Süddeutsche Zeitung

Rettungspaket für Griechenland:In der Geiselhaft der Finanzmärkte

Am Ende bürgt der Steuerzahler: Mit 3,2 Milliarden Euro wollen sich deutsche Banken an der Hilfe für Griechenland beteiligen. Eine Zahl, die nur auf dem Papier gut aussieht - in Wahrheit ist Finanzminister Schäuble mit seinem Plan, die Banken zu belasten, gescheitert.

Harald Freiberger

Nie wieder wolle man sich von den Banken in Geiselhaft nehmen lassen - so tönten Politiker aller Parteien, nachdem der Staat in der Finanzkrise deutsche Institute mit hohen Milliardenbeträgen hatte retten müssen. Künftig wolle man alles dafür tun, damit marode Banken abgewickelt werden können und nicht mehr der Steuerzahler für sie aufkommen muss.

Wie weit die Politik mit ihrem hehren Ziel gekommen ist, hat sich am Donnerstag gezeigt. Die Einigung, die Finanzminister Schäuble mit Banken und Versicherungen über deren Beitrag zur Griechenland-Hilfe erzielt hat, sieht nur auf dem Papier gut aus. 3,2 Milliarden von insgesamt rund zehn Milliarden Euro an auslaufenden griechischen Anleihen wollen die deutschen Institute wieder in dem Land anlegen. Allein 1,2 Milliarden Euro davon kommen aber von den Bad Banks der Hypo Real Estate und der WestLB, die ohnehin dem Staat gehören. Das heißt, dass wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.

Außerdem sieht das Modell vor, dass die Griechen 20 Prozent der Einnahmen, die sie von den Finanzinstituten bekommen, nicht frei verwenden dürfen. Sie sollen in ein Finanzvehikel fließen, das durch Anleihen mit erstklassiger Bonität besichert ist. Solche kommen zum Beispiel vom deutschen Staat oder vom europäischen Rettungsfonds EFSF. Am Ende, man ahnt es schon, wird also wieder der Steuerzahler bürgen.

Der Beitrag der Banken und Versicherungen zur Lösung der griechischen Tragödie hat allenfalls symbolischen Wert. Es drängt sich der Verdacht auf, dass er in erster Linie dazu dienen soll, das Wahlvolk zu beruhigen. In Wahrheit ist Schäuble mit seinem Plan gescheitert, die Banken in Sachen Griechenland zu belasten und die Steuerzahler zu verschonen.

Er ist diesmal nicht gescheitert an der Systemrelevanz der international vernetzten Banken, die gerettet werden mussten, um eine noch größere Katastrophe zu vermeiden. Er ist gescheitert an den Ratingagenturen, die Griechenland als Konkursfall eingestuft hätten, wenn die Investoren zu einem Schuldenschnitt gezwungen worden wären. Griechische Anleihen wären dann massiv herabgestuft worden, die Folgeschäden für die weltweite Wirtschaft wären unabsehbar gewesen.

Der Staat befindet sich immer noch in der Geiselhaft der Finanzmärkte. Ein schnelle Lösung wird es nicht geben, auch das hat die "Einigung" der Politik mit den Banken gezeigt.

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Quelle:
sueddeutsche.de/SZ vom 01.07.2011/feko
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