Hausbau:Friesen und Bayern

Stadt, Land, Bund: In Deutschland gibt es jede Menge Regelungen für Bauprojekte. Das geht von Vorschriften zu Abstandsflächen über Geschosszahlen bis hin zur Farbe der Dachziegeln. Was heißt das für die Architektur?

Von Simone A. Mayer/dpa

Bauherren haben es manchmal nicht leicht. Sie planen ihr Traumhaus, und dann sagt die Gemeinde dazu Nein. Denn in vielen Städten und Gemeinden gibt es strenge Regelungen, wie ein Wohnhaus aussehen darf. "An oberster Stelle, auf Bundesebene, steht das Baugesetzbuch", erklärt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. "Es regelt detailliert, wie ein Bebauungsplan von den Kommunen zu erstellen ist und was dieser zu leisten hat." Dazu gehört, dass es in der Umgebung ausreichend Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Ärzte gibt.

Jedes Bundesland kann wiederum Details in den Landesbauordnungen festschreiben. "Darin können etwa Abstandsflächen angeordnet oder Vorgaben zum Brandschutz gemacht werden", sagt Reinhold-Postina. Der eigentliche Bebauungsplan obliegt den Kommunen. Hier geht es schon um die Details, zum Beispiel um die maximale Geschosszahl. Gibt es keinen Bebauungsplan, gilt Paragraf 34 des Baugesetzbuches. Dieser sieht vor, dass sich der Neubau an die Umgebung anpassen soll.

Viele Gemeinden planen inzwischen strenger, um ihr Ortsbild zu erhalten. So kommt es, dass Kommunen über Bebauungspläne hinaus Regelungen treffen, etwa per Baumschutzsatzung, erklärt Manfred Jost vom Verband Wohneigentum in Bonn. Darin steht, ob ein Baum auf einem bestimmten Grundstück gefällt werden darf. Immer häufiger werden auch Gestaltungssatzungen mit recht kleinteiligen Anforderungen aufgesetzt. "Darin kann etwa die Farbe der Dachziegeln bestimmt werden oder die Grundstückseinfriedung. Sogar die Verwendung bestimmter Materialien kann auferlegt werden", sagt Jost. Damit reagieren die Kommunen laut Jost auf die zunehmende Kreativität von Bauherren und Baubranche: "Die Möglichkeiten der individuellen Haus- und Grundstücksgestaltung sind heute viel größer als noch vor zehn Jahren", sagt Jost. "Einige Kommunen stören sich an dem daraus resultierenden optischen Chaos in den Wohnsiedlungen und reagieren mit Vorschriften."

"Architektonische Harmonie erreichen wir nicht durch juristische Maßvorgaben."

Doch es gibt noch genug Schlupflöcher. "Gegenwärtig wird nicht selten exakt vorgeschrieben, wie der Dachwinkel zu sein hat, aber ein Friesenhaus darf neben einem oberbayerischen Landhaus stehen", erklärt Peter Burk vom Institut Bauen und Wohnen. Oder: "Dass manchmal etwa exakt auf vorgegebenen Baulinien zu bauen ist, hat zur Folge, dass Häuser wie Soldaten in Reih und Glied stehen. Optische Harmonie bringt das in ländlichen Gebieten aber nicht, und mit regionaler Siedlungskultur hat es auch nichts zu tun", findet Burk. Seiner Meinung nach könnte man auf manche Vorgaben zur Dachausrichtung verzichten oder diese lockern: "Natürlich muss der Brandschutz gewahrt werden, genauso Besonnung und Belichtung, aber Abstandsflächen bis auf den Zentimeter genau vorzuschreiben, macht keinen Sinn", erläutert Burk. "Auch Gebäudehöhen und -ausrichtungen könnten problemlos unterschiedlich sein, wenn die Gebäude stärker über ihre Bauweisen und Baumaterialien definiert würden. Bauherren hätten so mehr Freiheit, und das Siedlungsbild wäre gleichzeitig viel harmonischer."

Burk zu Gestaltungssatzungen: "Architektonische Harmonie erreichen wir durch eine ähnliche Materialsprache, nicht durch juristische Maßvorgaben." Wichtig sei aber, Bauherren Beispiele an die Hand zu geben, die ihnen zeigten, welche Fensterformen oder Fassadenmaterialien für die Region typisch seien. "Es geht nicht um falsche Heimattümelei oder jodelnde Architektur. Es geht um zeitgemäßes, regionales Bauen, deren Bedeutung vor allem dort erkannt wird, wo es existenziell ist: in Ferienregionen", betont Burk.

Jost hofft, dass Bürger in Zukunft häufiger mitdiskutieren können, wie ihr Dorf aussehen soll. "Die Einwohner sollten solche Entscheidungen mittragen. Alles andere wäre nicht zeitgemäß."

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