Großbritannien: Briefmarken:Die Porto-Queen

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Long live the Queen: Die britische Post soll privatisiert werden - und dabei könnte das Konterfei der Königin von den Briefmarken verschwinden. Das wollen sich die Briten aber nicht gefallen lassen.

Wolfgang Koydl

Ob Sportler, Forscher oder Pu der Bär - der Dame rechts oben in der Ecke war es immer gleichgültig, mit wem sie sich das kleine, gezackte Rechteck teilte: Majestätisch ungerührt blickt Königin Elisabeth auf die Motive britischer Briefmarken herab, so wie das ihre Vorgänger bis zurück zu Königin Victoria taten. Zu deren Herrschaftszeit erfanden Briten im Jahr 1840 mit der "Penny Black" das erste Postwertzeichen. Seitdem musste die Royal Mail nie so tief sinken wie andere Postbehörden, die den Ländernamen auf die Marke drucken müssen. In Britannien reicht die Queen.

Der Königin droht Ungemach: Ein künftiger privater Eigner könnte die königliche Silhoutte entfernen lassen. (Foto: AFP)

Doch plötzlich drohte dem Herrscherhaupt Ungemach: Die von Schulden und Konkurrenz geplagte Briten-Post soll privatisiert werden, und der Koalitionsregierung unter dem konservativen Premierminister David Cameron fiel auf, dass künftige Besitzer die königliche Silhouette sang- und klanglos entfernen könnten. Denn rechtlich verbindlich ist ihr Druck auf die Marken nicht. Hatten bisher nur Gewerkschaften und die oppositionelle sozialdemokratische Labour Party gegen einen Verkauf der Post gewettert, stimmten nun auch königstreue, patriotische Kräfte ein.

Angeführt von der kleinbürgerlich auskeilenden Daily Mail unkten sie, dass ausländische Käufer sich straflos am royalen Kopf vergreifen könnten. Sogar im Palast, so raunten Vertraute der Königin, sei man erzürnt. Dabei fürchtete man weniger die holländische Post, die angeblich zu den Bietern gehört. Denn immerhin haben die Niederländer selber eine Königin, selbst wenn sie sie nicht von hinten anlecken müssen, wenn sie einen Brief frankieren.

Aber die aussichtsreichsten Interessenten, so schürte die Mail alte Ressentiments, seien die unberechenbaren Hunnen in Gestalt der Deutschen Post. Doch nun hat Postminister Ed Davey gleichsam im letzten Moment die Gefahr für die königlichen Briefmarken abgewendet: In einem eilig formulierten Zusatz zum Privatisierungsgesetz, das diese Woche vom Unterhaus beschlossen werden soll, wird der Verbleib des Monarchen verbindlich festgeschrieben. Ein potenzieller Käufer, hatte Davey zuvor beteuert, "müsse verrückt" sein, wenn er die Königin verbannen wolle. Nach intensiven Gesprächen mit Buckingham Palace aber fühlte er sich offenbar wohler mit einem gesetzlichen Verbot.

Die Regierung hofft, acht Milliarden Pfund für die Royal Mail zu erzielen. Das entspricht dem Defizit in der Rentenkasse des Unternehmens, für die der Staat Garantien übernehmen musste, wollte er nicht Käufer abschrecken. Wie bei anderen nationalen Post-Unternehmen ist auch in Großbritannien vor allem der Briefsektor mit Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe hoch defizitär. Die Staatspost befördert 99 Prozent aller Briefsendungen im Vereinigten Königreich; dieses unprofitable Geschäft macht ihr kein privater Konkurrent streitig.

Im April soll das Porto für einen Standardbrief erneut erhöht werden und erstmals die Marke von 40 Pence durchbrechen. Eine andere Frage ist noch nicht diskutiert worden: Angenommen, die Deutschen übernehmen die Royal Mail. Darf sie sich dann noch mit dem Adjektiv "königlich" schmücken - ob mit oder ohne Königin in der Ecke?

© SZ vom 11.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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