Hamburg:Ideen aus dem Schiffscontainer

Büro in Schiffscontainer

Für manche gewöhnungsbedürftig: Alte Schiffscontainer als Arbeitsplatz.

(Foto: oh)

Die Stadt lockt junge Unternehmer auf den Future City Campus, einen etwas anderen Bürokomplex.

Von Sabine Richter

Die Hafencity ist Hamburgs jüngster und schickster Büro-Stadtteil. Hier stehen Neubauten, deren Architektur international Aufsehen erregt hat. Doch hier gibt es auch eine kleine Enklave, die einen kompletten Gegenentwurf darstellt. Sie besteht aus gebrauchten Schiffscontainern. Der MLove Future City Campus ist ein etwas anderer Bürokomplex, gelegen an der Spitze des Baakenhöft, umgeben von Wasser.

Erdenker und Erbauer sind Harald Neidhardt und sein Team. Neidhardt arbeitete in IT-Firmen in New York und San Francisco. Dann stieg er aus und errichtete vor einem Jahr mit Zuspruch der Wirtschaftsbehörde den Future City Campus auf einer 3000 Quadratmeter großen, brachliegenden Fläche im Hamburger Hafengebiet, die er von der Stadt pachtete. Sein Ziel: bezahlbare Büroflächen, Konferenzräume oder Werkstätten für junge Unternehmen, die diese auch tageweise mieten können. Mittlerweile gibt es hier 35 Container. Sie haben Türen und Fenster, sind gedämmt, haben elektrische Anschlüsse und natürlich WiFi. Sie kosten ab 500 Euro monatlich und sind offen für kreative Gestaltung.

Mit einem normalen Miet-Büro auf Zeit oder den Coworking-spaces ist Neidhardts Angebot nur bedingt zu vergleichen. Hier geht es um mehr: "Wir wollen Räume schaffen, wo sich junge Unternehmer, Erfinder, Tüftler treffen, sich vernetzen und neue Ideen produzieren. Container stehen für Mobilität, auch im Kopf. Sie sind ein Symbol für Kreativität, auch in Verbindung mit dem Hafen und Hamburg", sagt Neidhardt.

Eines der Start-ups heißt Floatility und gehört Oliver Risse und Daniel Priem, die sich beim Studium der Umweltwirtschaft kennen gelernt haben. Sie haben einen intelligenten Roller mit elektrischem Motor entwickelt. Den sollen sich die Hamburger künftig an vielen Orten der Stadt leihen können. Werkstatt und Büro residieren in acht Containern, die sich die Gründer ausgebaut haben. Andreas Rieckhof, Staatsrat der Verkehrsbehörde, würdigte das Geschäftsmodell: "Hamburg ist auf dem Weg zur Innovationshauptstadt. Die Behörde unterstützt Start-ups wie Floatility, die in Hamburg die Zukunft mit guten Ideen und positiver Energie vorbereiten".

Floatility zeigt, wie Neidhardt und seine Mitstreiter ticken: "Innovationen kommen aus den Entwicklungsabteilungen der großen Unternehmen, genauso aber auch von genialen Tüftlern in Garagenfirmen". Und so wurden für die Entwicklung der Kommunikationssoftware der Elektroflitzer IBM und Cisco gewonnen, BASF ist als Partner für die Hardware dabei. Der Chemiekonzern unterstützt die Firma bei der Suche nach dem besten Kunststoff.

Und in den anderen Containern? Da sitzen Softwareentwickler, es gibt auch eine temporäre Galerie und ein Team, das Konzepte für die Trauma-Behandlung für Flüchtlinge entwickelt.

Regelmäßig gibt es auf dem Future City Campus kleine Festivals, auf denen junge Unternehmer Erfindungen und Ideen für die Smart Cities vorstellen - in allen Lebensbereichen, Wohnen und Kommunikation, Mobilität, Urban Farming und sogar Kunst und Musik. Es kommen auch immer mehr internationale Besucher. "Im letzten Jahr war die frühere US-Wirtschaftsministerin Penny Pritzker mit einer Delegation hier", sagt Neidhardt. "Wir wollen die Chancen für Start-ups im Blick behalten, sehen, wer gerade etwas Spannendes macht und wer dazu passen könnte. Dann versuchen wir, Agenturen, Unternehmen, Hochschulen, Behörden und Investoren dafür zu interessieren."

Dafür ist Harald Neidhardt auch weltweit unterwegs, zu den großen Festivals, wo die Start-up-Szene, Gründer, Tech-Journalisten und Investoren zusammentreffen. Dazu gehören Hamburger Konferenzen genauso wie das Festival Burning Man in Nevada, der Mobile World Congress (MWC) in Barcelona oder das South by Southwest (SXSW) Festival in Austin. Auch beim World Economic Forum in Davos war Neidhardt dabei. Und mit seinem Team organisiert er jährlich eine internationale Innovationskonferenz, das MLove Forum im Grand Hotel Heiligendamm.

Zu den Projekten, die er mitangestoßen und zusammen mit Partnern wie etwa Cisco realisiert hat, gehört auch das Refugee First Response Center. Hier geht es um Medizincontainer mit integrierten Video-Dolmetschersystemen, die - finanziert von der Dorit & Alexander Otto Stiftung - in zehn Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge stehen. Zwei Container-Kliniken sind im Libanon und auf Samos installiert.

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