Finanzen:So unsicher ist der Graue Kapitalmarkt

Hohe Zinsen, hohes Risiko - Grauer Kapitalmarkt birgt Fallen

Auch in Windräder können Anleger am Grauen Kapitalmarkt investieren. Manchmal werden die Anlagen aber lediglich als ökologisch beworben und sind es nicht.

(Foto: dpa-tmn)
  • Auf dem weniger gesetzlich regulierten Kapitalmarkt werden derzeit viele Anlagen angeboten, die so klingen, als seien sie ökologisch korrekt.
  • Verbraucherschützer bemängeln, dass Kunden am Grauen Kapitalmarkt oft nicht so informiert werden, wie sie es eigentlich laut Gesetz müssten.
  • Viele legen dort Geld an, weil die Zinsen so niedrig sind und der Graue Kapitalmarkt mit der Aussicht auf hohe Renditen lockt.

Von Thomas Öchsner

Für Geldanleger ist eigentlich nichts unmöglich. Man kann sich daran beteiligen, den Speisefisch Zander in Mecklenburg-Vorpommern in einer "Kreislaufanlage" zu züchten. Man kann Erspartes in Sandelholz-Plantagen in Australien investieren. Oder man steckt es in Kautschukbäume in Panama oder Solarkraftwerke in Deutschland. Auf dem Grauen Kapitalmarkt, der grau heißt, weil er weniger gesetzlich reguliert ist, werden derzeit viele Vermögensanlagen angeboten, die zumindest so klingen, als ob es sich um ökologisch korrekte Anlagen handelt. Doch oft ist für Verbraucher nicht ausreichend nachvollziehbar, was sich hinter solchen Angeboten verbirgt.

Die vom Bundesministerium für Verbraucher geförderten "Marktwächter Finanzen" der Verbraucherzentrale Hessen wollten es nun genauer wissen. Sie untersuchten 36 Vermögensanlagen aus dem Grauen Kapitalmarkt, die im Herbst 2018 angeboten wurden. Das Ergebnis: Viele Anbieter informieren ihre Kunden oft nicht so, wie sie es eigentlich laut Gesetz müssten. Die Provisionen, die Anleger zahlen, sind teilweise exorbitant hoch.

Die Provisionen liegen bei teilweise mehr als 15 Prozent

Trotz einiger spektakulärer Pleiten wie des Windparkbetreibers Prokon und der Münchner Containergesellschaft P&R suchen Verbraucher immer noch Anlagealternativen am Grauen Kapitalmarkt - angelockt von der Aussicht auf höhere Renditen weit über den historisch niedrigen Zinsen. Gefragt sind dabei vor allem Investments in Sachwerten, die als wertbeständig gelten, und/oder ökologische Anlagen. "Besonders empfänglich für Angebote aus dem Grauen Kapitalmarkt sind Menschen, wenn sich ihr Leben gerade in einer Umbruchphase befindet. Treffen sie dann noch auf einen Vermittler, den sie vielleicht kennen, dem sie vertrauen und der gute Geschichten erzählen kann, lassen sie sich oft schnell von einem Investment überzeugen", sagt Wolf Brandes, Chef des Marktwächter-Teams in Frankfurt.

Viel Geld zum Einsteigen brauchen Anleger dafür nicht: Mindestens müssen sie zwischen 500 Euro und 20 000 Euro investieren. 1000 ist die am häufigsten genannte Mindestsumme. Brandes schätzt, dass Jahr für Jahr hunderte Millionen Euro von deutschen Bankkonten in Investments auf dem Grauen Kapitalmarkt fließen. "Insofern wäre es gut, wenn die Verbraucher vorher besser wüssten, was mit ihrem Geld genau passiert", sagt der Experte. Hier aber hätten die Anbieter "einen teilweise erheblichen Nachbesserungsbedarf", heißt es in der Untersuchung der Marktwächter.

Das fängt schon bei den Kosten an: Knapp ein Drittel der Anleger hält sich nicht daran, gemäß den Vorschriften die Kosten an hervorgehobener Stelle im Prospekt abzudrucken. Auch sind die Kosten laut der Analyse "teils erstaunlich". In sieben Fällen beliefen sich die Provisionen auf zehn bis 15 Prozent, in sechs Fällen sogar auf mehr als 15 Prozent. Der höchste Wert lag bei satten 31 Prozent der investierten Summe.

Die Bundesregierung will die Grauzone am Finanzmarkt stärker regulieren

Vorgeschrieben ist auch ein Risikohinweis ("Der Erwerb dieser Vermögensanlage .... kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen"). Dieser aber war bei 29 Fällen in 13 "niemals deutlich hervorgehoben". Auch beim Beschreiben des Anlageobjekts schludern viele der untersuchten Anbieter: Bei 26 der 36 Anlagen war dieser "nicht transparent beschrieben". Verbraucherschützer Brandes fordert deshalb, die potenziellen Kunden besser zu informieren. Außerdem sollte die Bundesregierung die Anbieter verpflichten, die Gesamtkosten zu nennen, die am Anfang der Investitionen und laufend pro Jahr fällig werden. "Diese Gesamtkostenquote ist bei Investmentfonds längst vorgeschrieben", sagt er.

Finanz- und Verbraucherschutzministerium hatten vergangene Woche angekündigt, den Grauen Kapitalmarkt stärker regulieren zu wollen. Die Finanzaufsicht Bafin soll demnach mehr Kompetenzen bei der Überwachung erhalten, die Unternehmen sollen Verbraucher besser informieren und aufklären.

Dabei ist auch daran gedacht, sogenannte Blindpool-Modelle zu verbieten. Dabei erfahren die Kunden nicht genau, wofür ihr Geld verwendet wird. Diese Angebote kamen bei der Untersuchung der Marktwächter am häufigsten vor - zum Ärger der Verbraucherschützer. Dazu heißt es in der Studie: "Je weniger präzise die Investitionskriterien feststehen, desto schwieriger ist es für Verbraucher, Chancen und Risiken abzuschätzen".

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