Gewerbeimmobilien:Kapitalflut

Potsdamer Platz At Night

Immobilien in Deutschland sind gefragt. Das Quartier am Potsdamer Platz in Berlin haben Anleger aus Kanada und Südkorea gekauft.

(Foto: Sean Gallup/Getty)

Nicht nur Wohnen ist begehrt: Investoren geben Rekordsumme für Büros, Hotels, Kaufhäuser und Logistikflächen in Deutschland aus.

Von Andreas Remien

Gut 1,3 Milliarden Euro für ein Gebäudeensemble am Potsdamer Platz oder 540 Millionen Euro für einen Büroturm in Frankfurt - dies sind nur zwei von vielen spektakulären Immobiliendeals in diesem Jahr. Das Kaufvolumen in Deutschland wird 2015 mit etwa 55 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert erreichen, wie der Immobiliendienstleister JLL auf seiner Jahresabschluss-Pressekonferenz in dieser Woche in Berlin prognostizierte. Ob Bürotürme, Kaufhäuser, Hotels oder Logistikhallen - Investoren haben in diesem Jahr für deutsche Gewerbeimmobilien so viel Geld ausgegeben wie nie zuvor.

"2015 war zweifellos ein exzellentes Jahr für die Immobilienbranche in Deutschland", sagt Frank Pörschke, Deutschland-Chef von JLL. Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist das niedrige Zinsniveau. Anlagen wie Bundesanleihen werfen kaum Gewinne ab, gleichzeitig ist die Finanzierung extrem günstig. Dies treibt auch viele Großanleger wie Versicherungen oder Pensionskassen in die Immobilie. Es gebe derzeit eine "Kapitalflut", sagt Helge Scheunemann, Leiter Research von JLL Deutschland. Der Anstieg des Investitionsvolumens auf 55 Milliarden Euro bedeutet einen Zuwachs um circa 40 Prozent im Vergleich zum ebenfalls schon sehr umsatzstarken Vorjahr. Gewerbeimmobilien in Deutschland gelten noch immer als vergleichsweise sichere Anlage, auch bei Investoren aus dem Ausland: Mehr als die Hälfte des Umsatzes fällt laut JLL auf internationale Anleger, vor allem aus Nordamerika und Frankreich.

Der Boom bleibt auf dem Markt nicht ohne Folgen. Wegen der hohen Nachfrage steigen seit Jahren die Preise. Weil sie viel stärker klettern als die Mieten, befinden sich die durchschnittlichen Ankaufsrenditen seit Jahren im Sinkflug. Manche Beobachter befürchten daher, dass die Märkte - wie im Jahr 2008 - schon bald abstürzen könnten. "Ich sehe kein Szenario mit dramatischen Einbrüchen", sagt dagegen JLL-Marktforscher Scheunemann. Gleichwohl seien ein Anstieg der Leitzinsen und auch die vergleichsweise schwache Konjunktur in China größere Risiken. Optimistisch stimmen die Experten aber die deutschen Vermietungsmärkte. Nicht nur Wohnungen, sondern auch Büros ließen sich 2015 vergleichsweise gut vermieten. So wurden laut JLL in diesem Jahr acht Prozent mehr Flächen vermietet als im vergangenen Jahr. Die durchschnittlichen Büromieten sind um vier Prozent gestiegen, der Leerstand ist auf 6,9 Prozent gefallen. Für potenzielle Käufer von Gewerbeimmobilien sind das gute Zahlen. Scheunemann geht daher für Deutschland von einem stabilen Geschäft mit Gewerbeimmobilien aus. "Auch 2016 wird wieder viel gedreht werden".

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