Geldanlage:Wenn die Rolex zu leicht ist

Swiss Watch Fans Gather At Baselworld

Rolex-Stand auf der Uhrenmesse Baselworld (Archivbild).

(Foto: Bloomberg)

Empfehlenswert sind ein Gefühl für trickreiche Fälschungen, ein guter Safe und am besten ein Modell mit "ewigem Kalender": Experten geben Tipps zur Investition in Uhren.

Von Sabrina Keßler

Uhren sind eine riskante Geldanlage. Wer sich dennoch dafür interessiert, sollte zumindest einige Regeln beachten, die Experten empfehlen.

Material, Marke und Modell

Das einfachste Erkennungsmerkmal: das Material. Je edler die verbauten Teile sind, desto interessanter ist eine Uhr für mutige Anleger. Das zeigt zum Beispiel die Wertentwicklung des Jahreskalenders der Marke Patek Philippe, der zum 125-jährigen Bestehen des Juweliers Wempe angefertigt wurde. Die Uhr wurde auf je 125 Stück in Gelb-, Weiß-, Roségold und 100 Stück in Platin limitiert. Im Gegensatz zu den baugleichen Modellen aus Gold war die 10.000 Euro teurere Platin-Variante nicht nur nach wenigen Tagen vergriffen, ihr Wert hatte sich im Gegensatz zu den anderen Varianten schon drei Jahre nach Ausgabe verdoppelt.

Eine wesentliche Rolle für die Wertsteigerung spielt zudem die Marke. Patek Philippe etwa erzielt seit langem die besten und konstantesten Preise am Markt - zumindest laut Verkaufsergebnissen von Auktionshäusern wie Sotheby's oder den Analysen von Uhrenexperten und Investoren wie Walter Castillo. Der Uhrenspezialist der Verkaufsplattform Chronext entwickelt Kursverläufe, um zu sehen, wie sich der Wert bestimmter Marken entwickelt. Auch IWC und A. Lange & Söhne taugen seiner Erfahrung nach für die Wertanlage. Selbst die Marke Rolex, deren Ruf einer Studie der Markenberatung Brand Trust zufolge deutlich schlechter geworden ist, gilt unter Investoren noch immer als zumindest wertstabile Anlage.

Erfolg versprechen vor allem limitierte Modelle. Generell gilt: Je geringer die Auflage und je größer die Nachfrage, umso interessanter ist das Modell als Investment. Bestes Beispiel: Die aktuelle Stahlausführung der Rolex Daytona, auf die Interessenten zur Zeit mindestens acht Jahre warten müssen. Durch die Verknappung sind einige Bieter bereit, weit über Listenpreis zu kaufen. Ab und an erzielt man sogar mit Modellen kleinerer Manufakturen, die nur in geringen Stückzahlen produzieren, hohe Renditen. Gute Marktkenntnis vorausgesetzt.

Vorbesitzer und Komplikationen

Der Wert einer Uhr wird mitunter auch von ihrer Geschichte bestimmt. Im Oktober 2008 wurde Albert Einsteins goldene Uhr der Marke Longines aus dem Jahr 1929 für 432.000 Euro versteigert. Die Tatsache, dass sie aus dem Besitz des Genies stammte, katapultierte den Preis der eher schlichten Uhr weit nach oben.

Für Investoren wie Castillo kommt neben der Herkunft ein weiterer Aspekt dazu: die sogenannten Komplikationen. Darunter verstehen Fachleute Zusatzfunktionen, die eine Uhr zu mehr machen als einem bloßen Zeitmesser. Zum Beispiel ein Chronograph, um die Zeit zu stoppen, die zweite Zeitzone, um Reisenden verschiedene Tageszeiten anzuzeigen oder Mondphasen für die Astronomen unter den Sammlern. Als aufwändigste Komplikation gilt der "ewige Kalender", der neben Datum, Wochentag und Monat auch die Monatslängen kennt und jedem Schaltjahr einen 29. Februar hinzufügt. "Diese Komplikationen steigern nicht nur den momentanen Wert, sondern auch die Aussicht auf eine Wertsteigerung in der Zukunft", sagt Castillo.

Gebrauchsspuren und Dichtigkeit

Auch wenn nicht gerade Einstein der Vorbesitzer war, kommen auch gebrauchte Uhren als Renditeobjekt in Frage. Ihr Vorteil liegt im geringeren Einstandspreis, erklärt Sadullah Yalcin, Inhaber eines Luxusuhren-Geschäfts in Köln: "Sobald ein Auto das Werk verlässt und die ersten Kilometer fährt, sinkt der Wert direkt um ein paar Tausend Euro. Ähnliches passiert mit neuen Uhren." Nur: Bei Uhren sei der Wertverlust prozentual weitaus geringer. "Allerdings sollte man darauf achten, dass die Uhr nur leichte Gebrauchsspuren aufweist und regelmäßig gewartet wurde."

