Girokonto:Für wen sich ein Premium-Bankkonto lohnt

Kreditkarten

Meist steckt bei Premiumkonten gleich eine goldene Mastercard oder eine goldene Visakarte im Paket, in denen auch noch Versicherungen enthalten sind.

(Foto: iStockphoto)
  • Das kostenlose Girokonto scheint in Deutschland nach und nach vom Markt zu verschwinden.
  • Immer mehr Banken werben mit Premiumkonten: Die kosten zwar mehr Gebühren, können sich für einige Kunden aber tatsächlich lohnen.

Von Thomas Öchsner

Wenn es darum geht, Gebühren fürs Girokonto einzunehmen, können Banken und Sparkassen ziemlich erfinderisch sein. Ein Euro fürs Überweisen am Schalter, 15 Cent für die Auszahlung am hauseigenen Geldautomaten, zehn Euro fürs Nutzen einer Girocard (früher EC-Karte) - fast nichts ist unmöglich. Immer mehr Geldinstitute kassieren Extragebühren für solche Leistungen. Zugleich haben viele Banken ihre Monatspreise angehoben. Das kostenlose Girokonto verschwindet mehr und mehr vom Markt. Die Stiftung Warentest zählte zuletzt noch 23 Girokonten zum Nulltarif, die vor allem für Kunden geeignet sind, die ihre Geldgeschäfte konsequent per Internet abwickeln.

Viele Kunden, die sich beim Online-Banking lieber noch zurückhalten und den Service in der Filiale schätzen, stehen deshalb vor der Wahl: Soll ich bei meiner Hausbank oder bei einem anderen Anbieter ein Girokonto mit niedriger Grundgebühr und zusätzlichen Kosten für bestimmte Bankdienstleistungen nehmen und im Prinzip alles selbst machen? Oder ist für mich ein Premiumkonto besser mit einem höheren Pauschalpreis, mit dem alle Leistungen rund um den Zahlungsverkehr abgegolten sind? Dazu zählen zum Beispiel Kontoauszüge am Auszugsdrucker, Überweisungen auf Papier, Daueraufträge am Schalter ändern, Bargeld an der Kasse, oft auch eine Kreditkarte zusätzlich.

Das Verbraucherportal biallo.de hat die Angebote von 1330 Geldinstituten in Deutschland ausgewertet. Das Ergebnis: Teurere Angebote können sich für die Bankkunden lohnen - wenn man die Extra-Leistungen in so einem Rund-um-Sorglos-Girokontopaket wirklich nutzt. "Es klingt paradox, aber wer ein paar Euro mehr fürs Girokonto ausgibt, kann unterm Strich sogar Geld sparen", sagt Horst Biallo, Gründer des gleichnamigen Internetportals, das seit mehr als 20 Jahren die Konditionen von Banken vergleicht.

Laut der Untersuchung vom Juni 2018 haben mehr als 800 überregionale und regionale Geldinstitute ein Premiumkonto in ihrem Angebot, 580 davon mit Kreditkarte, ohne die zum Beispiel ein Auto nur schwer zu mieten ist. Meist steckt bei Premiumkonten gleich eine goldene Mastercard oder eine goldene Visakarte im Paket, in denen auch noch Versicherungen enthalten sind. Kunden, die ein solches Angebot bereits nutzen, können nun gut die Preise vergleichen: So kostet laut biallo.de ein Premiumkonto mit Goldkarte bei den Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken im Durchschnitt um die 13,50 Euro im Monat, das sind im Jahr um die 160 Euro. Die Preisunterschiede sind dabei groß. Die Sparkasse Erding-Dorfen nimmt nur monatlich 9,90 Euro für Girokonto einschließlich der goldenen Kreditkarte. Andere Institute verlangen bis zum Doppelten mehr.

Doch lohnt sich das überhaupt? Ist eine goldene Kreditkarte mehr als ein teures Prestigeprojekt? Auffällig ist zunächst, dass das Komplettangebot bei vielen regionalen Sparkassen und Banken relativ günstig ist, wenn man bedenkt, was normalerweise eine Goldkarte pur kosten kann. So sind für die ADAC Kreditkarte Gold 99 Euro im Jahr fällig, für die Lufthansa Miles & More Gold bereits 110 Euro. Außerdem kommt es darauf an, welche Versicherungsleistungen die Karte bietet. Bei den Goldkarten der regionalen Banken und Sparkassen sind zumindest zwei Policen enthalten, die einem eine Menge Ärger ersparen können: Die Reiserücktritts- und Reiseabbruch-Versicherungen springen auch dann ein, wenn die Reise gar nicht mit der Kreditkarte bezahlt wurde. "Das ist besonders interessant für Familien, die eine teure Ferienwohnung von einem privaten Vermieter gebucht haben, der nur Bargeld oder eine Direktüberweisung akzeptiert", sagt Geldexperte Biallo.

