Griechenland-Krise:Juncker verschreckt die Finanzmärkte

Schon wieder sorgt Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker mit einer Äußerung für Aufregung: Er deutet an, dass der IWF unter Umständen die Griechenland-Hilfe aussetzt - und Europa einspringen müsste. Die Märkte reagieren sofort.

Mit der Andeutung einer Aussetzung der IWF-Hilfen für Griechenland hat Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Donnerstag die europäischen Finanzmärkte verschreckt. Er sagte, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) den für Ende Juni geplanten Kredit an den hochverschuldeten Mittelmeer-Anrainer nicht auszahlen würde, müssten die Europäer einspringen. "Der Druck auf Griechenland nimmt offenbar zu, weitere Sparmaßnahmen einzuleiten", sagte Volkswirt Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus.

6th European Jurists Forum in Luxembourg

Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker.

(Foto: dpa)

Europäische Union (EU), Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) überprüfen derzeit, ob Griechenland alle Voraussetzungen erfüllt, um weitere Hilfen aus dem Rettungspaket zu erhalten. EZB-Direktoriumsmitglied Jose Manuel Gonzalez-Paramo betonte allerdings, er gehe davon aus, das Griechenland die nächste Kredit-Tranche erhalten werde. Die EU-Kommission verwies auf die laufende Prüfung. Eine Entscheidung falle erst nach Fertigstellung des Berichts. Der IWF teilte mit, er habe die EU-Partner um finanzielle Zusicherungen gebeten, da andernfalls Griechenland keine Hilfen mehr zur Verfügung gestellt werden könnten.

Jean-Claude Juncker hatte erst vor gut zwei Wochen mit einer Äußerung für Aufregung gesorgt. Damals hatte Spiegel Online berichtet, dass bei einem Krisentreffen über einen Austritt Griechenlands aus dem Euro debattiert werde - und Juncker dementierte dieses Treffen, obwohl in Luxemburg bereits die Staatskarossen vorfuhren.

Der Euro, der zunächst dank der Aussicht auf ein reges chinesisches Interesse an den Portugal-Anleihen des europäischen Stabilitätsfonds EFSF zeitweise die Marke von 1,42 Dollar übersprungen hatte, verbilligte sich nach den Juncker-Äußerungen auf 1,4076 Dollar. Gleichzeitig flüchteten viele Investoren in den "sicheren Hafen" Bundesanleihen.

Die zehnjährigen Titel zogen um bis zu 43 Ticks auf 102,22 Punkte an. Im Gegenzug fiel die Rendite erstmals seit Januar unter die psychologisch wichtige Marke von drei Prozent. Die Risiko-Aufschläge (Spreads) für zehnjährige griechische Papiere weiteten sich im Vergleich zu den entsprechenden Bundestiteln auf 13,75 Prozent aus. Der Bund-Future, der auf der zehnjährigen Bundesanleihe basiert, markierte mit einem Plus von 53 Ticks auf 125,54 Zähler ein Viereinhalb-Monats-Hoch.

Juncker habe die Märkte komplett auf dem falschen Fuß erwischt, sagte Steven Butler, Chef-Händler bei Scotia Capital in Toronto. "Alle haben auf den Verkaufsknopf gedrückt und dann erst Fragen gestellt." Einige Börsianer hatten zuvor allerdings gewarnt, die anfänglichen Euro-Kursgewinne als Reaktion auf ein mögliches größeres chinesisches Investment in die geplante EFSF-Bonds seien überzogen.

Erfolgreiche Italien-Auktion

"Dass die Nachfrage nach EFSF-Anleihen austrocknen könnte, war nie wirklich ein Risiko", schrieben die Analysten der Commerzbank in ihrem Marktkommentar. "Der EFSF hat bereits zu Jahresanfang erfolgreich emittiert." Fonds-Chef Klaus Regling und seine Mitarbeiter leisteten gute Arbeit bei der Vermarktung der geplanten Anleihe zur Finanzierung des 78 Milliarden Euro schweren Hilfspakets für Portugal. Die Emission der ersten Tranche ist für Mitte Juni geplant.

Positiv äußerten sich Börsianer über die Emission sechsmonatiger und zweijähriger italienischer Anleihen im Gesamtvolumen von zehn Milliarden Euro. "Die Auktion lief in doppelter Hinsicht gut", sagte Unicredit-Analystin Chiara Cremonesi. "Die Nachfrage war stärker als bei den vorangegangenen Emissionen und die Renditen gingen zurück. Das ist ein gutes Omen für die bevorstehenden Auktionen."

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