Gesetzesänderung wegen Energiewende:Neues Recht könnte Mieten in die Höhe treiben

Für die Bundesregierung ist es Teil der Energiewende, für Mieterverbände eine "Schweinerei": Mit einer Gesetzesänderung zwingt Schwarz-Gelb Mietern höhere Kosten für Sanierungen auf, beschneidet ihr Recht zur Mietminderung und geht gegen Mietnomaden vor. Ein Überblick.

Mietervertreter sind wütend: Die Abgeordneten der schwarz-gelben Koalition verabschieden an diesem Donnerstag im Bundestag eine Reform des Mietrechts (Gesetzesentwurf als PDF). Sie stärkt vor allem die Position der Wohnungsbesitzer.

40 Millionen Wohnungen gibt es in Deutschland, etwa 24 Millionen werden vermietet. Vor allem in Ballungsräumen steigen die Mieten weit schneller als die meisten anderen Preise. Seit 2005 liegen die Erhöhungen oft im deutlich zweistelligen Prozentbereich.

Bewohner müssen darum einen immer größeren Teil ihres Einkommens für ein Dach über dem Kopf ausgeben - oder aus den Zentren weichen. In diese ohnehin schon für viele prekäre Situation platzt das neue Mietrecht. Damit will die Bundesregierung die Mieter zwingen, ihren Teil zur "gesamtgesellschaftlichen Aufgabe" Energiewende beizutragen. So formuliert es jedenfalls der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae, der im Rechtsausschuss für die Novelle zuständig ist (Beschlussempfehlung des Ausschusses als PDF).

Die Änderungen im Überblick:

  • Die umstrittenste Änderung betrifft Sanierungen, die Wohnungseigentümer vornehmen, um Energie zu sparen, etwa neue Heizungen und Fenster oder bessere Dämmung: Treten während dieser Umbauten Dreck, Lärm oder sonstige Belästigungen auf, kann die Miete in den ersten drei Monaten nicht mehr gemindert werden - schließlich geht es um das höhere Ziel Energiewende. Die Bundesregierung will damit Anreize vor allem für private Vermieter schaffen, Wohnungen energieeffizient zu gestalten. Der Mieterbund sagt: "Niemand muss 100 Prozent zahlen, wenn die Gegenleistung nicht zu 100 Prozent in Ordnung ist." Die Koalition kontert: Eine sanierte Wohnung käme auch den Mietern in Form von günstigeren Nebenkosten zugute. Nach Ablauf der drei Monate können Mieter nach wie vor eine Mietminderung verlangen (die Stellungnahme des Mieterbundes finden Sie hier).
  • Maximal elf Prozent für Modernisierung darf der Vermieter schon jetzt auf die Miete umlegen. Der Mieterbund rechnet vor: Fallen Sanierungskosten in Höhe von 200 Euro pro Quadratmeter an, bedeutet das bei einer 70 Quadratmeter großen Wohnung eine Mieterhöhung von 128 Euro im Monat. Umgelegt werden dürfen bisher nur Kosten für Sanierungen, mit denen der Mieter auch Geld spart (wie etwa gute Dämmungen). In Zukunft soll er auch Kosten für Änderungen tragen, die zwar gut fürs Klima sind, ihm aber finanziell nichts bringen. Dazu zählt das sogenannte "Contracting" - zum Beispiel der Umstieg auf Fernwärme oder auf die Nutzung von Solathermie.
  • Vermieter sollen wirksamer gegen "Mietnomaden" vorgehen können. Dazu wird ein neuer Kündigungsgrund geschaffen. Auch wenn ein Mieter mit der Kautionszahlung deutlich in Verzug gerät, soll der Mietvertrag fristlos kündbar sein. Überdies sollen Zwangsräumungen unbezahlter und verwahrloster Wohnungen erleichtert werden. Die SPD wendet ein, Mietnomaden seien kein Massenphänomen. Wegen Einzelfällen dürfe nicht das Recht für alle verschärft werden, kritisiert die SPD. Der Kündigungsschutz bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll außerdem künftig nicht mehr umgangen werden können.
  • Der Abgeordnete Thomae verteidigt die Novelle: "Es trifft nicht zu, dass die Mietrechtsnovelle ausnahmslos Mieterrechte schwächt." In zumindest einem Punkt hat er Recht: Statt um bisher 20 Prozent dürfen Wohnungsmieten innerhalb von drei Jahren nur noch um maximal 15 Prozent steigen. Mieterbund-Sprecher Ulrich Ropertz entgegnet jedoch: "Die Kappungsgrenze greift nur bei bestehenden Mietverhältnissen ein." Bei Neuvermietungen gebe es dagegen keine gesetzliche Regel, die überproportionale Steigerungen verhindern würde. Die Organisation fordert, neu eingegangene Mieten zu deckeln, wenn sie zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigen. "Eine Begrenzung der Neuvertragsmieten wäre auch deshalb so wichtig, weil die hohen Neuvertragsmieten von heute die Bestandsmieten von morgen sind." Langfristig müsse die Politik aber vor allem Anreize schaffen, neue Wohnungen zu bauen. Dem Mieterbund zufolge fehlen in Deutschland 250.000 Wohnungen.
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