Gründung von Finanzinstituten:Mal eine eigene Bank haben

Siemens will ein Kreditinstitut gründen. Das Unternehmen ist kein Einzelfall - die Krise hat auch bei anderen Konzernen Zweifel an der Sicherheit der Geldinstitute geweckt.

Markus Balser und Martin Hesse

Steht demnächst eine neue Bankfiliale am Wittelsbacherplatz in München? Ein Kreditinstitut mit dem Slogan "Siemens - ihre Bank für die nächste Bankenkrise"? Nein, so wird es wohl nicht kommen, auch wenn der Konzern den geplanten Neubau seiner Zentrale gleich für die Einrichtung einer Filiale nutzen könnte. Einem breiten Publikum möchte Siemens keine Bankdienstleistungen anbieten. Gleichwohl setzt der Konzern mit seinem Antrag auf eine Banklizenz ein Zeichen: Das Geldgeschäft ist so wichtig, dass man es in Zeiten der Bankenkrise selbst in die Hand nehmen will.

Gründung von Finanzinstituten: Wenn ein Unternehmen eine eigene Bank gründet, bekommt es Zugang zur Bundesbank: Dort kann es Geld parken und sich günstig refinanzieren.

Wenn ein Unternehmen eine eigene Bank gründet, bekommt es Zugang zur Bundesbank: Dort kann es Geld parken und sich günstig refinanzieren.

(Foto: AP)

"Vor drei Jahren kam ich noch nicht einmal auf die Idee, mir Sorgen zu machen", hatte Finanzvorstand Joe Kaeser der Süddeutschen Zeitung gesagt. Jetzt aber gebe es angesichts der Finanzkrise Handlungsbedarf , um den Schritt zu erklären. Er wolle sichere Anlagemöglichkeiten für neun Milliarden Euro an Liquidität, über die Siemens derzeit verfüge. Mit der Lizenz hat der Konzern künftig Zugang zur Bundesbank, kann dort Geld parken und sich günstig refinanzieren. Auch andere Unternehmen treibt seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Herbst 2008 die Sorge um ihre Barreserven um. Der Versicherer Talanx hatte sogar versucht, auf dem Rechtsweg ein Konto bei der Bundesbank zu erstreiten, war damit aber gescheitert.

"Das ist ein Kraftakt"

"Die Nachricht kommt überraschend. Wenn es Siemens nur darum geht, die eigenen Liquiditätsreserven in Eigenregie zu verwalten, ist der Aufwand dafür sehr groß", sagt Professor Klaus Fleischer, Bankprofessor an der Hochschule München, zu den Plänen von Siemens. Die Bank müsse strenge Bilanzierungsstandards und die Auflagen des Kreditwesengesetzes erfüllen sowie Expertise aufbauen: "Das ist ein Kraftakt."

Andererseits, rechnet Fleischer vor, könne Siemens damit Vermögensverwaltungs- und Transaktionsgebühren in Höhe eines dreistelligen Millionen-Euro-Betrages einsparen. Dazu müsse der Konzern aber ein eigenes Team von Vermögensverwaltern aufbauen oder abwerben. Selbst dann werde Siemens nicht ohne fremde Hilfe auskommen: "Auch wenn Siemens eine eigene Bank gründet, wird der Konzern für kompliziertere Geschäfte andere Banken hinzuziehen müssen."

"Kein Hexenwerk"

Kaeser hatte sich selbstbewusst gezeigt, dass Siemens seine Reserven gut in Eigenregie managen könne. "Es ist ja wirklich kein Hexenwerk", sagte er. In Bankenkreisen sorgte die Ankündigung für Überraschung, man versucht es aber mit Gelassenheit. "Wir wissen noch nicht so recht, was Siemens will, sehen das aber unaufgeregt", sagte ein Branchenvertreter. Die bereits existierende Finanzsparte Siemens Financial Services, die jetzt schon eine Eigenkapitalrendite von 20 Prozent erwirtschaftet, erbringt derzeit Dienstleistungen für Siemens-Kunden. Das Geschäft will Siemens nun ausbauen, etwa mit Absatzfinanzierungen. Musste sie dabei bislang für die eigentliche Kreditvergabe Banken einschalten, kann der Konzern die Gebühren dafür dann selbst kassieren.

Auch deutsche Energieversorger stufen eigene Bankgeschäfte als immer wichtigeres Geschäftsfeld ein. Deutschlands größter Energiekonzern Eon hatte Ende 2007 von der Aufsichtsbehörde Bafin Banklizenzen nach dem Kreditwesengesetz bekommen. Auch RWE verfügt über mehrere dieser Lizenzen. Im Unterschied zu Siemens geht es den Energiekonzernen nicht darum, eigenes Kapital sicher anzulegen. Sie hoffen mit ihren Finanztöchtern wie Eon Portfolio Solutions neue Großkunden zu gewinnen. Eon berate Stadtwerke und die Industrie bei Termingeschäften sowie der Energie- und Rohstofffinanzierung, sagte ein Konzernsprecher. Der Konzern könne solche Geschäfte mit seinen Lizenzen direkt abwickeln. Damit können Kunden Banken selbst bei Großaufträgen umgehen. Die Energiekonzerne verdienen mit. Die Geschäfte der Finanztochter liegen pro Jahr in zweistelliger Millionenhöhe, heißt es bei Eon.

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