Geld - Macht - Hass: Henry Ford:Die Botschaft des Autokönigs

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Er war mächtig, er war selbstherrlich und er war einer Kontrollfreak. Seinen Kindern hinterließ Henry Ford II nur ein Videoband - und jede Menge Ärger. Denn erben soll nur eine Frau.

Simone Boehringer

Er war ein mächtiger Mann, und er war selbstherrlich: "Ich bin der König, und der König kann keine Fehler machen." Wer solche Sätze spricht, möchte die Kontrolle behalten. Und Henry Ford II, Enkel des gleichnamigen Firmengründers, der Anfang des 20. Jahrhunderts Autos erstmals vom Fließband fertigen ließ, wollte definitiv die Kontrolle behalten - auch nach seinem Tod. Weil er sich aber zu Lebzeiten häufig selbst nicht unter Kontrolle hatte und dabei zahlreiche Menschen verletzte, ging es nach der Verkündung seines letzten Willens Ende der 1980er Jahre hoch her.

Henry Ford II mit seiner dritten Frau Kathleen DuRoss Ford. (Foto: N/A)

Fast 35 Jahre hatte Henry Ford II nach dem Zweiten Weltkrieg die Geschicke des Autokonzerns geleitet, hatte hintereinander drei Frauen geheiratet und zahlreiche Manager verschlissen. Seine erste Frau Anne, mit der er drei Kinder und sogar den Segen von Papst Pius XII. hatte, verließ er nach 24 Ehejahren wegen der Italienerin Christina, die er auf einer fürstlichen Gala-Party in Monaco kennenlernte. Ehefrau eins habe das eng umschlungene Paar schon nach der ersten Begegnung auf der Tanzfläche mit Gewalt getrennt, schrieb der britische Schriftsteller Robert Lacey in seiner Ford-Biografie, die kurz nach Henrys Tod erschien.

Doch auch von Ehefrau Nummer zwei hatte der Firmenpatriarch nach zehn Ehejahren genug. Er fand sie mit Immobilien und einer vierteljährlich sechsstelligen Unterhaltszahlung ab und widmete sich einer neuen Flamme. Es war Kathleen DuRoss, 23 Jahre jünger als er, verwitwete Tochter eines Ford-Arbeiters in Detroit und selbst Mutter von zwei Kindern. Publik wurde die Liaison erst, als Ford wegen Trunkenheit am Steuer von der Polizei in Kalifornien verhaftet wurde. Kathleen saß auf dem Beifahrersitz. Wieder einmal hatte sich Henry nicht im Griff gehabt.

Der Hochzeit mit Ehefrau Nummer drei im Jahr 1980 blieben seine drei Kinder aus erster Ehe fern. Charlotte, Anne und Edsel waren nur wenig jünger als die damals 40-jährige Kathleen. Die Ignoranz seiner neuen Liebe hat Henry seinen Kindern sehr übel genommen, wie Biograf Lacey anhand eines Brüllanfalls des Autopatriarchen bei einem Telefongespräch mit Tochter Anne dokumentiert.

Ob die Enttäuschung über den Hochzeitsprotest seiner Kinder seinen letzten Willen verändert hat oder nicht, bleibt Spekulation. Tatsache ist: Kathleen DuRoss Ford, bei Henrys Tod im September 1987 gerade 48 Jahre alt, bekam praktisch alles, was ihr der an einer Lungenentzündung verstorbene 70-jährige Ehemann zu vererben gedachte.

Die beiden Ex-Frauen und seine Kinder sollten leer ausgehen. Sie seien bereits gut versorgt, erklärte ihnen ihr Vater in einem Nachlass-Video, aus dem das US-Magazin Newsweek 1988 zitierte. Das habe er nach Durchsicht ihrer Besitztümer festgestellt, "von denen Ihr vieles von mir bekommen habt", stellte er klar. Erst Fords Enkel sollten beim Tod von Kathleen wieder aus der Erbmasse bedacht werden. "Ich habe lange gebraucht, zu entscheiden, was das Beste und Fairste für Euch ist", so Ford in dem Video. "Ich liebe Euch alle sehr."

