Haus zum Mitnehmen:Das molekulare Daheim

Ein Architekt in Buenos Aires erfindet ein Haus aus Aluminiumrohren - für unterwegs.

Matias Konstandt ist viel herumgekommen, aber geblieben ist er in Buenos Aires. "Ich liebe es, die Anden zu überqueren oder in der Wüste zu wandern", erzählt der 46-Jährige, "aber Zelte oder Wohnwagen mag ich nicht so gerne. Da ist es immer so eng. Immer, wenn ich an einem schönen Ort in der Natur war, habe ich mir ein kleines, schönes Haus gewünscht, um ein paar Monate zu bleiben."

Weil er so etwas nicht finden konnte, setzte sich der studierte Betriebswirtschaftler, der inzwischen als freier Architekt und Designer arbeitet, schließlich selbst ans Zeichenbrett. Das Resultat: "Molecule", eine verschraubte Struktur aus etwa 30 Zentimeter langen, dünnen Aluminiumstangen, die sich Konstandt inzwischen hat patentieren lassen.

Als erstes baute er sich damit vor rund acht Jahren ein Haus in einem Vorort von Buenos Aires: 300 Quadratmeter Wohnfläche auf zwei Stockwerken, umhüllt von rund 16.000 miteinander verschraubten Aluminiumstangen. Die meisten Außenwände sind mit Spanplatten und Styropor verkleidet und danach mit einer Mischung aus Zement und Kalk verputzt. Manche sind jedoch nur mit Glas verhüllt, so dass das geometrische Muster der Aluminiumstangen sichtbar bleibt und Licht durchscheinen kann.

"Ich finde das sehr ästhetisch", sagt Konstandt, "aber das kann natürlich jeder machen, wie er will. Die Stangen sind ja nur die Struktur - drumherum kann man Plastikplanen, Laminat, Zement, Glas oder Stoffbahnen hüllen - was immer man will." Bei Konstandt sind auch Bett, Küchentisch und sogar das Schwimmbad teilweise aus Aluminiumstangen konstruiert.

"Kinderleicht aufzubauen"

Die Stangen sind leicht - nur rund vier Kilogramm wiegt ein Quadratmeter bebaute Fläche von Konstandts Baustruktur. Andere Häuser können zwischen 150 und 200 Kilogramm pro Quadratmeter bebaute Fläche wiegen. "Außerdem ist es feuer- und erdbebensicher und wirklich kinderleicht aufzubauen, man braucht nur eine Art Schraubenzieher und überhaupt keine technischen Kenntnisse", zählt Konstandt die Vorteile seiner Erfindung auf.

Trotzdem: "Dieses Haus, in dem ich jetzt wohne, kann man natürlich noch nicht mitnehmen", muss der Erfinder zugeben, "auch wenn man es schneller und umweltschonender abbauen und woanders wieder aufbauen könnte, als viele andere Häuser. Aber ich wollte erstmal ein großes Haus bauen, um mit dem System zu experimentieren."

Die kleinere Version - das wirkliche Haus zum Mitnehmen - gibt es bislang nur auf dem Papier, aber bis zum Prototypen soll es nicht mehr lange dauern. "In einen Rucksack wird es vielleicht nicht passen, aber in ein kleines Auto sicher." Größer und stabiler als ein Zelt soll es werden, aber ähnlich schnell aufzubauen. Der Nachteil gegenüber dem Wohnwagen: Bad und Küche hat das Mitnehm-Haus nicht.

Alle waren still

In den argentinischen Medien gab es trotzdem schon für die große Version viel Lob. "Ein Haus, das man fast so schnell aufschlagen kann, wie ein Zelt - ein echter Schritt in Richtung Zukunft", schrieb die Zeitung La Nación, und das Fachblatt Diseño y Decoracíon (Design und Dekoration) urteilte: "futuristisch und funktional zugleich".

Seine Nachbarn seien nicht ganz so begeistert gewesen, erzählt Konstandt. "Sie haben mich immer sehr zweifelnd angeschaut, denn das Haus sieht ja nun wirklich sehr anders aus als alle anderen hier. Der Bürgermeister wollte mich auch überreden, es nicht grau zu lassen, sondern farbig zu streichen. Aber als dann die ersten Leute kamen und Fotos gemacht haben, waren sie alle still."

Auch unter Architekturstudenten und im Internet wird das Haus eifrig diskutiert. "Es ist sehr interessant", kommentiert beispielsweise Karina Manghi, argentinische Image-Beraterin mit eigenem Design-Blog, "aber wie um alles in der Welt macht man denn die vielen Röhren sauber?" Das sei der häufigste Kritikpunkt, gibt Konstandt zu, "aber glücklicherweise habe ich eine Putzfrau."

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