Haftpflichtrisiko von Geburtshelfern:Hebammen werden versichert - aber teurer

Hebamme bei der Untersuchung

Eine freiberufliche Hebamme untersucht eine Schwangere. Bis Mitte 2016 gibt es für freie Geburtshelferinnen nun eine Haftpflichtversicherung.

(Foto: dpa)

Auf Druck der Regierung wird es nun doch eine Haftpflichtversicherung für freiberufliche Geburtshelferinnen geben. Allerdings nur befristet und zu einem hohen Preis.

Von Nina von Hardenberg, Herbert Fromme und Ilse Schlingensiepen

In den Verhandlungen über eine Haftpflichtversicherung für die freiberuflichen Hebammen zeichnet sich eine Lösung ab - allerdings nur bis Mitte 2016. Auf heftigen Druck der Bundesregierung hat sich eine Gruppe von mehreren Versicherern bereit erklärt, die Hebammen abzusichern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte zuvor mehrfach persönlich bei Versicherungsmanagern und Verbandsfunktionären eine Lösung angemahnt.

Die Einigung kam einen Tag vor der für Samstag angekündigten Demonstration der Hebammen in Berlin zustande. Die Geburtshelfer hatten zuletzt um ihre Existenz gefürchtet, nachdem die Nürnberger Versicherung mit Wirkung Mitte 2015 aus dem Versicherungskonsortium der Hebammen ausgestiegen war.

Nun geht es erst einmal weiter für sie - und damit auch für alle Geburtshäuser und die vielen ländliche Kliniken, die mit freien Hebammen arbeiten. Der Preis allerdings ist hoch: Die Prämien sollen nach Informationen der des Deutsche Hebammenverbandes (DHV) noch einmal um 20 Prozent steigen und würden dann statt derzeit 4242 Euro mehr als 6000 Euro pro Jahr betragen - viel mehr als viele Hebammen zahlen könnten, klagt DHV-Präsidentin Martina Klenk. Statt einem schnellen Tod der Geburtshilfe käme nun ein "Sterben auf Raten". 2004 kostete die Versicherung für die etwa 3500 Hebammen, die freiberuflich Geburten betreuen, noch 1352 Euro.

Hebammen sind für Versicherer ein Hochrisikogeschäft

Die Hebammen leiden seit Jahren darunter, dass sie immer mehr für ihre Haftpflichtversicherung zahlen müssen. Diese springt ein, wenn eine Hebamme bei der Geburt einen Fehler macht und ein Kind zu Schaden kommt. Dass die Prämien steigen, liegt nicht etwa daran, dass die Hebammen schlampiger arbeiten. Vielmehr sprechen Gerichte den geschädigten Kindern ein immer höheres Schmerzensgeld zu und erkennen auch die langfristigen Kosten der Pflege an. Diese aber wachsen ebenfalls, da die Kinder dank der guten medizinischen Versorgung länger überleben.

Diese eigentlich positive Entwicklung macht die Hebammen aus Sicht der Versicher zum Hochrisikogeschäft. Geburtsfehler können noch 30 Jahre später eingeklagt werden. Das machen nicht nur die Familien der kranken Kinder, sondern auch deren Krankenkassen. Sie sind verpflichtet, sich die Kosten der Behandlung bei der Haftpflicht zurückzuholen. Das macht etwa ein Drittel des Schadenaufwandes aus.

Der Nürnberger Versicherung war diese Geschäft zuletzt zu heiß geworden, sie steigt zum Juli 2015 aus dem Konsortium mit der Versicherungskammer Bayern und der R+V aus, an dem sie mit 20 Prozent beteiligt war.

Auf Druck der Regierung springen nun andere ein. Die Versicherungskammer Bayern, die als öffentlicher Versicherer zum Sparkassenlager gehört, übernimmt statt 50 Prozent künftig 55 Prozent - weil die übrigen öffentlichen Versicherer dieses Risiko rückversichern. Die fehlenden 15 Prozent für die Periode 2015/2016 teilt sich eine Gruppe von Versicherern. Namen wollte der federführende Versicherungsmakler Bernd Hendges von der Firma Securon noch nicht nennen.

Das Grundproblem ist noch nicht aus der Welt

Es beteiligt sich nach SZ-Recherche unter anderem die eigentlich gar nicht in der Berufshaftpflicht aktive Debeka, wie ein Sprecher bestätigte. Das Unternehmen ließ sich in die Pflicht nehmen: Vorstandschef Uwe Laue ist Vorsitzender des Verbandes der privaten Krankenversicherer. Beteiligt ist nach SZ-Informationen auch die Württembergische, deren Konzernchef Alexander Erdland Vorsitzender des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ist. Die Versicherung Ergo übernimmt vier Prozent. Sie gehört zur Munich Re, ihr Chef Nikolaus von Bomhard ist engstens vernetzt in Berlin. Nicht dabei ist Marktführer Allianz.

Die Versicherer mussten erleben, dass vor allem in der CDU die Empörung über das Unvermögen wuchs, die Hebammen ordentlich zu versichern. Die Assekuranz versucht im Moment, Erleichterungen für die Lebensversicherungen durchzusetzen. Das Projekt wurde durch die Hebammen-Problematik immer mehr belastet.

Das Grundproblem ist mit der jetzt gefundenen einjährigen Verlängerung nicht aus der Welt. "Aber wir haben Zeit gefunden, mit der Politik eine Lösung zu finden", sagte ein Versicherungsmanager. Im Raum stehen verschiedene Modelle: Für die Hebammen könnte eine Haftungsobergrenze eingeführt werden. Allerdings würden dann auch Ärzte und andere Berufsgruppen eine Obergrenze wollen, und für die Versorgung der Betroffenen oberhalb der Haftungsgrenze müsste ein staatlicher Fonds eingerichtet werden. Versicherer haben auch verlangt, dass die Krankenkassen per Gesetz gezwungen werden, keine Regressforderungen mehr zu stellen.

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