Ford hatte seine Erbfolge, wie bei reichen Amerikanern üblich, über eine Familienstiftung geregelt, einen sogenannten Trust, der sein Vermögen von rund 350 Millionen Dollar aufnahm, verwalten und ausschütten sollte. Kathleen DuRoss Ford sollte Henrys letztem Willen nach aus der Familienstiftung jährlich sämtliche Erträge bekommen, mindestens 1,5 Millionen Dollar im Jahr, nach Steuern. Hinzu kamen diverse Anwesen.

Die Testamentsvollstrecker waren befugt, ihrem Ermessen nach Fords letzter Ehefrau auch Vermögen aus dem Trust zukommen zu lassen, wenn dies zur Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards notwendig gewesen wäre. Die Vermögensverwaltung sollte ein Dreiergremium übernehmen, bestehend aus seiner Witwe, der Hauptnutznießerin, seinem einzigen Sohn aus erster Ehe, Edsel, sowie dem Detroiter Geschäftsmann Martin Citrin. Pikanterweise war dessen Ehefrau eine enge Freundin der Witwe, was Entscheidungen zugunsten Kathleens wahrscheinlich machte.

Aber dazu kommt es nicht. Der psychisch angeschlagene Citrin begeht Selbstmord. Selbst für einen solchen Todesfall hatte Kontrolleur Ford vorgesorgt und einen Nachrücker ins Verwaltergremium bestimmt: William Donaldson, Gründer der Investmentbank Donaldson, Lufkin & Lenrette. Er ist ein Freund des Autopatriarchen gewesen, weshalb Henrys Kinder seine Berufung - er verlangt eine Gage von einer Million Dollar pro Jahr - unterstützen. Nur Kathleen hält das Gehalt für unangemessen. Sie geht vor Gericht und gewinnt. Donaldson wird auf drei Jahre begrenzt ernannt und bekommt maximal 500.000 Dollar per anno als Entlohnung, schreiben die Richter vor.

Bis es zu diesem Urteil kommt, wird allerdings schmutzige Wäsche gewaschen zwischen den beiden. So sind Fords Anwälte beauftragt, gleich nach seinem Tod einiges zu verkaufen: seine Yacht, seine Boeing 727 sowie ein Anwesen in England, was immerhin 25 Millionen Dollar einbringt. Sie gilt es, wieder zu investieren. Weil sich Ford-Frau Kathy und Ford-Sohn Edsel aber nicht einigen können, bleiben die Millionen erst einmal auf mickrig verzinsten Konten liegen.

Stattdessen streiten sich die beiden darüber, aus welchem Topf eine 200-Dollar-Rechnung für Tücher und Decken bezahlt werden soll, mit denen Kathleen Ledermöbel in einem unbewohnten Anwesen Fords abgedeckt hat, um sie vor dem Ausbleichen zu schützen. Am Ende entscheiden die Richter ganz im Sinne Fords für Kathleen. 10,5 Millionen Dollar bekommt sie pro Jahr, praktisch die ganzen Erträge aus dem Fonds.

23 Jahre nach dem Tod Henrys ist es still geworden um die mittlerweile gut 70-jährige Kathleen DuRoss Ford. Zuletzt tauchte ihr Name 2009 auf Spendenlisten auf. Sie hat eine nach ihr benannte gemeinnützige Stiftung gegründet mit Sitz in West Palm Beach, Florida, und spendet für Projekte in Kliniken, Universitäten und Arme. Ein Foto im Internet zeigt sie 2007 als Großstifterin der Universität von Pittsburgh, gemeinsam mit dem Anwalt Frank Chopin. Er hatte sie schon bei den Erbstreitigkeiten juristisch betreut und fungierte teilweise als Berater des Trusts. Sitz von DuRoss' Stiftung ist Chopins Wohnadresse.

© SZ vom 18.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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