Geruchsbelästigung:Gestank vor Gericht

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Entspannung für die einen, Ärgernis für die anderen: Rauchen auf dem Balkon. (Foto: Stephan Rumpf)

Wer an heißen Sommerabenden das Fenster öffnet, bekommt oft nicht nur kühle, sondern auch schlechte Luft in die Wohnung. Das Grillen und Rauchen wird daher immer weiter eingeschränkt.

Von Andrea Nasemann

Mief, Gestank, Küchengerüche, Zigarettenrauch, Rauch vom Grillen - es gibt vieles, das die Nase des Nachbarn stören kann. Zahlreiche Gerichte müssen daher immer wieder klären, wo die Grenzen verlaufen, was geduldet werden muss und was verboten werden darf.

Ärger gibt es etwa häufig dann, wenn ein Bewohner im Haus starker Raucher ist. Dann sind häufig auch die umliegenden Nachbarn in Mitleidenschaft gezogen. Diese gehen dann bisweilen auf die Barrikaden. Prominent ist der Fall eines Rentners, der nach einer fristlosen Kündigung seine Wohnung räumen sollte, die er seit 40 Jahren bewohnte. Mangelnde Lüftung und volle Aschenbecher hatten die anderen Mieter im Haus stark belästigt, da Rauch und Gestank ständig ins Treppenhaus zogen. Der Vermieter hatte den 75-jährigen Kettenraucher deshalb mehrmals abgemahnt und das Mietverhältnis fristlos gekündigt, weil er seine Wohnung täglich ins Treppenhaus entlüftete. Der Mieter, der in seiner Wohnung täglich 15 Zigaretten rauchte, lüfte seine Wohnung nicht anständig, so die Richter, und leere auch nicht seine Aschenbecher. Die Sache landete schließlich in der letzten Instanz vor dem Bundesgerichtshof. Eine Kündigung sei grundsätzlich in solchen Fällen zulässig. Eine Geruchsbelästigung der Mitmieter durch Zigarettenrauch, die ein Mieter durch einfache und zumutbare Maßnahmen wie die Lüftung über die Fenster verhindern könne, könne im Einzelfall eine Störung des Hausfriedens und eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten des Mieters darstellen, insbesondere dann, wenn die Intensität der Beeinträchtigungen ein unerträgliches und gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreiche. Das allerdings konnte das Gericht nicht feststellen und verwies deshalb den Streit wieder zur weiteren Klärung an das Berufungsgericht zurück (Urteil vom 18. Februar 2015, VIII ZR 186/14).

Dass sich die lange Zeit festgefahrene Meinung der Gerichte zum Thema Rauchen langsam ändert, zeigt sich auch an einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Danach kann auch das Rauchen auf dem Balkon eingeschränkt werden. Mieter können ihren Nachbarn sogar neuerdings wegen der Rauchbelästigung verklagen. Bisher hatten einige Gerichte eine Mietminderung von fünf bis zehn Prozent anerkannt - ein Klageanspruch gegen den rauchenden Nachbarn ist dagegen neu. Maßgeblich sei, ob der Rauch von einem "verständigen durchschnittlichen Menschen" als störend empfunden werde, urteilten die Richter. Die Nichtraucher fühlten sich von dem Zigarettenqualm der unter ihnen wohnenden Nachbarn gestört und forderten, dass bestimmte Stunden am Tag rauchfrei bleiben müssten, damit sie ihren Balkon auch ohne Zigarettenqualm nutzen könnten. Laut Bundesgerichtshof muss in einem Nachbarschaftsstreit jetzt der Richter vor Ort prüfen, ob der Zigarettenrauch vom Balkon darunter wesentlich stört. Ist das der Fall, entscheidet der Richter, wann Raucher auf dem Balkon rauchen dürfen. Dabei muss er "attraktive Zeiten" für einen Balkonaufenthalt im Sommer angemessen verteilen. Aber sogar bei einer nur unwesentlichen Geruchsbelästigung können nichtrauchende Mieter gegen Raucher vorgehen: Wenn sie Gesundheitsgefahren durch aufsteigende Rauchpartikel geltend machen und dies durch ein Feinstaub- und Gesundheitsgutachten belegen (Urteil vom 16. Januar 2015, V ZR 110/14). Schließlich entschied das Landgericht Frankfurt am Main, dass ein Rauchverbot dann wirksam sei, wenn die Wohnung über einen Nordostbalkon und über einen Südwestbalkon verfügt. In dem entschiedenen Fall konnte das Rauchen auf einem der beiden Balkone untersagt werden (Urteil vom 28. Januar 2014, 2-09 S 71/13).

Auch beim gemeinsamen Feiern muss auf die Nachbarn Rücksicht genommen werden

Allerdings werden Balkone nicht nur zum Rauchen benutzt. Beim gemeinsamen Feiern muss allerdings auf die Nachbarn Rücksicht genommen werden. Dies gilt auch für das Grillen auf dem Balkon. Dies ist zwar grundsätzlich erlaubt. Ist es laut Mietvertrag aber verboten, müssen sich Mieter daran halten. Auch eine Hausordnung kann ein Grillverbot beinhalten (Landgericht Essen, Urteil vom 7. Februar 2002, 10 S 438/01). Mieter, die dagegen verstoßen, riskieren die Kündigung. Vom Grillrauch beeinträchtigte Mieter können daher von ihrem Vermieter die Durchsetzung des Grillverbots verlangen. Außerdem droht ein Bußgeld, weil es nach den Immissionsschutzgesetzen des Bundes und der Länder verboten ist, dass beim Grillen konzentrierter Qualm in Nachbarwohnungen zieht. Dies gilt für Eigentümer, Wohnungseigentümer und Mieter gleichermaßen (Oberlandesgericht Düsseldorf vom 26. Mai 1995, 5 Ss (OWi) 149/95).

Wer grillt, muss in jedem Fall darauf achten, dass der Rauch die Nachbarn nicht wesentlich beeinträchtigt. Manche Gerichte haben konkret entschieden, wie oft gegrillt werden darf. Nach Meinung des Landgerichts Stuttgart soll das Grillen nur drei Mal im Jahr für je zwei Stunden oder insgesamt für sechs Stunden zulässig sein. Das Landgericht Düsseldorf entschied, dass die Verwendung eines Holzkohlegrills auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses generell unzulässig sei. Bei beengten räumlichen Verhältnissen muss ein Nachbar nach 22 Uhr Gerüche und Geräusche, die von nächtlichem Grillen im Garten herrühren, nicht hinnehmen. Vier Mal im Jahr kann allerdings unter diesen Umständen ein Grillen bis 24 Uhr als sozialadäquat anzusehen sein (OLG Oldenburg, Urteil vom 29. Juli 2002, 13 U 53/02).

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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