Glücksspiel: Sportwetten:www.kasse-machen.de

Erst beschenkte er die Parteien, jetzt fordert Automaten-König Paul Gauselmann die Zulassung privater Sportwetten. Für sein Internet-Toto fehlt nur noch die Lizenz, doch da gibt es ja noch das staatliche Glücksspielmonopol.

Klaus Ott

Die Briefe gingen an Politiker in Bund und Land. Dieses Mal enthielten sie keine Schecks, wie das ansonsten öfters der Fall ist, wenn Paul Gauselmann Abgeordnete anschreibt. Dann beglückt Deutschlands Automaten-König, Gründer und Betreiber des gleichnamigen Glücksspiel-Imperiums, die "politischen Begleiter" seines Konzerns, wie er die Adressaten aus den Parlamenten nennt, gerne mit Partei-Spenden.

Zeitung: Dubiose Parteispenden aus Gluecksspielkonzern

Würde sein Geschäft gern auf Sportwetten ausweiten: Automaten-König Paul Gauselmann.

(Foto: dapd)

Dieses Mal aber trug der 76-jährige Firmenpatriarch aus Espelkamp eine kleine Bitte vor: Man möge doch die Sport- und Pferdewetten teilweise für private Anbieter öffnen.

Das Staatsmonopol sei nicht mehr haltbar, schrieb Gauselmann. Es führe nur dazu, dass 90 Prozent der Toto-Einsätze via Internet "unreguliert und steuerfrei" ins Ausland gingen. Eine Verschärfung des Glücksspielmonopols, wie es manche Politiker forderten, sei "radikales Wunschdenken abseits der Realität".

Was Deutschlands führender Automaten-Hersteller und Spielhallen-Betreiber nicht erwähnte: Von der Zulassung privater Sportwetten-Veranstalter könnte vor allem auch sein Konzern profitieren, der mit 6000 Mitarbeitern jährlich Geschäfte im Wert von fast 1,3 Milliarden Euro macht. Vielleicht sind es bald noch einige hundert Millionen Euro mehr.

Die Gauselmann AG betreibt bereits eine Sportwette namens Cashpoint, bislang aber nur im Ausland. In Österreich ist Cashpoint einer der beiden Marktführer; in Italien sind 233 Wettbüros und Annahmestellen vorhanden, und in Deutschland wäre für Gauselmanns Wette ebenfalls viel zu holen. Tipps auf Fußballkicks, Formel-1-Rennen und andere Sportereignisse zählen hierzulande zu den beliebtesten Glücksspielen.

Auch Vertreter von Sport und Politik wollen private Anbieter

Das vermeintliche Staatsmonopol des Deutschen Lotto- und Totoblocks steht nur noch auf dem Papier. Der größte Teil der Einsätze geht an private Zocker-Gesellschaften wie Bwin, die vom Ausland aus via Internet längst den deutschen Markt erobert haben. Das soll sich ändern.

Politiker von CDU und FDP, Fußball-Manager und Sportfunktionäre drängen vehement darauf, private Wettanbieter zuzulassen, damit mehr Geld im Lande bleibt. Käme es dazu, dann wäre Cashpoint bestimmt mit von der Partie, auch wenn die Gauselmann-Gruppe sich noch recht zurückhaltend äußert.

Das Sportwettgeschäft stehe "nicht im zentralen Fokus" der eigenen Geschäfte. Sollten jedoch Lizenzen für private Veranstalter in Deutschland werden, dann werde man auch hier das dann "legale Spiel abwickeln", räumt die für solche Aktivitäten zuständige Tochtergesellschaft Merkur-Win ein.

Merkur ist eine der Hauptmarken des Konzerns aus Espelkamp. Unter diesem Namen produziert und verkauft Gauselmann weltweit seine Glücksspiel-Automaten. Mehr als 10.000 Spielstätten gibt es inzwischen in Deutschland, mehr als 200 davon betreibt der westfälische Firmen-Patriarch selbst.

Zweites Standbein für Gauselmann

Da ließe sich mehr draus machen. Wer sich in den Daddel-Hallen an Casino-ähnlichen Geräten, Jackpot-Systemen und anderen Glücksspielen versucht, der könnte dort auch sein Geld für Sportwetten ausgeben. Eine Annahmestelle wäre rasch eingerichtet, ein Terminal schnell installiert.

Die Gauselmann-Gruppe, die sich bei den Automaten zunehmender Konkurrenz aus dem Ausland erwehren muss, hätte ein zweites Standbein im Heimatland. Und zugleich könnte der Konzernherr aus Espelkamp zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Eine generelle Lockerung statt einer Verschärfung des Staatsmonopols würde die Spielstätten vor den derzeit heftig diskutierten Einschnitten bewahren.

Wissenschaftler, Drogenexperten und Politiker vor allem aus der SPD drängen darauf, Automaten aus Kneipen zu verbannen, die Zahl der Daddel-Hallen zu reduzieren und neue Auflagen zu erlassen. Die einen wollen so die Spielsucht bekämpfen, die anderen das staatliche Lotto und Toto retten, das den Bundesländern mehrere Milliarden Euro im Jahr bringt.

Die Erlöse der meisten Staats-Lotterien einschließlich ihrer Casinos von Garmisch-Partenkirchen bis Flensburg sind seit Jahren rückläufig. Jene Casinos, Pokerrunden und Sportwetten, die vom Ausland aus online agieren, boomen hingegen, aufgrund vielfältiger Vorteile.

Sie sind oft in Steueroasen wie Gibraltar und Malta ansässig, zahlen kaum Steuern, locken mit höheren Gewinnquoten, werben mit Prominenten wie Boris Becker, und sind nicht sehr streng reglementiert; anders als das staatliche Glücksspiel in Deutschland.

Ein Dilemma, zwei Auswege

Der staatliche Lottochef Erwin Horak verlangt von der Politik, entschieden gegen die private Konkurrenz vorzugehen, deren Geldströme zu kappen, und Gauselmanns Automatenspiel drastisch einzuschränken. Der Bayer Horak ist der Gegenspieler des westfälischen Spielhallen-Königs.

Gauselmann will den genau entgegengesetzten Weg von Horak gehen. Geht es nach ihm, werden private Wettanbieter zugelassen, um von ihnen Abgaben kassieren, und die Auflagen für das staatliche Glücksspiel werden gelockert, das dann wieder florieren werde.

In seinen Briefen an Politiker, denen er so gerne Schecks schickt, spricht Gauselmann von einer "liberalen fortschrittlichen Lösung". Er selbst ist bestens darauf vorbereitet. Sein Konzern hat für ein eigenes deutsches Wett-Angebot längst die Internetadresse cashpoint.de eingerichtet. Es fehlt nur noch die Lizenz.

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