Geldanlage:Auf der Welle reiten

Erst ging es bergauf, jetzt droht dem Dax eine Kurskorrektur. Anleger können mit speziellen Fonds davon profitieren und auf fallende Kurse spekulieren.

Catherine Hoffmann

Die Zuversicht am Aktienmarkt schwindet. Seit Anfang März haben die Kurse in den USA, Europa und Deutschland um rund 30 Prozent zugelegt. Selten hat es eine solche Rally in einem so kurzem Zeitraum gegeben.

Auf und Ab der Börse, SZ-Graphik

Wellenreiten: Am Auf und Ab der Börse verdienen.

(Foto: Foto: SZ-Graphik)

Die Anleger haben darauf gewettet, dass die Rezession bald vorbei ist, der nächste Aufschwung kurz bevorsteht. Doch die steil steigenden Kurse standen in starkem Kontrast zu den täglichen Schreckensnachrichten aus der Wirtschaft: Gewinneinbrüche, Entlassungen und Pleiten.

"Die starke Aufwärtsbewegung im zweiten Quartal war verfrüht", sagt Michael Köhler, Investmentanalyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). "Wir haben noch schwierige Wochen oder sogar Monate vor uns, weil die Wirtschaftsdaten nicht so gut sind, wie es die Börse gespielt hat."

Mehr und mehr Strategen warnen, dass der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit allzu groß geworden sei - und dass das zweite Halbjahr am Aktienmarkt schwierig werden könnte.

"Der Dax wird fallen"

"Vorsicht ist allemal angebracht", glauben die Strategen vom Bankhaus Metzler mit Blick auf den Dax, das Rückschlagpotenzial sei groß. LBBW-Analyst Köhler rechnet damit, dass der Dax in den nächsten drei Monaten um 500 auf 4200 Punkte fallen wird.

Dabei stellt er gar nicht in Frage, dass die Konjunktur langsam die Talsohle erreicht, nur werde der nächste Aufschwung enttäuschen. "Ich rechne mit einer sehr zähen und langsamen Erholung", sagt der Stratege.

Die "grünen Triebe", von denen im Mai und Juni noch so hoffnungsvoll gesprochen wurde, sie wachsen nicht so recht: Die Arbeitsmärkte sind von einer Wende zum Besseren weit entfernt - das haben die jüngsten Arbeitsmarktdaten aus den USA und Deutschland gezeigt.

Die Verbraucher werden kaum mit vollen Händen Geld ausgeben. Viele Unternehmen plagen nach wie vor Überkapazitäten und niedrige Gewinne, sie haben also keinen Grund, kräftig zu investieren - da helfen auch die niedrigen Zinsen der Notenbanken nicht.

Wer bei hohen Kursen einsteigt, braucht Geduld

Nur die Regierungen geben nach Kräften Geld aus - und nehmen dafür eine hohe Neuverschuldung in Kauf, die über kurz oder lang höhere Kapitalmarktrenditen nach sich ziehen könnte. Die großzügige Geld- und Fiskalpolitik ist also auch keine Garantie für Prosperität. Das wird sich am Aktienmarkt niederschlagen.

Die jüngste Vergangenheit zeigt, dass Aktienkurse stärker schwanken, als es Investoren lieb ist. Da hilft nur eine gehörige Portion Langmut. Wer zu hohen Kursen eingestiegen ist, muss sich im Zweifel sehr lange gedulden, bis sein Aktienkauf die erwünschten Früchte trägt.

Wetten auf den Börsencrash - kein Kinderspiel

Für vorsichtige Anleger ist es jetzt wohl an der Zeit, über einen teilweisen Rückzug vom Aktienmarkt nachzudenken. Einen Anlass zu panikartigen Verkäufen sehen die Geldverwalter allerdings nicht.

"Durch den kräftigen Kursanstieg der vergangenen Wochen hat sich etwas Konsolidierungsbedarf aufgebaut", sagt Alexander Mettenheimer, Sprecher der Geschäftsleitung von Merck Finck & Co. Wie zu befürchten war, seien die Aktienmärkte nach der ausgedehnten Kurserholung erst einmal an den Widerständen der 200-Tage-Linie gescheitert.

Doch Mettenheimer beschwichtigt die Anleger: "Unserer Einschätzung nach sollte man sich dadurch nicht verunsichern lassen." Nicht alle Investoren nehmen es so gelassen. Mutige Zeitgenossen, die gerne auch mal gewagte Wetten an der Börse eingehen, fragen sich vielleicht, ob sich nicht auch mit fallenden Kursen Geld verdienen lässt.

Mit ETF auf fallende Kurse setzen

Tatsächlich sind Spekulationen auf rückläufige Aktienindizes längst nicht mehr den Anlageprofis vorbehalten. Auch Privatleute können ihr Geld auf eine Baisse setzen. Möglich machen das sogenannte Short ETF. ETF ist die Abkürzung für Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Indexfonds.

Und "short selling" heißt eine Strategie, die es erlaubt, von sinkenden Preisen zu profitieren, indem man geliehene Aktien teuer verkauft und später billig zurückkauft. Die Auswahl an Short ETFs ist beachtlich. An der Frankfurter Börse sind 13 dieser Papiere gelistet.

Das beliebteste Instrument ist der Short Dax ETF der db x-trackers, einer Deutsche-Bank-Tochter. Dieser steigt um fünf Prozent, wenn der Dax um fünf Prozent fällt - und umgekehrt, er verhält sich also spiegelbildlich zum Leitindex der Deutschen Börse (Graphik).

Anleger, die kurzfristig eine negative Wertentwicklung der 30 Dax-Aktien erwarten, können mit einem solchen Short-Dax-ETF also auf den Absturz wetten. Auch auf anderen Märkten lassen sich Short-Strategien verfolgen, darunter Großbritannien (FTSE 100), USA (S&P 500) und Europa (Stoxx 600).

"Short Strategien bieten dem Anleger eine einfache und zudem kostengünstige Möglichkeit, Baissephasen zu seinem Vorteil zu nutzen", sagt Thomas Meyer zu Drewer, der das ETF-Geschäft von Lyxor Asset Management in Deutschland leitet.

Wetten auf den Börsencrash sind allerdings kein Kinderspiel, sie haben ihre Tücken. Deshalb ein Warnhinweis zum Schluss: Short ETF sollten im Depot nur einen kleinen Anteil ausmachen - und das auch nur für kurze Zeit.

ETF schnell wieder abstoßen

Denn wer solche Produkte lange hält, verliert bei großen Schwankungen an der Börse schleichend Geld, selbst wenn der Aktienindex, auf dessen Verfall der Anleger setzt, per saldo weder Gewinn noch Verlust verbucht. Wer unbedingt in jeder Marktphase auf der Börsenwelle reiten will, braucht also vor allem ein gutes Timing - und starke Nerven. Anleger sollten ihr Short-Investment niemals aus den Augen verlieren.

Börsenskeptiker, denen solche Strategien zu riskant sind, warten besser einfach auf tiefere Einstiegskurse und nutzen Rückschläge am Markt zum Aufstocken von Aktienpositionen.

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