfte - er muss dann allerdings das Risiko etwaiger Reparaturen selbst tragen.

"Wer selbst investiert, fährt in der Regel deutlich günstiger", ist Kodim überzeugt. Doch nicht jeder Hausbesitzer hat Zeit, Lust oder das Geld, den Einbau einer neuen Heizung selbst in die Hand zu nehmen - auch wenn der Kessel schon viele Jahre in Betrieb ist. Und das sind nicht wenige: Laut Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind 41 Prozent aller Anlagen in kleinen Wohnimmobilien älter als zwanzig Jahre. Sie verbrauchen mindestens zwanzig bis dreißig Prozent mehr Brennstoff als moderne Geräte. Für Eigentümer solcher Uraltheizungen sind Mietmodelle nach Meinung von Kodim auf jeden Fall interessant. "Je älter der Kessel, desto eher lohnt sich das Contracting", erklärt die Expertin.

Allerdings gibt es durchaus Unterschiede bei den Leistungen der Anbieter. Bei manchen sind zum Beispiel die Arbeiten des Schornsteinfegers enthalten, bei anderen nicht. Bei größeren Heizungsanlagen schließt die Miete mitunter auch eine Fernüberwachung der Technik ein, für die andere Unternehmen wiederum eine Extragebühr berechnen. "Man sollte deshalb den Leistungsumfang genau prüfen, bevor man sich für ein Angebot entscheidet", empfiehlt Dominic Hornung, Contracting-Experte der Energieagentur Nordrhein-Westfalen.

Die Heizungsmiete richtet sich vor allem an die Eigentümer von Einfamilienhäusern und kleinen Mehrfamilienhäusern. Für größere Objekte bietet die Branche ein anderes Modell an: das Wärmeliefer-Contracting. Die Kunden bezahlen hier für die Wärme, die sie aus der Heizung beziehen. Dazu kommt ein Grundpreis für die Heizungsanlage. Die Anbieter argumentieren, dass sie niedrige Preise für die Wärme bieten können, weil sie Brennstoffe und Heiztechnik in großen Mengen einkaufen und zudem modernste Anlagen installieren - schließlich haben sie ein Interesse daran, die bereitgestellte Wärme möglichst effizient zu erzeugen. Das diene zugleich dem Klimaschutz. "Für die Anbieter ist das Wärmeliefer-Contracting ab etwa zehn Wohneinheiten pro Immobilie interessant und gängig", erläutert Hornung. Bei kleineren Objekten ist der Aufwand dagegen zu groß. Doch es gibt Ausnahmen: Hornung verweist darauf, dass einige Stadtwerke, etwa die in Düsseldorf, Bonn oder Wuppertal, das Modell auch für Ein- und Zweifamilienhäuser anbieten.

Heute werden vor allem Bürogebäude und öffentliche Bauten per Wärmeliefer-Contracting mit Heizenergie versorgt. Bei großen, vermieteten Wohnimmobilien halten sich private Eigentümer dagegen bisher oft noch zurück. Ein Grund dafür könnte in der Wärmelieferverordnung liegen. Sie verlangt, dass Mieter finanziell nicht schlechter dastehen dürfen, wenn die Versorgung umgestellt wird. "Würden nicht begründbare Mehrkosten entstehen, dürfte der Vermieter diese nicht auf die Mieter umlegen", erklärt Haus-&-Grund-Expertin Kodim. Sie rät Eigentümern dazu, sich vom Anbieter des Wärmeliefer-Contractings garantieren zu lassen, dass die Wärmekosten für die Mieter nicht steigen werden. Eine Zustimmung der Mieter zur Umstellung ist meist nicht erforderlich, sofern sie ihre Mietverträge nach 1989 abgeschlossen haben. Denn dann enthalten die Verträge in der Regel Formulierungen, die ein Contracting auch ohne Plazet der Mieter erlauben.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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