Größter Tech-Börsengang seit Google:Yandex streicht 1,3 Milliarden Dollar ein

Doppelschlag an der Wall Street: Erst gelang Linkedin ein fulminanter Börsenstart, nun folgt die russische Internet-Suchmaschine Yandex mit einem stolzen Ausgabepreis. Kommt es zu einer neuen "Dot.com-Bubble"?

Erst Linkedin, jetzt Yandex - die Aktien junger Internetfirmen sind an der Börse wieder heiß begehrt. Die russische Internetfirma Yandex nahm bei ihrem Börsengang in den USA 1,3 Milliarden Dollar ein und übertraf damit die Erwartungen. Es handelt sich um das größte IPO in der Branche seit dem Börsendebüt von Google im Jahr 2004.

People walk near the headquarters of Yandex company in Moscow

Hauptverwaltung der russischen Internet-Suchmaschine Yandex: Der Marktanteil in Russland liegt bei 65 Prozent.

(Foto: REUTERS)

Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen erfuhr, verkauften Yandex und seine Teilhaber 52,2 Millionen Aktien zu einem Preis von 25 Dollar. Ursprünglich waren 20 bis 22 Dollar angepeilt. Zuletzt hieß es, die Anteilsscheine würden wohl für 24 bis 25 Dollar verkauft.

Yandex betreibt die erfolgreichste Suchmaschine in Russland. Der Anteil bei den Suchanfragen liegt bei 65 Prozent. Die Investoren wollen von dem wachsenden Markt in Russland profitieren. Der Handel mit den Yandex-Papieren soll am Dienstag an der Nasdaq beginnen.

Erst in der vergangenen Woche hatte LinkedIn einen fulminanten Start an der Wall Street hingelegt. Die Papiere des sozialen Netzwerkes für die berufliche Kontaktpflege schossen am ersten Handelstag um fast 110 Prozent in die Höhe und pendelten sich in den Folgetagen bei etwa dem Doppelten des Ausgabekurses von 45 Dollar ein.

Der Beratungsfirma Renaissance Capital zufolge gelang LinkedIn damit die erfolgreichste Neuemission seit dem Börsengang des Internet-Giganten Google 2004.

Mehr wert als die Lufthansa

Das Unternehmen mit Sitz in Kalifornien war auf einen Schlag mehr Wert als etwa die Lufthansa. Der Online-Dienst ist das erste große soziale Netzwerk, das den Sprung an die Börse wagte. Folgen könnten der Kurznachrichtendienst Twitter, das Schnäppchenportal Groupon und natürlich Facebook, die Königin der sozialen Netzwerke.

Über Jahre erhielten die Firmen frisches Geld von Wagniskapitalgebern, die sich von den Börsengängen für ihre Anteile nun eine saftige Rendite versprechen. Und die Anleger haben offenbar großen Appetit auf die neuen Stars der IT-Branche. "LinkedIn war ihre erste Chance. Und es scheint, dass sie jeder nutzen wollte", sagt Bill Buhr von der Beratungsfirma Morningstar.

Dabei habe LinkedIn auch stellvertretend von den Erwartungen der Börsianer an Twitter und Facebook profitiert, die bislang noch nicht auf den Aktienmärkten präsent sind.

Die Deutschen plötzlich ein Volk der Spekulanten

Dennoch hütet sich Buhr vorerst, von einer Blase zu sprechen. "Wir müssen noch sehen, was die anderen Unternehmen machen und wie es mit LinkedIn weitergeht."

Andere Finanzmarkt-Experten fühlen sich dagegen an die Festtagsstimmung des Dotcom-Booms erinnert, die nach der Jahrtausendwende mit einem Kater an den Aktienmärkten endete.

Sogar die Deutschen, deren bevorzugte Anlageform traditionell eher das Sparbuch denn der Investmentfonds ist, schienen damals zu einem Volk der Spekulanten zu werden. Neben den Fußballergebnissen wurden am Stammtisch plötzlich auch die Kurse von Telekom und Infineon diskutiert.

Der für IT-Werte gegründete Neue Markt erreichte im März 2000 seinen Höchststand - danach wurden dort mehr als 200 Milliarden Euro Kapital vernichtet.

Technologie-Analyst Arun George von Altium Securities warnt vor Anleger vor einem Einstieg in Aktien sozialer Netzwerke. "Ich denke, sie werden massiv überbewertet sein", sagte er dem amerikanischen TV-Sender CNBC. Doch vor allem Facebook hat es den Investoren angetan, nicht zuletzt seit das Finanzinstitut Goldman Sachs zu Jahresbeginn 450 Millionen Dollar in das Unternehmen steckte.

Negatives Beispiel MySpace

Einige Experten bewerten Facebook - das Google als meistbesuchte Website in den USA verdrängte und nach eigenen Angaben weltweit mehr als 600 Millionen Nutzer hat - bereits mit 70 Milliarden Dollar.

Richard Holway von der Beratungsfirma TechMarketView hält es nicht für ausgeschlossen, dass Facebook die hohen Erwartungen erfüllen kann. "Wie bei der Dotcom-Blase wird es eine kleine Zahl von Firmen geben, die es schaffen", erklärt er. "Aber für jeden Erfolg wird es 99 oder 999 Fehlschläge geben."

Als negatives Beispiel gilt in der Branche MySpace, einst die Avantgarde der sozialen Netzwerke. Medienmogul Rupert Murdoch erwarb die Seite vor sechs Jahren für 580 Millionen Dollar. Jetzt steht MySpace wieder zum Verkauf. Murdochs Mediengruppe News Corporation rechnet dem Wall Street Journal zufolge mit kaum mehr als 100 Millionen Dollar - für ein Online-Netzwerk, dem Mitglieder in Scharen davonlaufen.

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