Süddeutsche Zeitung

Gerichtsentscheidung zu Nespresso:Nestlé verliert im Kapsel-Streit

Nespresso-Kapseln und Kaffeemaschinen von Nestlé werden als Edelprodukte vermarktet - da passt es schlecht, dass andere Anbieter mit billigeren Konkurrenz-Kapseln um Kunden werben. Doch jetzt hat ein Düsseldorfer Gericht in einem Eilverfahren entschieden, dass der Konzern die Fremdkapseln akzeptieren muss.

Von Oliver Klasen

Eigentlich geht es nur um ein paar Kapseln aus Aluminium. Darin verpackt die Firma Nestlé ihren Kaffee, der in speziellen Maschinen zubereitet wird. Das Unternehmen vermarktet Maschinen und Kaffee als Edelprodukte, selbstverständlich, wie es der Zeitgeist fordert, behauptet der Konzern auf seiner Internetseite auch, dass die Aluminiumkapseln eine tadellose CO-2-Bilanz aufwiesen.

Die Kapseln heißen im Nestlé-Sprech aber nicht nur einfach Kapseln, der Konzern nennt sie "Grand Crus", wie teure Weine aus den besten Lagen der Welt. Zwischen 35 und 39 Cent kostet ein "Grand Cru", wenn der Kunde sie online bestellt. Dann kann er zwischen 16 verschiedenen Sorten wählen, die zum Beispiel "Arpeggio", "Livanto", "Capriccio" und "Volluto" heißen. Die Firma schickt auch eine aufwendig gestaltete Broschüre nach Hause, da steht drin, was es mit den unterschiedlichen Namen auf sich hat. "Arpeggio, ein reiner, stark gerösteter Arabica aus Mittel- und Südamerika hat einen starken Charakter und einen gut spürbaren Körper, der durch Kakaonoten unterstrichen wird", heißt es dort etwa.

Jetzt sind diese Kapseln zum wiederholte Male Gegenstand einer Gerichtsverhandlung. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hat entschieden, dass billigere Kapseln der Konkurrenz weiterhin mit dem Hinweis beworben werden dürfen, dass sie für Nespresso-Maschinen geeignet sind (Az: I-2 U 72/12 und I-2 U 73/12).

Langwieriger Rechtsstreit um die Kapseln

Damit haben die Richter den Eilantrag der Schweizer Nestlé-Tochter Nestec zurückgewiesen, gegen dieses Vorgehen eine einstweilige Verfügung zu erlassen. Beklagte waren die beiden Schweizer Firmen Ethical Coffee Company und Betron, die ohne Lizenz um sechs bis zehn Cent billigere Kapseln für die Nespresso-Maschinen vertreiben.

Schon in der Vorinstanz hatte die Nestlé-Tochter eine Niederlage hinnehmen müssen: Das Düsseldorfer Landgericht hatte in einem Eilverfahren keine Patentverletzung gesehen.

Nespresso reagierte enttäuscht und setzt nun auf das Hauptverfahren, das ebenfalls in Düsseldorf stattfindet. "Wettbewerb ist für Nespresso nicht neu", erklärte Holger Feldmann, Geschäftsführer von Nespresso Deutschland. Weltweit habe man über 100 Mitbewerber im Segment für portionierten Kaffee. Allein in Deutschland gebe es auf dem Gebiet 24 Hersteller.

Der Markt für Portionskaffee ist sehr lukrativ und hart umkämpft, obwohl die Kapseln wesentlich teurer sind als loser Kaffee. Seit Anfang Februar bietet zum Beispiel auch der Discounter Lidl Kaffeekapseln einer Eigenmarke an.

Der Rechtsstreit um die Kapseln zieht sich bereits geraume Zeit hin. 2011 waren mehrere Hersteller, die auch auf dem Nespresso-Markt verdienen wollen, vor das Europäische Patentamt gezogen, um gegen den Patentschutz zu klagen.

Nestlé ist Inhaber eines für Nespresso-Kaffemaschinen genutzten Patents - und Teil der Erfindung seien auch die Kapseln, argumentierten die Anwälte des Konzerns beim jetzigen Prozess in Düsseldorf. Die Richter waren anderer Meinung: Die erfinderische Leistung spiegele sich in der Technik der Kaffeemaschinen wider, nicht aber im Aufbau der Kapseln. "Die Kapsel gehorcht nur" und sei ein "passives Element", sagte Thomas Kühnen, der Vorsitzende des Senats.

"Passives Element", das muss den Konzern besonders schmerzen. Das klingt so gar nicht nach "Grand Cru".

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