Enthalten ist auch eine Auslandsreise-Krankenversicherung ohne Begrenzung des Alters. "Für Menschen von über 65 Jahren ist das ein Vorteil. Die bekommen auf Grund ihres Alters oft keinen Zusatzschutz mehr oder nur für mehrere hundert Euro pro Reise", rät Biallo. Ein möglicher weitere Vorteil der Goldkarte: 269 regionale Institute, fast alle Sparkassen, bieten ihren Kunden mittlerweile an, die Gebühren ganz oder teilweise zu erstatten, die beim Geld Abheben im Ausland mit einer Goldkarte fällig werden. Da kann schon einiges zusammenkommen. Wer 400 Euro abhebt, zahlt schnell mal acht Euro Gebühr.

Oft gibt es selbst Tickets für Konzerte, Theater oder Fußballspiele günstiger

In der Untersuchung heißt es deshalb: Für Bankkunden, die häufiger ins Ausland fahren und dort Bargeld abheben, könne sich die Goldkarte lohnen, wenn sie in einem günstigen Premiumkonto enthalten ist. Das gelte auch "für rüstige Rentner, die oft und vor allem im Ausland Urlaub machen". Auch Kunden, die gern alle Serviceleistungen nutzen wollen und für ein Premiumkonto kaum mehr als für ein klassisches Girokonto zahlen müssen, sollten sich einen Umstieg einmal überlegen, empfiehlt Biallo. Wer hingegen mit Online-Banking kein Problem hat, wenige Bewegungen auf dem Konto hat, lieber in Deutschland bleibt und/ oder ohnehin keine Kreditkarte braucht, sei mit einem anderen Girokonto ohne Kreditkarte besser bedient.

Die Stiftung Warentest rät aber Kunden, die ihr Konto nur online nutzen, nicht mehr als 60 Euro im Jahr zu zahlen - und das inklusive der Girocard. Höher sind die Preise bei den Premiumkonten ohne Kreditkarte, wie aus der Untersuchung von biallo.de hervorgeht. 573 Banken und Sparkassen bieten demnach ein Premiumkonto mit sämtlichen Bankleistungen, aber ohne Kreditkarte. Der Durchschnittspreis beträgt 8,30 Euro pro Monat. Mindestens kosten solche Premiumkonten 4,50 Euro, und zwar bei der Sparkasse Rahden aus Nordrhein-Westfalen. Beim teuersten Anbieter, der Sparkasse Freyung-Grafenau, beläuft sich der Premium-Preis auf monatlich 19,90 Euro. 7,95 Euro verlangt die Stadtsparkasse München.

Nun wird das Premiumkonto mit Kreditkarte, erst recht mit der Goldvariante, teurer. Manche Geldinstitute bieten dafür aber noch mehr Vorteile: Die Hypovereinsbank erlässt bis zu 100 Prozent der Kontoführungsgebühren oder gewährt andere finanzielle Vorteile, wenn ein Kunde im Rahmen eines Vorteilprogramms zum Beispiel eine Immobilie bei der Bank finanziert oder dort Geld anlegt.

Das Haspa-Joker-Premium der Sparkasse Hamburg kostet 16,90 Euro im Monat, dafür bietet das Kreditinstitut diverse Extras. Kunden können zum Beispiel bei der Urlaubsbuchung über das Reisebüro der Sparkasse bis zu sieben Prozent auf den kompletten Reisepreis sparen. Auch Tickets für Konzerte, Theater oder Fußballspiele, das Essen in Restaurants gibt es günstiger. Verliert der Kunde seinen Schlüssel und muss ein Schlüsseldienst die Tür öffnen, kostet das nicht mehr als 50 Euro - zumindest notorische Schussel müssten dann ein paar hundert Euro weniger ausgeben.

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Oliver Noelting - Frugalist

SZ PlusAusgesorgt mit 40
:Ihm reicht's

Eine 40-Stunden-Woche am Schreibtisch? Für Oliver Noelting unvorstellbar. Er ist Anhänger des "Financial Independence, Retire Early"-Lebensmodells: Möglichst viel in kurzer Zeit sparen - und dann für Jahrzehnte einen sparsamen Ruhestand genießen.

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