Gutachten von Ärzteverband:Neue Gesundheitskarte möglicherweise rechtswidrig

Gesundheitsreform auf dem Prüfstand

Die neue elektronische Gesundheitskarte ziert ein Foto - wer darauf zu sehen ist, wurde allerdings nicht überprüft.

(Foto: ag.dpa)

Ein Bild von Brad Pitt oder Lady Gaga auf der eigenen Versichertenkarte und keiner merkt es? Weil die Krankenkassen die Fotos ihrer Versicherten nicht überprüft haben, könnte die neue elektronische Gesundheitskarte einem Gutachten zufolge rechtswidrig sein - und müsste wieder eingezogen werden.

Die zu Jahresbeginn eingeführte elektronische Gesundheitskarte verstößt einem juristischen Gutachten zufolge gegen geltendes Recht. Das Hamburger Abendblatt zitiert aus der entsprechenden Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die sogenannte E-Card oder eGK sei damit illegal.

Der Grund: Die gesetzlichen Krankenkassen hätten darauf verzichtet, die Fotos der Versicherten zu prüfen. "Die Krankenkassen sind verpflichtet, bei der Ausstellung der eGK die Übereinstimmung des aufgedruckten Lichtbildes, der Person des Inhabers der Karte sowie der zukünftig auf der eGK gespeicherten weiteren Sozialdaten zu verifizieren. Dieses wird bislang nicht durchgeführt, was problematisch ist, da zukünftig sensible Daten auf der eGK gespeichert werden sollen", zitiert die Zeitung aus dem Gutachten.

Den Krankenkassen sei das Problem erst bewusst geworden, als Versicherte Fotos des Star-Wars-Charakters Darth Vader geschickt hätten, heißt es. Auch Bilder von Prominenten wie Brad Pitt und Lady Gaga seien eingegangen - aber nicht sofort aufgefallen.

Die Expertise für die niedergelassenen Ärzte in Deutschland wirft den Kassen vor, "die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt" zu haben. Rein rechtlich müssten die E-Gesundheitskarten wieder eingezogen oder nachgerüstet werden. Laut Zeitung verteidigt der Verband der gesetzlichen Krankenkassen das Prozedere der Kartenherausgabe. Auch das Bundesgesundheitsministerium beteuere, dass alles korrekt gelaufen sei.

Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte im Hamburger Abendblatt: "Es ist unbestritten, dass die richtige Zuordnung der Daten der Gesundheitskarte zum Karteninhaber gewährleistet sein muss. Dafür ist neben weiteren Maßnahmen auch eine Identifizierung des Versicherten erforderlich, die jedoch nicht zum Zeitpunkt der Lichtbildübermittlung durchzuführen ist." Das Ministerium ließ offen, wann noch geprüft wird, ob der Karteninhaber auch der Abgebildete auf dem Foto ist.

Die elektronische Gesundheitskarte gilt seit Januar 2014. Sie sollte eigentlich schon 2006 eingeführt werden, die Umstellung hat sich jedoch verzögert - unter anderem, weil viele Versicherten sich weigerten, ein Foto einzuschicken. Datenschützer warnen seit Jahren vor Missbrauch, Ärzte befürchten die Kontrolle ihrer Arbeit.

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