In der firmeneigenen Werkstatt lagert Yalcin Dutzende Uhren, die auf genau diese Revision warten. Etwa alle fünf bis sieben Jahre sollte die Uhr gründlich getestet, gereinigt und auf Dichtigkeit geprüft werden. Je nach Aufwand - manche Uhren bestehen aus bis zu 800 Einzelteilen - schwankt der Preis dafür erheblich. "Unsere Kunden zahlen im Schnitt 500 Euro", sagt Yalcin. Eine stolze Summe.

Käufer brauchen Zeit und einen guten Safe

Nach der Wartung gehört die Uhr am besten direkt zurück in den Safe. "Ich trage meine Uhren höchstens mal zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder Geburtstagen", sagt Castillo. Die restliche Zeit lagern seine Schätze auf der Bank. Zum einen aus Versicherungsgründen, denn die Hausratversicherung zahlt nur, wenn die Uhren gesichert weggeschlossen waren. Zum anderen, um Gebrauchsspuren zu vermeiden. Schon kleinste Kratzer können den Wert der Uhr um bis zu 40 Prozent drücken.

Doch auch eine gut erhaltene, fast neuwertige Uhr steigert ihren Wert nicht mal eben so. Investments in Uhren sind langfristige Anlagen, die sich Castillo zufolge frühestens nach acht bis zehn Jahren auszahlen. Wer schnelle Rendite im Blick hat, sollte beim Investieren lieber die Finger von Uhren lassen

Billig-Angebote im Internet

Um sich einen guten Einstandspreis zu sichern, sollten Interessierte vor dem Kauf der Wunschuhr Preise vergleichen: im Internet auf Vergleichsseiten wie Uhrenpreisspiegel.de oder Uhrenpreise.de, oder auf Verkaufsplattformen wie Chrono24, Montredo oder Chronext. Die Internethändler locken mit Preisen, die nach eigenen Angaben mindestens 25 Prozent unter den Empfehlungen des Herstellers liegen.

"Dieser Preisnachlass ist möglich, weil in der Branche gewaltige Gewinnspannen stecken", erklärt Philip Man, Geschäftsführer von Chronext. Allein die Händlermarge betrage 40 bis 50 Prozent des Verkaufspreises. "Dabei braucht es gerade einmal zehn Prozent des Preises, um die Herstellungskosten zu decken", sagt Man. Zudem könnten Juweliere oder Luxusuhren-Händler ihre Ware im Internet anonym anbieten und seien deshalb nicht an die strikten Preisvorgaben der Hersteller gebunden. Das macht die Uhren im Internet nochmals billiger als im Laden. Auch Walter Castillo kauft seine Uhren am liebsten online. Sein Favorit: Ebay. Rund 90 Prozent, hat er über die Auktionsplattform erworben, schätzt er.

Fälschungen und Hochzeiten

Die Kehrseite: "Gerade wer im Internet kauft, muss sich vor Fälschungen in Acht nehmen", warnt Annabel Oelmann, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale NRW. "Fälschungen sind heutzutage nur schwer zu enttarnen". Während eine Fake-Rolex früher einfach nicht authentisch war oder schlichtweg viel zu leicht, haben heutige Fälschungen oft Bestandteile echter Uhren. So kann es durchaus vorkommen, dass eine Uhr mit Originalgehäuse oder echtem Ziffernblatt ein ausgetauschtes, billiges Uhrwerk hat. Fachleute sprechen von einer "Marriage", einer "Hochzeit" aus originalen und gefälschten Teilen.

Die Online-Plattformen Montredo oder Chronext versprechen nach eigenen Angaben Sicherheit. "Wir schalten uns als Händler zwischen Käufer und Verkäufer und nehmen die Uhr zunächst in unseren eigenen Besitz", erklärt Philipp Man. "Erst wenn die Uhr durch unsere Uhrmacher überprüft wurde und wir sicher sind, dass der Verkäufer seriös ist, reichen wir sie an den Käufer weiter."

Mit diesem Konzept wächst das junge Kölner Startup, das nach eigenen Angaben mehr als 2000 Uhren online anbietet. "Wir sind überzeugt, dass dieser Markt sehr viel Potenzial birgt", sagt der erst 23-jährige Geschäftsführer. "Die einen verstecken ihr Bargeld unter dem Kopfkissen, andere investieren eben lieber in Uhren. Das bietet eine gewisse Sicherheit", wirbt er. "Wie ein Goldbarren daheim." Allerdings dürfte es deutlich leichter sein, einen Käufer für den Goldbarren zu finden als für eine alte Uhr.

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