Gestattungsvertrag:"Wir stemmen alle Kosten"

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Die Münchner Stadtwerke fördern die Elektromobilität auf eine besondere Art und Weise - ein Modell auch für andere deutsche Städte?

Interview von Stephanie Schmidt

Die Stadtwerke München haben ein Modell zur Förderung der Elektromobilität entwickelt, das bundesweit das einzige seiner Art ist und sich für WEGs eignet. Malte Gelück, Leiter Wachstum & Skalierung des Bereichs Neue Geschäfte der Stadtwerke, erklärt, wie es funktioniert.

SZ: Das Konzept, das Sie seit dem vergangenen Jahr anbieten, nennt sich Gestattungsmodell. Was bedeutet das?

Malte Gelück: Wir schließen mit der Eigentümergemeinschaft einen Gestattungsvertrag für eine Laufzeit von zehn Jahren. Er besagt, dass uns die WEG erlaubt, die Ladeinfrastruktur in der Liegenschaft auf unsere Kosten zu installieren und zu betreiben.

Viele Verwaltungen und Eigentümer schrecken vor den hohen Kosten zurück, die angesichts von Ladestationen auf sie zukommen können.

Eine individuelle, ungesteuerte Wallbox am eigenen Stellplatz kann für die ersten Eigentümer oder Mieter funktionieren. Wenn weitere Wallboxen folgen, kann es sein, dass man den Netzanschluss des Hauses erweitern muss. Das kann in die Zehntausende gehen und ist von der Eigentümergemeinschaft zu bezahlen. Manchmal muss man sogar die Straße aufgraben.

Wie kommen die Stadtwerke Eigentümergemeinschaften entgegen?

Wir stemmen alle Kosten, die in technischer Hinsicht anfallen und kümmern uns auch um die Instandhaltung. In vielen Fällen ist ein intelligentes Lastmanagementsystem, das den Strombedarf austariert, die richtige Lösung. Das kann die teure Erweiterung des Netzanschlusses verhindern. Auch das installieren und steuern wir. Für die Mitglieder der WEG fallen in der Regel keine Kosten an. Außerdem beraten wir in Bezug auf verschiedene Fördermöglichkeiten. Die Zukunft stellen wir uns so vor, dass jeder Stellplatz mit einem Ladepunkt ausgestattet ist. Die Stellplätze werden künftig intelligente Stromzähler auf Basis der Smart-Meter-Technologie haben. Das ist derzeit noch nicht möglich, da die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zur Markteinführung von Smart Metern noch auf sich warten lassen.

Wer einen Stromer fährt und ihn zu Hause aufladen möchte, kann einen Mietvertrag mit den Stadtwerken abschließen.

Genau. Der Mietvertrag hat eine Laufzeit von drei Jahren und verlängert sich anschließend um jeweils ein Jahr. Wir installieren in den Tiefgaragen der WEGs sogenannte Normalladestationen mit Wallboxen, die eine Leistung von bis zu 22 Kilowatt haben. Die einmalige Anschlussgebühr beträgt 1499 Euro, die monatliche Mietpauschale für die Nutzung der Wallbox 45 Euro. Unsere Ladepunkte versorgen die Elektroautos mit Strom, der zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien stammt. Die Kosten für den Strom werden über eine Energiepauschale verrechnet.

Die Stadtwerke gehen erheblich in die Vorleistung. Warum?

Wir glauben an dieses Geschäft. Das Modell rechnet sich, wenn viele Leute in der WEG einen Ladepunkt mieten. Um die Infrastruktur zu realisieren, benötigen wir aktuell mindestens zwei Eigentümer, die einen Mietvertrag mit uns abschließen.

Lässt sich die Infrastruktur in sämtlichen Liegenschaften realisieren?

Nein, nicht in allen. In der Regel ist es bei Neubauten einfacher, Ladestationen zu errichten als bei Altbauten. Wir können nicht die veraltete Elektrik des gesamten Gebäudes austauschen, falls das erforderlich wäre. Technisch machbar ist das schon, aber da würden die Kosten durch die Decke gehen. In solchen Fällen muss man klären, ob die Eigentümer bereit sind, selbst zu investieren. Egal um welche Immobilie es sich handelt, wir machen immer eine technische Vorprüfung.

Bieten Sie das Gestattungsmodell auch im Bereich Gewerbe immobilien an?

Ja. Viele Firmen wollen, dass ihre Mitarbeiter das Auto am Arbeitsplatz aufladen können. Wir haben bereits eine dreistellige Anzahl von Verträgen geschlossen, darunter sind Unternehmen ebenso wie WEGs.

© SZ vom 10.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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