Gewinne aus Fernsehshows:Eine kleine dicke Steuerschuld

Wegen ihrer "schauspielerischen Leistung" muss die Teilnehmerin der Sat.1-Sendung "Mein großer dicker peinlicher Verlobter" den Fiskus an ihrem Preisgeld beteiligen.

Daniela Kuhr

Leicht hatte es Mareike in der Sat.1-Produktion "Mein großer dicker peinlicher Verlobter" wahrlich nicht.

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(Foto: Foto: dpa)

Sechs Sendungen lang musste die blonde Zahnmedizinstudentin aus Kiel ihre Familie und ihre engsten Freunde belügen. Alle sollten glauben, dass sich die junge schlanke Frau in den unförmigen Fleischklops Gunnar verliebt hat und ihn heiraten will.

Dabei war er nicht nur fett, sondern benahm sich auch noch permanent daneben. Was Mareike nicht wusste: Gunnar und seine Familie waren Schauspieler, die ihr das Leben zur Hölle machen sollten. Sie soffen ohne Ende, rülpsten beim Essen und erzählten schlechte Witze.

Trotzdem gelang es Mareike, ihre Angehörigen von ihrem Glück zu überzeugen. Als Belohnung floss ein Honorar von 500.000 Euro - 250.000 für die Studentin und 250.000 für ihre Familie, die unfreiwillig im Fernsehen gelandet war.

Eine Art Schmerzensgeld, sollte man meinen. Doch Mareike vertrat einen anderen Standpunkt: Das Honorar sei ein Preisgeld, ähnlich einem Lottogewinn, und daher nicht zu versteuern.

Gewinn - oder Ausgleich für Leistung

Mit dieser Argumentation ist sie jetzt vor dem Bundesfinanzhof (BFH) gescheitert. Vier Jahre nach Ausstrahlung der Sendung entschied das höchste deutsche Steuergericht, dass Mareikes 250.000 Euro einkommensteuerpflichtig sind. "Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Geld um sonstige Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt,", sagt Ulrich Derlien, Steuerberater bei der Münchner Kanzlei Peters, Schönberger & Partner.

Ob Fernsehquiz, Spielshow oder Ratesendung - wann immer jemand im Fernsehen ein paar Euro bekommt, stellt sich die Frage der Steuerpflicht. "Die Antwort hängt grob vereinfacht davon ab, ob es sich um einen reinen Gewinn handelt, der einem mehr oder weniger zugeflogen ist, oder ob der Betrag eine Art Ausgleich für eine andere Leistung ist", sagt Derlien.

Wer etwa bei der Ziehung der Lottozahlen sechs Richtige habe, müsse den Gewinn nicht versteuern. "Schließlich hat er sich das Geld nicht erarbeitet, sondern einfach Glück gehabt."

Etwas schwerer fällt die Abgrenzung bei der RTL-Sendung "Wer wird Millionär?" Hier könnte man durchaus den Gewinn als Gegenleistung für die beantworteten Fragen sehen, so dass er zu versteuern wäre. "Trotzdem dürfen die Teilnehmer ihre Gewinne zumindest dann steuerfrei kassieren, wenn sie nur gelegentlich bei einer Quizsendung mitmachen", sagt Derlien.

"Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass bei einem Rundfunk- oder Fernsehquiz meist der spielerische Bereich überwiegt und dass es zu einem guten Teil Glückssache ist, wie viel man gewinnt." Diese Überlegung gelte auch für das RTL-Format. "Schon die Sache mit den Gewinnstufen und den Jokern zeigt, dass das Ganze letztlich ein Spiel und Glückssache ist", sagt Derlien. "Schließlich kann der Mitspieler trotz diverser richtig beantworteter Fragen am Ende leer ausgehen."

Auch bei den Teilnehmern der Big-Brother-Staffeln kam anfangs die Frage auf, ob sie ihren Gewinn versteuern müssen. Bei diesem Sendeformat von RTL II erhält derjenige Bewohner eine sechsstellige Summe, der am längsten in einer Art Container-Wohngemeinschaft gewohnt hat und sich von Kameras rund um die Uhr beobachten ließ. Weil es vom Zufall und Glück abhänge, wann die Zuschauer einen Bewohner rauswählen, sei der Gewinn steuerfrei, hieß von Seiten der Produktionsfirma Endemol. Für die Dauer ihres Aufenthalts in dem Container erhalten die Bewohner zudem eine wöchentliche Aufwandsentschädigung, die sie ganz normal versteuern müssen.

In Fall von Mareike und ihrem "großen dicken peinlichen Verlobten" kamen die BFH-Richter jetzt zu dem Ergebnis, dass die 250.000 Euro ein Entgelt für eine vertraglich vereinbarte Leistung gewesen seien.

Mareike selbst hatte zwar argumentiert, sie habe keine bestimmte Leistung geschuldet, da dem Sender völlig egal gewesen sei, ob sie gewinne oder scheitere, doch das sah der BFH anders. Solche Unterhaltungsshows würden "nahezu ausschließlich von der Mitwirkung der Kandidaten leben", schreiben die Richter in ihrem Urteil.

Schon das Finanzgericht der Vorinstanz war der Ansicht gewesen, dass die Studentin "eine umfangreiche schauspielerische Leistung erbracht" habe, "welche schon in zeitlicher Hinsicht deutlich über die übliche Dauer der Teilnahme an einer Quizshow hinausgeht".

So sei die Sendung über einen Zeitraum von zwei Wochen produziert worden. "Die Klägerin wurde gezielt über ein zweckentsprechendes Casting ausgewählt. Ihre Leistung war auch in qualitativer Hinsicht von einem Gewicht, welches eine angemessene Vergütung erwarten lässt." Sätze, über die Mareike sich eigentlich freuen müsste, doch leider haben sie zur Folge, dass ihr Honorar zu versteuern ist.

Die 250.000 Euro für ihre Eltern bleiben dagegen vom Zugriff des Fiskus verschont. Schon die Vorinstanz hatte entschieden, dass die Studentin mit ihrer Leistung zwar auch dieses Geld erarbeitet hat. Da es ihr aber nicht zugeflossen ist, sondern direkt an ihre Familie überwiesen wurde, fallen keine Steuern an.

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