Süddeutsche Zeitung

Gebühren an Geldautomaten:Das Ende der Mondpreise

Transparenz beim Geldabheben: Von Samstag an müssen die Institute ihr System umstellen. Der Bankkunde sieht sofort, was es kostet - doch nicht alle sind zufrieden.

Harald Freiberger

Mancher Bankkunde rieb sich in der Vergangenheit entsetzt die Augen, wenn er auf seine Kontoauszüge blickte. Es kam vor, dass er beim Geldabheben an einem fremden Automaten zehn Euro Gebühren zahlte. Es spielte keine Rolle, dass er beispielsweise nur 50 Euro gezogen hatte. Ein Fünftel des Betrages war schon in dem Moment weg, als die Scheine aus dem Schlitz kamen.

Nun gibt es für Bankkunden eine gute Nachricht: Die Abzocke am Geldautomaten ist passé, das Ende der Mondpreise gekommen. Von Samstag an müssen die Banken ihr System umstellen, wenn Kunden anderer Institutsgruppen an ihren Automaten Geld ziehen. Die wichtigste Änderung: Der Abhebende sieht sofort, was es kostet. Bevor die Transaktion ausgeführt wird, zeigt das Display die Höhe der Gebühr an. Ist sie dem Kunden zu teuer, kann er den Vorgang abbrechen und sich einen anderen Automaten suchen.

Die neue Transparenz führt zu sinkenden Preisen. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind sich sicher, dass es Gebühren von zehn, 15 oder 20 Euro, die manche ihrer Institute zuletzt nahmen, nicht mehr geben wird. Die Preise pendeln sich zwischen zwei und fünf Euro ein. Bei manchen Banken kommt es zu extremen Preissenkungen. So nahm die VR-Bank Dinklage-Steinfeld in Schleswig-Holstein von Direktbank-Kunden bisher 15,50 Euro, künftig sind es nur noch zwei Euro. Bei der Volksbank Kinzigtal fällt die Gebühr für Direktbank-Kunden von 20 Euro auf 4,90 Euro, bei der Sparkasse Laubach-Hungen von 20 Euro auf 4,50 Euro.

Die Wucherpreise der Vergangenheit waren der Grund dafür, warum die Banken ihr System ändern mussten. Als vor einem Jahr durch eine Erhebung der Finanzberatung FMH bekannt wurde, dass Fremdabheben inzwischen im Durchschnitt 5,64 Euro kostet, wurde es der Politik zu viel. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner drohte mit einem Gesetz, das Bundeskartellamt schaltete sich ein.

Nach langem Hin und Her rangen sich die drei Institutsgruppen - Sparkassen, Genossenschaftsbanken und private Banken - im August zu einem Kompromiss durch. Einig waren sie sich aber nur, künftig die Gebühr anzuzeigen. Damit geht eine andere Systematik einher: Bisher erhob die Bank die Gebühr von der Bank des Fremdkunden, diese zog sie dann von ihrem Kunden ein. Dabei gab es eine Reihe von Instituten, die einen Teil der Gebühr selbst übernahmen, also zum Beispiel von zehn Euro nur fünf an den Kunden weitergaben. Das Entgelt zwischen den Banken gibt es künftig nicht mehr: Nun zieht das Institut die Gebühr dem Fremdkunden direkt ab.

Nicht einig wurden sich die Bankengruppen aber über eine Höchstgebühr. Ihren ursprünglichen Vorschlag von fünf Euro hatte das Kartellamt abgelehnt. Darunter wollten Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht gehen. Nur die Privatbanken legten sich auf eine Höchstgebühr von 1,95 Euro fest.

Hintergrund ist der scharfe Wettbewerb: Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die über viele Geldautomaten verfügen, wollen nicht die Geldversorgung für Kunden von Privatbanken übernehmen, vor allem von Direktbanken, die ihnen mit günstigen Konditionen gleichzeitig Kunden abjagen. Die Verbände der Sparkassen und Genossenschaftsbanken empfahlen ihren Instituten nun offenbar, unter fünf Euro zu bleiben, damit das Kartellamt Ruhe gibt.

Verbraucherschützern sind die Preise noch zu hoch

Die Sparkassen in Hamburg und Düsseldorf nehmen künftig 4,75 Euro, in Leipzig und Bochum werden 4,40 Euro fällig, in München und Bonn-Köln 3,95 Euro. Die Preise von Genossenschaftsbanken liegen im Schnitt etwas darunter. Die Volksbanken in Mainz und Wiesbaden verlangen 3,90 und 3,75 Euro. Berliner Volksbank (1,95 bis 3,95 Euro) und Kölner Bank eG (3,95 bis 5,95 Euro) führen sogar Spannen ein - je nachdem wie stark ein Automat genutzt wird.

Verbraucherschützern sind die neuen Preise aber immer noch zu hoch. "Die Gebühren von 1,95 Euro, die die privaten Banken nehmen, müssen der Maßstab sein", sagt Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Die wirklichen Kosten lägen nur zwischen 30 und 70 Cent pro Abhebung. Sparkassen und Volksbanken verweisen dagegen darauf, dass bei geringer Auslastung deutlich höhere Kosten anfielen. Experte Pauli befürchtet, dass die Banken in dünn besiedelten Gebieten Automaten abbauen könnten. Gerade dort hätten Kunden bei hohen Gebühren keine Möglichkeit, zu einem günstigeren Institut zu wechseln.

Das Kartellamt will die Situation erst einmal beobachten. Aus dem Umfeld der Bonner Behörde hieß es jedoch schon im Sommer, man halte eigentlich eine Höchstgebühr von zwei Euro für angemessen. "Gerade in ländlichen Regionen bleibt abzuwarten, ob sich die Preise tatsächlich bewegen werden", sagte Amtschef Andreas Mundt am Donnerstag. Es könnte also sein, dass sich die Beamten noch einmal einschalten.

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Quelle:
SZ vom 14.01.2011/kst/mel
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