Süddeutsche Zeitung

Gesetzesvorstoß:Härtere Gangart bei US-Großbanken

Das Zähneklappern an der Wall Street wird lauter: Washington plant nun offenbar doch, US-Großbanken stärker zu zügeln. Der Staat will sich bei Pleiten nicht mehr erpressen lassen.

Präsident Barack Obama will gemeinsam mit dem US-Kongress nun offenbar doch ein heißes Eisen anfassen - die Regulierung von Großbanken, die so groß sind, dass ihre Insolvenz das gesamte Finanzsystem zum Einsturz bringen würde. Die Regierung steht bislang damit vor einem fundamentalem Problem: Egal wie riskant die Geschäfte der Großbanken zuvor auch waren, im Pleitefall müssten sie dennoch gerettet werden - die Regierung ist damit erpressbar.

Ein hohes Regierungsmitglied sagte der New York Times nun, dass der demokratische Kongressabgeordnete Barney Frank nach intensiven Beratungen mit dem US-Finanzministerium noch in dieser Woche eine Gesetzesvorlage zu dem Thema einbringen werde. Frank ist Sprecher des Kongressausschusses für Finanzdienstleistungen.

Die Maßnahmen sähen vor, die Übernahme von angeschlagenen Banken durch die Regierung zu erleichtern, das Management im Bedarfsfall zu entfernen, Aktionäre zu enteignen, und die Konditionen für ausgereichte Kredite bei Kriseninstituten zu modifizieren, so die New York Times.

Patientenverfügung für Unternehmen

Weiter sagte das Regierungsmitglied, dass Finanzminister Timothy Geithner am Donnerstag die Gesetzesänderungen im Kongress vor dem Ausschuss für Finanzdienstleistungen erläutern werde.

Die Regierungspläne, die als Reaktion auf die Finanzkrise bislang bekanntgeworden waren, sahen lediglich vor, Großbanken zu höheren Risikovorsorgen zu verpflichten und ihre gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapitalunterlegungen zu erhöhen. Bereits durch diese Maßnahmen würden sich die Kosten für Großbanken erheblich erhöhen.

Zudem beabsichtigt die Regierung, Unternehmen gewissermaßen zu ihrer eigenen Patientenverfügung zu zwingen. Darin sollen die Konzerne selbst festlegen, wie sie im Fall einer Firmenkrise aufgespalten werden können. Die Firmen sollen diese Notfallpläne künftig veröffentlichen müssen, schreibt die New York Times weiter.

Experten aus den US-Finanzaufsichtsbehörden und Ökonomen hatten in den vergangenen Wochen allerdings moniert, dass die Regierungspläne bislang nicht ausreichen würden. Sie argumentieren, dass der Staat die größten Banken und Investmentkonzerne schon jetzt aufspalten sollte.

Zumindest müssten nach Auffassung führender Geldpolitiker die Handelsaktivitäten der Banken stärker reguliert werden. So hatte sich der frühere US-Notenbankchef Paul Volcker dafür ausgesprochen, das normale Bankgeschäft, also Giro- und Sparkonten sowie Firmen- und Privatkredite, vom wesentlich riskanteren Investmentbanking zu trennen. Die Regierung Obama widersetzt sich bislang solch drastischen Maßnahmen.

"Mehr eine provokative Idee als ein Vorschlag"

Zu dem Vorstoß, große Banken aufzuspalten, sagte Daniel Tarullo, ein Beamter der Obama-Administration, der New York Times: "Das ist mehr eine provokative Idee als ein Vorschlag." US-Notenbankchef Ben Bernanke meinte in der vergangenen Woche, er bevorzuge eine behutsamere Vorgehensweise, ohne die wirtschaftlichen Vorteile multifunktionaler internationaler Konzerne zu verlieren.

Offenbar schreckte der Gesetzgeber in den USA bislang vor einem allzu aggressiven Vorgehen zurück, da an der Wall Street schon jetzt Ängste kulminieren, dass die Regulierung der Finanzbranche ungebührlich hart ausfallen könnte: "Wir sollten kein System schaffen, das große Unsicherheiten weckt und große Veränderungen gegenüber dem mit sich bringt, was Institutionen, Risikomanager und Juristen bislang gewohnt sind", sagte Edward Yingling, Präsident des US-Bankenverbandes ABA der New York Times.

Die Frank-Pläne könnten nun aber ein Indiz dafür sein, dass sich die US-Regierung nun doch zu einer härteren Gangart gegenüber den amerikanischen Großbanken durchgerungen hat.

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