Griechenland: Schnell-Hilfe:Der Ärger über die Banken wächst

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Die Hilfe für Griechenland soll im Eilverfahren durchs Parlament gepeitscht werden. Doch sogar im Regierungslager regt sich mittlerweile starker Widerstand.

Alle Beschwichtigungen helfen nichts. Obwohl die deutsche Finanzbranche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zugesichert hat, sich an den Hilfen für Griechenland zu beteiligen, wächst der Unmut über das Rettungspaket.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht im Reichstag: Die Griechenland-Hilfen sind auch im Parlament umstritten. (Foto: Foto: Reuters)

Es sei "ein Feigenblatt, eine Beruhigungspille für den Bürger", sagte Bankenexperte Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, der Passauer Neuen Presse. Die Banken hätten durch die staatliche Rettungsaktion ihr Hauptziel erreicht, nämlich eine Umschuldung zu verhindern, bei der sie als Gläubiger zumindest auf einen Teil ihrer Forderungen hätten verzichten müssen.

Deutsche Finanzinstitute und in weit größerem Ausmaß französische Banken seien Gläubiger des griechischen Staates. "Die Europäische Zentralbank unter ihrem französischen Präsidenten Trichet hat alles getan, um eine Umschuldungsaktion zu verhindern. Jetzt werden sogar griechische Ramschanleihen als Sicherheiten von der EZB akzeptiert", so Gerke: "Wir sind auf einem gefährlichen Weg."

Widerstand in den eigenen Reihen

Obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag in einer beispiellosen TV-Kampagne für die Griechenland-Hilfen geworben hatte, regte sich in den eigenen Reihen Widerstand. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler forderte die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses für Griechenland und seine schwere Finanzkrise.

Athen habe sich die Aufnahme in die Eurozone "mit Hilfe internationaler Großkonzerne erschlichen", erklärte Gauweiler der Passauer Neuen Presse. Es sei daher an der Zeit, einen Ausschuss einzusetzen, der untersuche, wann die Bankenaufsicht und die Bundesregierung von den "Täuschungsmanövern erfahren haben".

Zudem müsse geklärt werden, ob sich Banken mit Bundesbeteiligung, etwa das Institut Hypo Real Estate, an Spekulationen gegen Griechenland beteiligt hätten, so Gauweiler.

Als Ausweg aus der Krise forderte der Politiker, Athen müsse "für einige Jahre aus der Eurozone austreten, seine Schulden wertberichtigen und seine Währung abwerten". Später könne das Land "mit neuer Kraft" zurückkehren.

"Bauchschmerzen"

Sogar Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der die Griechenland-Hilfen am Vortag im Bundeskabinett mit abgenickt hatte, gab sich kritisch. Er habe "Bauchschmerzen" angesichts der deutschen Finanzhilfen für das wirtschaftlich schwer angeschlagene Land. Diese Hilfsaktion habe sich "niemand gewünscht", erklärte Brüderle der Passauer Neuen Presse.

"Unsere Hoffnung war, dass Griechenland ohne Hilfen aus der Krise kommt." Nun sei aber der Fall der Ultima Ratio eingetreten und Hilfen seien "nicht mehr vermeidbar".

Als Konsequenz aus der gegenwärtigen Situation stellte Brüderle einen weitreichenden Forderungskatalog an die Adresse der Europäische Union auf. So müsse die Wirtschaftspolitik innerhalb der Währungsunion "viel stärker koordiniert werden". Außerdem verlangte der Bundeswirtschaftsminister Regeln für eine geordnete Insolvenz von Staaten im Euroraum.

"Faust in der Tasche"

Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) zeigte Verständnis für die Ressentiments in der deutschen Bevölkerung gegen die Finanzhilfen für Griechenland. "Jeder macht doch die Faust in der Tasche. Auch die Abgeordneten, die diese Bürgschaft beschließen, um Gefahr von unserem Land, von unserer Währung und auch von Europa abzuwenden", sagte er der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen.

Noch wesentlich deutlichere Vorbehalte gegen die Griechenland-Hilfen, die nun eilig vom Parlament beschlossen werden sollen, gibt es in den Reihen der Opposition. Nachdem bereits SPD, Grüne, Linke und DGB den Beitrag der Banken als nicht ausreichend bezeichnet hatten, äußerte auch der Vorsitzende der Industriegewerkschaft BCE, Michael Vassiliadis, Kritik. Er sprach sich für eine klare Beteiligung der Banken am Rettungsplan aus.

"Das ist genauso sinnvoll, wie es sinnvoll wäre, die Banken an den Kosten der Krise in Deutschland zu beteiligen", sagte er der in Hannover erscheinenden Neuen Presse. Als Konsequenz aus der Krise in Griechenland plädierte Vassiliadis außerdem für eine unabhängige europäische Ratingagentur.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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