Energiewende:Bauherren sollen mehr Energie sparen

Erleichterung für Hausbesitzer, Nachteil für die Energiebilanz: Das Bauministerium will strengere Energiespar-Vorgaben für Häuser, die aber nur für Neubauten gelten sollen. Bei Altbauten würden sich die Investitionen dagegen nicht mehr lohnen. Umweltschützer sehen das anders.

Michael Bauchmüller

Es steht nicht gut ums deutsche Haus. 40 Prozent aller Energie, die hierzulande verbraucht wird, geht in Gebäudeheizungen oder sorgt für Warmwasser. Und noch ehe die Deutschen erstmals eine "Wärmeschutzverordnung" erließen, 1979, da waren schon drei Viertel aller Häuser gebaut. Im Ergebnis geht ein großer Teil der Energie ungenutzt verloren: durch undichte Fenster, Decken, Dächer.

Später ersann der Gesetzgeber die sogenannte "Energieeinsparverordnung", sie macht nach unzähligen Novellen erstmals auch Vorgaben für die Sanierung älterer Gebäude. Derzeit ist sie abermals in der Überarbeitung, noch in diesem Jahr soll eine Neufassung erscheinen. Eine weitere Verschärfung der Regeln für den Gebäudebestand wird es aber offenbar nicht geben - sehr zur Erleichterung mancher Hausbesitzer.

Das zumindest legt eine Auswertung mehrerer Wirtschaftlichkeitsstudien durch das Bundesbauministerium nahe, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Danach ließen sich zwar die Auflagen für ältere Gebäude weiter verschärfen, allerdings wären die Sanierungen nur in den wenigsten Fällen wirtschaftlich, sprich: Die Kosten dafür wären erst nach Jahrzehnten durch eingesparte Energie wieder eingespielt. So könnten sich Verschärfungen etwa bei der Fassade oder beim Steildach rechnen, nicht aber von Fenstern oder Kellerdecken. Doch selbst dort, wo eine Sanierung rentabel wäre, brächte sie nach Auffassung der Gutachter "nur geringe zusätzliche Energieeinsparungen", heißt es in dem Papier. Und weiter: "Auf eine Verschärfung der Anforderungen im Bestand sollte deshalb verzichtet werden."

Das sieht auch Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) so, und das nicht erst seit gestern. Die Energiewende, sagt Ramsauer, verlange "Augenmaß"; die Vorschriften müssten "praxistauglich" sein, das Wohnen "bezahlbar" bleiben. Mit anderen Worten: "Im Gebäudebestand planen wir in unserer Energieeinsparverordnung keine neuen Belastungen." Maßvolle Änderungen dagegen werde es bei Neubauten geben.

Wie die genau aussehen könnten, darüber sind auch die Gutachter nicht eins. Während einige kaum Potenzial für eine weitere Verschärfung sehen, ohne dass ein Projekt unwirtschaftlich wird, sehen andere noch Spielraum für eine Verschärfung um 20 Prozent. Ganz unabhängig davon drängelt auch die Europäische Union, die eine Verschärfung der Neubaustandards bis spätestens 2021 verlangt.

Bislang schlagen Bau- und Wirtschaftsministerium, die für die Novelle verantwortlich sind, eine Verschärfung um 7,5 Prozent vor. Sprich: Ein neues Gebäude müsste dann 7,5 Prozent weniger Energie verbrauchen. Bei sogenannten Nichtwohngebäuden, etwa Gewerbe- oder Verwaltungsgebäuden, soll der Energieverbrauch um zehn Prozent zurückgehen. Derzeit wird der Entwurf zwischen den Ressorts abgestimmt.

Vielen geht das aber noch nicht weit genug. Umweltverbände etwa lesen einzelne Gutachten des Bauministeriums ganz anders - Ergebnis: Es rechnen sich wesentlich schärfere Vorgaben, als das Bauministerium vorgibt. "Gerade bei Gebäuden aus den 50er- oder 60er-Jahren gäbe es noch enorme Spielräume", sagt auch Christian Noll von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz, hinter der unter anderem Hersteller von Dämmstoffen stehen. Bei einem völligen Verzicht auf Vorgaben für ältere Gebäude falle das aber flach. Denkbar wären etwa Auflagen, bei denen die Wirtschaftlichkeit der Sanierung je nach Vorhaben geprüft würde. "So bleiben zumindest diese Möglichkeiten nicht ungenutzt." Zumal in diesen Fällen Mieter wie auch Eigentümer profitierten. Damit wirbt auch Ramsauer. "Wir müssen ausreichend Anreize schaffen, damit sich sinnvolle Sanierungen lohnen", sagt er.

Die große Chance darauf allerdings haben Bund und Länder kürzlich einmal mehr verschenkt: die Einigung auf eine steuerliche Förderung für Sanierungsvorhaben. Damit könnten insbesondere Eigenheim-Besitzer die Kosten einer energetischen Sanierung von der Steuer absetzen. Auch die Gutachter sehen darin einen Schlüssel, damit mehr alte Gebäude saniert werden. Nur können sich Bund und Länder nicht einigen, wer in welchem Umfang die damit verbundenen Steuerausfälle schultern soll. Bei einem Treffen kürzlich in Berlin waren beide Seiten schon so gut wie einig über alle Details. Als aber ganz zum Schluss der Text der Einigung noch einmal vorgetragen wurde, fiel einigen Ländern auf, dass sie Steuerausfälle nicht nur einmalig, sondern Jahr für Jahr zu tragen haben. Da war es mit der Einigkeit schon wieder vorbei. Und alles bleibt beim alten.

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