Hausverwalter:Einer für alle

Sonnenterrassen am Plattenbau

Hausverwalter müssen die Wünsche vieler Bewohner unter einen Hut bringen. Die Anforderungen sind hoch, die Hürden zum Beruf sehr niedrig.

(Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Sie kümmern sich um die Finanzen, leiten Versammlungen und organisieren Baumaßnahmen: Die Aufgaben von Hausverwaltern sind komplex. Eine Qualifikation braucht man aber nicht - dies soll sich ändern.

Von Simone Gröneweg

Käufer haben im vergangenen Jahr etwa 190 Milliarden Euro für Häuser und Grundstücke in Deutschland ausgegeben. Dazu gehören Selbstnutzer ebenso wie Investoren. Manche Anleger wollen ihr Erspartes anlegen und die niedrigen Zinsen nutzen, deswegen kaufen sie Immobilien. "Viele suchen in Städten und Ballungszentren", erklärt Gabriele Heinrich vom Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum. Die Zahl der Wohnungskäufer wächst darum. Die neuen Immobilieneigentümer gehen allerdings Kompromisse ein. "Mein Heim gehört mir, das gilt für die Eigentumswohnung nur in Grenzen", sagt Heinrich. Wenn es um die Farbe der Außenfassade, den Bodenbelag in den Hausfluren oder die zentrale Heizungsanlage geht, bestimmen die anderen Wohnungseigentümer mit, denn gemeinsam bilden sie eine sogenannte Wohnungseigentümer-Gemeinschaft - auch WEG genannt.

Zusammen entscheidet man über Gestaltung, Sanierung oder Erneuerung des gemeinschaftlichen Eigentums. Mitunter müssen die Interessen und Belange Hunderter Eigentümer in einer Anlage berücksichtigt und gemanagt werden. Die Statistischen Ämter sammelten 2011 Daten zum Wohnungsbestand und kamen auf mehr als 1,8 Millionen Eigentümergemeinschaften mit mehr als neun Millionen Eigentumswohnungen. Zum Vergleich: Die etwa 2000 Wohnungsgenossenschaften verfügen über ungefähr 2,2 Millionen Wohnungen. Eine größere WEG müsse ein Profi verwalten, der Aufwand sei für die Eigentümer selbst zu groß, sagt Heinrich. "Wir kommen zum Beispiel bei einem 94-Parteien-Haus auf einen Umsatz von mehr als 300 000 Euro in der Jahresabrechnung", erklärt Steffen Haase, Verwalter und Vorsitzender des Verbandes der Immobilienverwalter Bayern. Die Zahlen machen deutlich: Es geht um viel Geld. Zum Leidwesen der Branche und der Eigentümer existieren bislang keine gesetzlichen Mindestanforderungen für eine Tätigkeit als Immobilien- und Hausverwalter.

Wer als Verwalter arbeiten will, muss derzeit lediglich ein Gewerbe anmelden

"Viele Unternehmen und Eigentümergemeinschaften suchen fähige Verwalter", sagt Personalberaterin Julia Heinrich von der Goldfisch Recruiting GmbH. Gefragt seien vor allem Immobilienkaufleute sowie Kaufleute der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. "Besonders junge Berufsanfänger fühlen sich jedoch nicht gut genug vorbereitet für eine solche Tätigkeit", ergänzt die Personalberaterin. Schon die Vorstellung, eine Eigentümerversammlung zu leiten, schrecke einige ab. Manche Architekten und Techniker eignen sich die notwendigen juristischen und kaufmännischen Kenntnisse an, genauso wie einige Juristen und Kaufleute das erforderliche technische Wissen erwerben. Konkrete Mindestanforderungen existieren aber nicht. "Es besteht lediglich die Pflicht zur Gewerbeanzeige und das kriegt eigentlich jeder hin", sagt Steffen Haase.

Branchenvertreter und Verbraucherschützer fordern, dass die Politik den Zugang zum Verwalterjob reguliert. Ein Eckpunktepapier hat das Bundeswirtschaftsministerium nach eigenen Angaben den Verbänden bereits zur Abstimmung vorgelegt. Ähnlich wie bei den Maklern sollen Verwalter künftig vor der örtlichen Industrie- und Handelskammer eine Prüfung ablegen, um die erforderlichen Grundkenntnisse nachzuweisen. Gabriele Heinrich möchte sogar, dass dies nicht nur für Berufsanfänger, sondern mit einer fünfjährigen Übergangsfrist ebenso für langjährige Verwalter gilt.

Die niedrige Einstiegshürde entwickelt sich nämlich zu einem Problem. Die Anforderungen an die Verwalter wurden und werden sukzessive hochgeschraubt. Ob Trinkwasserverordnung, neue Abrechnungsvorschriften oder die Dokumentationen für den Mindestlohn - die Aufgaben sind gewachsen, und somit wächst die Gefahr, dass Verwalter Fehler machen. "Manche betreuen mehrere Millionen Euro an Fremdvermögen", sagt Haase. Dazu gehören etwa die Mietkonten der Eigentümer, Hausgelder für kurzfristige Instandhaltungen sowie Sonderumlagen für Sanierungsprojekte und Instandhaltungsrücklagen. Bislang besteht auch keine spezielle Versicherungspflicht für Verwalter. Branchenvertreter und Verbraucherschützer wollen jedoch, dass die Eigentümer ausreichend gegen Fehler der Verwaltung abgesichert sind, und zwar sowohl bei Vermögensschäden als auch bei Personen- und Sachschäden. Deshalb verlangen sie verbindliche Vermögensschaden- und Betriebshaftpflichtversicherungen.

Hinzu kommt natürlich noch die Verantwortung für das Immobilienvermögen selbst. Dazu gehört die Instandhaltung des Gebäudes und der Haustechnik. Stellt sich der Verantwortliche als überfordert heraus, führt das im Extremfall zu heruntergewirtschafteten Gebäuden und finanziellen Verlusten für die Eigentümer. Bei einer Befragung des Dachverbandes Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) und der Förderbank KfW stuften fast zwei Drittel der Verwalter eine energetische Sanierung als zu komplex ein. Fast die Hälfte der Befragten attestierte sich selbst in diesem Zusammenhang ein fehlendes Fachwissen. "Eine wichtige Voraussetzung der Energiewende sind aber qualifizierte Immobilienverwaltungen", warnt Martin Kaßler, Geschäftsführer des DDIV.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Verwalters gehört die korrekte Jahresabrechnung. Daraus muss unter anderem hervorgehen, wie viel Geld der Eigentümergemeinschaft als Rücklage für Instandhaltungen zur Verfügung steht. "Es gibt auch Fälle von Abrechnungen, in denen die Rücklagen falsch oder nebulös ausgewiesen werden", erzählt Verbraucherschützerin Gabriele Heinrich. Die Eigentümer seien fassungslos, wenn sie irgendwann merkten, dass auf ihren gemeinsamen Konten nicht ausreichend Mittel vorhanden seien für anstehende Sanierungen oder Modernisierungen und sie Geld nachzahlen müssten. Was besonders bitter ist, wenn sie eine Immobilie gekauft haben, um fürs Alter vorzusorgen und ihre kompletten Ersparnisse dort investiert haben. In der Annahme, eine Immobilie sei eine sichere Anlage.

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