Goldman Sachs:Ich, Dibelius

Der Deutschland-Chef von Goldman Sachs, Alexander Dibelius, vollzieht zumindest verbal eine unerwartete Wende: Er geißelt die Investmentbanker. Jetzt muss er nur noch entsprechend handeln.

Harald Freiberger

So viel Einsicht hat man von Alexander Dibelius, dem Deutschlandchef der Investmentbank Goldman Sachs, selten gehört: Seine Branche habe in den Boomjahren vor der Finanzkrise "eine Art Paralleluniversum geschaffen", weit entfernt vom normalen Leben. Sie sei deshalb in Misskredit geraten, es gehe jetzt darum, durch aufrichtiges Handeln das Vertrauen der Gesellschaft zurückzugewinnen. Vor allem müsse man besser erklären, was man tue und welchen Nutzen dies stifte.

Alexander Dibelius, 2008

Alexander Dibelius, 2008 Führungstreffen Wirtschaft in Berlin 'Wirtschaft und Gesellschaft - Die Verantwortung von Unternehmen'. Im Bild Alexander Dibelius, Manager bei Goldman Sachs.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Das ist eine bemerkenswerte Wende für einen Mann, der bisher vor allem dadurch auffiel, dass er Verantwortung von sich schob. Dabei waren Investmentbanken mit ihren undurchsichtigen Strukturierungen von Krediten die Mitverursacher der Krise. Dass Dibelius nun Reue zeigt und Besserung gelobt, ist zwar schön. Es kommt aber drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise viel zu spät, und es klingt stark nach einem Lippenbekenntnis. Man sollte Investmentbanker nicht so sehr danach beurteilen, was sie sagen, sondern danach, wie sie handeln.

Ein gutes Beispiel sind die Boni. Auf politischen Druck hin mussten die Institute die jährlichen Sondervergütungen kürzen und stärker am langfristigen Erfolg ausrichten. Das soll dazu führen, dass sie nicht mehr so hohe Risiken eingehen. Aber immer noch ist es so, dass Goldman Sachs in den ersten neun Monaten dieses Jahres für jeden Investmentbanker 270.000 Euro an Bonus zurückgelegt hat. Bei der Deutschen Bank waren es sogar 285.000 Euro.

Die entscheidende Frage ist, ob ein Investmentbanker wirklich das Fünf- oder Zehnfache dessen verdienen muss, was ein einfacher Banker hinter dem Schalter erhält. Sicher haben Investmentbanker Spezialwissen, sie arbeiten härter, und sie bringen ihrem Unternehmen, wenn es gut läuft, mehr Geld. Aber würde es nicht zum Beispiel das Doppelte eines normalen Bankergehalts auch tun?

Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass der Mensch ab einem Bruttogehalt von etwa 60.000 Euro nicht mehr glücklicher wird. Ob man einen 3er BMW fährt oder einen Lamborghini, macht keinen Unterschied, was die Lebenszufriedenheit betrifft. Viele Investmentbanker aber ticken so, deshalb zieht die Branche jene an, denen Geld viel bedeutet und die für Geld fast alles tun. Zum Beispiel auch Risiken eingehen, die sie nicht beherrschen und deren Folgen den Steuerzahlern vor die Füße gekippt werden. Hier könnte Dibelius ansetzen und handeln, statt nur zu reden.

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