Süddeutsche Zeitung

Griechenland in Schieflage:Merkel bangt um Euro

Für Kanzlerin Merkel ist die Sache klar: Der Euro befindet sich derzeit in der "sicherlich schwierigsten Phase seit seinem Bestehen". Milliardenhilfen für Griechenland schließt sie aber aus.

Harald Freiberger

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich angesichts des hohen griechischen Staatsdefizits besorgt über die Stabilität des Euro gezeigt. Der Euro befinde sich derzeit in der "sicherlich schwierigsten Phase seit seinem Bestehen", sagte Merkel am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Deutsche Milliardenhilfen schloss sie mit Verweis auf den Euro-Vertrag allerdings erneut aus. Griechenland könne im Augenblick am besten geholfen werden, indem deutlich gemacht werde, dass das Land "seine Hausaufgaben machen" solle, sagte die Kanzlerin.

Die Ursache der Probleme müsse nun "an der Wurzel" angepackt werden, sagte sie und benannte die Bekämpfung des griechischen Staatsdefizits und die verlorene Glaubwürdigkeit des Landes als drängendste Ziele. Auch am Wochenende waren die Bemühungen, Griechenland zu helfen, auf allen Ebenen der Politik und der Banken fortgesetzt worden. Eine Lösung zeichnet sich noch nicht ab.

Athen in der Klemme

Sicher ist nur, dass das hochverschuldete Griechenland in der Klemme steckt. Es muss sich in den nächsten zwei Wochen geschätzte fünf Milliarden Euro am Kapitalmarkt besorgen; man rechnet damit, dass dies in Form einer zehnjährigen Anleihe geschieht. Bis zum Mai liegt der Kapitalbedarf bei 15 Milliarden, über das ganze Jahr bei 50 Milliarden Euro. Das Problem ist das mangelnde Vertrauen von Investoren. Das Land muss deshalb bereits zwei- bis dreimal so hohe Zinsen für seine Anleihen gewähren als solide Staaten.

Eine Spekulation geht in die Richtung, dass Griechenland seine Anleihe nicht am Kapitalmarkt anbietet, sondern direkt an einige wenige Großanleger verkauft. Das würde die Gefahr vermindern, dass die Platzierung der Anleihe scheitert. Ein Scheitern wäre ein fatales Signal für die Finanzmärkte und würde das Vertrauen noch weiter erschüttern.

Mehrere Top-Banker sprachen in den vergangenen Tagen in Athen vor, unter ihnen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bei Regierungschef Giorgos Papandreou. Griechische Medien berichteten, es sei darum gegangen, wie das Land Kredite zu "vernünftigen Zinsen" aufnehmen kann.In anderen Berichten hieß es, die deutsche Staatsbank KfW könnte für griechische Anleihen garantieren, die Privatbanken kaufen. Das liefe auf eine staatliche Garantie für einen Staat hinaus. Die Bundesregierung wies das jedoch zurück, ebenso wie eine Stellungnahme der französischen Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. Sie sagte, es würden "private Partner oder öffentliche Partner einbezogen oder beides".

Beratungen mit Obama und Brown

Dahinter steckt ein Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich, hieß es in Finanzkreisen. Frankreichs Banken sind am stärksten in Griechenland engagiert. Präsident Nicolas Sarkozy bevorzugt eine Hilfe der europäischen Staaten. Bundeskanzlerin Merkel würde dagegen lieber den Internationalen Währungsfonds (IWF) ins Boot holen. Merkel beriet sich am Wochenende in einer Videokonferenz auch mit US-Präsident Barack Obama und Großbritanniens Premier Gordon Brown.

Die EU schickt an diesem Montag Währungskommissar Olli Rehn nach Athen. Er wird Gespräche mit der Regierung und der Notenbank führen, um die Krise zu entschärfen. Der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, betonte erneut, Voraussetzung für eine Hilfe von EU-Staaten sei, dass Griechenland seinen Sparkurs ernsthaft vorantreibe. EU-Länder dürfen einem anderen Staat nicht automatisch zur Hilfe kommen.

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SZ vom 01.03.2010/mel
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