Griechenland: Finanzmisere:Das große Zittern

Das Rettungspaket für Athen ist geschnürt, doch jetzt steigt die Nervosität der Finanzmärkte - und die Kritik an einer teuren Rettung wächst.

Alexander Hagelüken und Thomas Öchsner

Trotz aller Hilfsangebote Europas für Griechenland nimmt die Nervosität der Finanzmärkte wieder zu. Nachdem die Euro-Staaten am Sonntag Kredite von bis zu 30 Milliarden Euro für das hochverschuldete Land versprochen hatten, waren die Kurse griechischer Staatsanleihen gestiegen. Inzwischen kehrt sich dieser Trend wieder um.

Am Donnerstag fielen die Notierungen zeitweise so stark, dass die Rendite der zehnjährigen Staatspapiere von 7 Prozent auf ein Niveau von 7,4 Prozent anzog. Damit hatten die Kreditkosten für die Regierung fast wieder die Höhe erreicht, die sie vergangene Woche vor dem Eingreifen der Euro-Finanzminister hatte. Erst am Nachmittag beruhigten sich die Werte. Wenn Griechenland knapp siebeneinhalb Prozent auf neue Schuldenpapiere zahlen muss, ist das mehr, als für Entwicklungsländer wie Panama oder Nigeria fällig ist. Die Kreditkosten für Deutschland betragen nur gut drei Prozent.

Das mit weit über 100 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldete Griechenland muss dieses Jahr etwa 30 Milliarden Euro frisches Geld auftreiben. Als vergangene Woche an den Finanzmärkten Panik herrschte, gab es bereits Befürchtungen, Athen bekomme von privaten Kapitalgebern kaum noch Mittel. Die Euro-Staaten entschlossen sich daraufhin, ihre geplante Hilfe zu präzisieren. Demnach kann Griechenland 2010 mit Krediten von bis zu 30 Milliarden Euro von den Euro-Nachbarn und mit bis zu 15 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds (IWF) rechnen. Beides zu Zinsen, die weit unterm Marktniveau rechnen. Doch auch dieses Signal verfehlt nun offenbar teilweise seine Wirkung.

Laute Kritik an Rettungsaktion

In Deutschland wächst unterdessen die Kritik an einer Rettungsaktion der Euro-Länder. Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute sprachen sich dafür aus, den IWF bei der Lösung der Griechenland-Krise und der Finanzprobleme einzelner EU-Staaten die Regie zu überlassen. "Er kann glaubwürdiger als eine EU-Einrichtung drohen, dass Finanzhilfen bei Nichtbefolgung von Auflagen nicht erfolgen und verfügt über große Erfahrung bei der Organisation von Rettungsprogrammen für Staaten", heißt es in dem Frühjahrsgutachten der Ökonomen, die die Bundesregierung beraten. Griechenland dürfe nicht "ohne Bedingungen" geholfen werden. Vielmehr seien die Hilfsmaßnahmen so zu gestalten, dass sie "Reformprozesse in dem betreffenden Land unterstützen". Nur so lasse sich ein Vertrauensverlust des gesamten Euroraums verhindern.

Eine Frage der Unabhängigkeit

Die Forscher halten dafür den IWF für besonders geeignet. "Es muss allerdings sichergestellt werden, dass die Unabhängigkeit der Geldpolitik im Euroraum nicht über Finanzhilfen und entsprechende Auflagen des IWF gefährdet wird", heißt es in dem Gutachten. Das von EU und IWF in Aussicht gestellte Paket für Griechenland widerspreche aber dem Geist des Maastrichter Vertrages. Um die Währungsunion nicht weiter zu beschädigen, müsse der Währungsfonds die Einhaltung der Bedingungen und die Freigabe weiterer Tranchen überwachen. "Zudem darf dies nicht der Einstieg in eine Transferunion sein", schreiben die Gutachter. Gegen ein Auffangnetz für Griechenland sind die Forscher aber nicht. Sie fürchten im Falle einer Staatspleite eine neue Bankenkrise, die kaum mehr zu bewältigen ist.

Einfach mal Klartext reden

Die Regierung in Athen kündigte an, dass sie in die Beratungen über die Modalitäten des Euro-Hilfspaketes für das hochverschuldete Mittelmeerland einbezogen werden will. Griechenland wolle mit Vertretern der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem IWF über das Kreditprogramm sprechen, heißt es in einem Brief von Finanzminister Giorgos Papakonstantinou an die Führung dieser Institutionen. In Brüssel beraten Experten der EU-Kommission, des Währungsfonds und der EZB an der Feinarbeit für die Griechenland-Hilfen.

Die Finanzminister der Eurozone hatten beschlossen, dem hoch verschuldeten Partner notfalls unter die Arme zu greifen. Die EU-Länder sind überzeugt, dass das Paket nicht gegen den EU-Vertrag verstößt. Darin wird den Mitgliedsländern verboten, sich gegenseitig Schulden abzunehmen. Einen Hilfsanfrage aus Athen gibt es bisher nicht.

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