Süddeutsche Zeitung

Gebühren:Wie es mit dem Gratis-Konto weitergeht

  • Die meisten Sparkassen in Deutschland planen zumindest kurzfristig nicht, ihre Kontogebühren anzuheben.
  • Das zeigt eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung.
  • Dennoch steht die Branche noch stärker unter Druck, seitdem die Europäische Zentralbank vergangene Woche ihre Strafzinsen auf Einlagen erhöht hat.

Von Benedikt Müller und Aloysius Widmann

"Die Zeit von kostenlosen Girokonten ist vorbei." Mit diesem Satz hat Georg Fahrenschon, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, am Dienstag aufhorchen lassen: Die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) zwinge viele Banken dazu, höhere Gebühren von ihren Kunden zu verlangen. Zwar betonen die Sparkassen, Fahrenschons Satz beziehe sich auf die gesamte Bankenwelt - und sei vor allem an Häuser gerichtet, die weiterhin mit Gratis-Konten Kunden locken. Trotzdem fragen sich nun viele Sparkassen-Kunden, ob sie künftig mehr für ihr Girokonto zahlen müssen.

Eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung unter großen Sparkassen bundesweit zeigt: Die Institute planen für das laufende Jahr nicht, die Kontogebühren zu erhöhen. Mittelfristig schließen sie dies aber nicht aus. "Wir beobachten den Markt genau", heißt es etwa bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam.

Gebühren sind oft seit Jahren konstant

Die Sparkassen bieten unterschiedliche Modelle für das Girokonto an: Wer nur wenige Papier-Überweisungen einreicht und sich seinen Kontoauszug am Automaten ausdruckt, kann vielerorts ein Basiskonto eröffnen, das drei bis fünf Euro im Monat kostet. Wer dagegen häufig Geld am Schalter einzahlt und eine Kreditkarte inklusive wünscht, zahlt zehn bis zwölf Euro. Die Sparkasse Köln-Bonn hat diese Tarife im Jahr 2015 je um einen Euro pro Monat erhöht; dies war aber die erste Erhöhung seit zehn Jahren. Bei vielen Sparkassen sind die Gebühren seit Jahren konstant - und nötig, um das Filialnetz zu finanzieren.

Kostenlose Girokonten bieten große Sparkassen nur Schülern, Studierenden und Auszubildenden an - oder Kunden, die ihre Bankgeschäfte komplett online oder per App erledigen. Bei jedem Besuch am Schalter fallen dann Gebühren an. Die Stadtsparkasse München teilt mit, sie tüftele zurzeit an neuen Kontomodellen. "Es wird aber auch in Zukunft ein kostenloses Girokontomodell geben."

Rund 20 Banken bieten Gratis-Girokonten - gegen Bedingungen

Abgesehen von den Sparkassen ist die Zeit kostenloser Girokonten noch nicht vorbei. Online-Portalen zufolge bieten gut 20 Banken bundesweit Gratis-Konten an, die allerdings an Bedingungen geknüpft sind: Bei Direktbanken wie ING Diba, Comdirect oder Consorsbank ist die Kontoführung nur online oder telefonisch möglich. "Einige Geschäfte sind dort schwieriger als bei Filialbanken", sagt Thomas Beutler von der Verbraucherzentrale Saarland, "etwa wenn der Kunde einen Scheck einreichen oder größere Summen Bargeld einzahlen möchte."

Unter den Filialbanken bieten Commerzbank und Hypo-Vereinsbank kostenlose Konten - allerdings mit Dispo-Zinsen von über zehn Prozent. Wer die Konditionen vergleicht, sollte zudem darauf achten, an wie vielen Automaten man kostenlos Geld abheben kann, rät Beutler. Der Wechsel an sich sei einfacher geworden: "Es ist kein großer Aufwand, seine Identität in einer Postfiliale bestätigen zu lassen, um ein Online-Konto zu eröffnen", sagt der Verbraucherschützer.

Die Banken stehen unter Druck, weil sie seit der vergangenen Woche Strafzinsen in Höhe von 0,4 Prozent zahlen müssen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Höhere Gebühren könnten dagegen Kunden verprellen, sagt Dirk Müller Tronnier von der Beratungsgesellschaft EY: "Viele Kunden nehmen nahezu kostenlose Girokonten als Selbstverständlichkeit hin."

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SZ vom 17.03.2016/sry
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